Düsseldorf Eltern wollen Stundenausfall-Ranking

Düsseldorf · Soll es eine jedem zugängliche Liste darüber geben, wie viel Unterricht in welchen Fächern ausfällt? Die Elternschaft Düsseldorfer Schulen will das so, Lehrer warnen vor falschen Schlussfolgerungen.

 Berit Zalbertus, Vorsitzende der Elternschaft Düsseldorfer Schulen, will nicht, dass fachfremde Lehrer Vertretungsstunden leisten. Sie sagt: "Das ist für mich unter dem Strich ein Unterrichtsausfall."

Berit Zalbertus, Vorsitzende der Elternschaft Düsseldorfer Schulen, will nicht, dass fachfremde Lehrer Vertretungsstunden leisten. Sie sagt: "Das ist für mich unter dem Strich ein Unterrichtsausfall."

Foto: Andreas Bretz

Die Vorsitzende der Elternschaft Düsseldorfer Schulen (EDS) Berit Zalbertus will den Unterrichtsausfall an den Schulen der Landeshauptstadt transparenter machen. "Vor einem stadtweiten Ranking, das genau auflistet, wie viele Stunden an welcher Schule in einem bestimmten Zeitraum ausgefallen sind, schrecken die Schulen naturgemäß zurück. Aber genau das fordere ich", sagt die Sprecherin der Schulpflegschaften.

Zalbertus empfiehlt einen Blick in die Vereinigten Staaten und nennt als Beispiel den "School Finder" auf der Internetseite der Stadt New York. "Dort werden das Spendenaufkommen, die Stundenausfälle, interne und externe Bewertungen — sortiert nach Schulen — genau aufgeführt. Für mich ein vorbildliches Verfahren." Den Streit zwischen Schulministerium und Landesrechnungshof über die korrekte Methode zur Erfassung der Ausfälle betrachtet die Elternsprecherin mit einem Kopfschütteln. "Das Ergebnis kann doch nicht sein, dass man jetzt gar nicht mehr erfährt, wie viel Unterricht eigentlich ausfällt."

Von einer Rangliste für die rund 160 Schulen im Stadtgebiet hält Christine Leithäuser, Leiterin des Görres-Gymnasiums an der Königsallee, nichts. "Der Blick auf bloße Zahlenreihen verleitet Eltern zu falschen Schlussfolgerungen. Die Problematik lässt sich nicht auf eine Prozentzahl in einer Tabellenspalte reduzieren", sagt die Pädagogin. Leithäuser weiß, wovon sie spricht. Auch ihr Gymnasium hat einmal an einer Stichprobe des Rechnungshofes teilgenommen, als eines von landesweit fünf Gymnasien. "Wir lagen bei etwas über drei Prozent und damit im Schnitt."

Freilich unterliege eine solche Zahl ständigen Schwankungen. "Ältere Referendare haben ihre Prüfung schon hinter sich, die neuen sind noch nicht vor Ort. Oder im Stellenkegel wird der Idealwert von 100 Prozent kurzfristig unterschritten. Die Gründe sind vielfältig", sagt Leithäuser. Dass eine flächendeckende und kontinuierliche Erfassung von Unterrichtsausfall möglich wäre, davon ist sie fest überzeugt. "Wir arbeiten mit einem Stundenplan-Programm, das Ausfälle und Vertretungsstunden gleichermaßen erfasst. Das ist ein brauchbares Tool", sagt Leithäuser und glaubt nicht, "dass man für eine solche Erfassung Hunderte Lehrer mehr im Land bräuchte".

Die Kritik mancher Eltern versteht Margret Rössler, Leiterin der Dieter-Forte-Gesamtschule. Die Vorsitzende der Schulleitungsvereinigung NRW ärgert sich vor allem über strukturelle Unterrichtsausfälle und nennt Beispiele: "Ein Kollege macht eine Fortbildung in einem Mangelfach. Er ist einen Tag pro Woche fort, seine Fehlstunden werden nicht ausgeglichen oder refinanziert. Oder eine Schule beschäftigt eine Reihe schwerbehinderter Kollegen, die jeweils Entlastungsstunden erhalten. Auch diese Stunden bleiben ohne Ausgleich."

Beruhigend aus Sicht der Schulleiter: Die wenigsten Stunden fallen ersatzlos aus. "Im Ganztag können wir niemanden früher nach Hause schicken, in aller Regel organisieren wir Vertretungsunterricht", sagt Bernd Verfürth, der bis zum Sommer das Leibniz-Montessori-Gymnasium leitete. Genauso sieht es Sieglinde von Beckerath, Leiterin der Franz-Vaahsen-Grundschule in Wittlaer. "Die Kollegen leisten Mehrarbeit, um die Vertretungen zu ermöglichen. So bleiben echte Ausfälle die absolute Ausnahme."

Freilich können die Rektoren nicht in jedem Fall gewährleisten, dass ein fehlender Mathe-Lehrer immer durch einen Fachkollegen ersetzt wird. Durchaus üblich ist, dass stattdessen ein Deutsch- oder Erdkundelehrer in die Klasse kommt. Und in der Oberstufe gibt es Vertretungsstunden ganz ohne Lehrer. "Eigenverantwortlicher Unterricht" nennt sich die Stunde, in der die Schüler bestimmte Aufgaben abarbeiten müssen. Genau diese Dinge sind Berit Zalbertus ein Dorn im Auge.

"Wenn ich zum Orthopäden will, möchte ich nicht plötzlich und unerwartet von einem Chirurgen behandelt werden", sagt sie und fordert, sämtliche Stunden, die nicht von einem gleich qualifizierten Fachlehrer vertreten werden, "als echten Unterrichtsausfall in die Statistik aufzunehmen".

(RP)
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