Serie So Klingt Düsseldorf "Endlich werde ich gehört"

Düsseldorf · In der Band "No Border" spielen Flüchtlinge und Studenten der Schumann-Hochschule gemeinsam - heute Abend setzen sie ein Zeichen.

 Die Mitglieder der Band "No Border" proben in einem Keller an der Kirchstraße für ihre Auftritte.

Die Mitglieder der Band "No Border" proben in einem Keller an der Kirchstraße für ihre Auftritte.

Foto: Bernd Schaller

Ein regnerischer Sonntagmorgen, Oberbilk ist wie leer gefegt. Zwei Jungs mit Instrumententaschen auf dem Rücken sind auf der Kirchstraße unterwegs, gleich werden sie in einem Keller verschwinden, aus dem später Musik erklingt. Nichts Ungewöhnliches. Zehn junge Leute treffen sich zu einer Probe, machen Musik miteinander. Tatsächlich ist an dieser Band so ziemlich alles ungewöhnlich: Die meisten sind Flüchtlinge, ihre selbst geschriebenen Texte handeln davon, in der Fremde zu leben und von Abschiebung bedroht zu sein, aber sie erzählen auch von Hoffnung. Der Name der Band steht für einen Traum: "No Border" - keine Grenzen.

Sie heißen Evin, Achmad, Shadi und Richard. Sie kommen aus dem Iran, aus Afghanistan, Syrien und Ghana. Sie wissen, was Angst und Einsamkeit bedeutet, aber sie haben eine Sprache: die Musik. Die teilen sie seit einem Jahr mit Studenten der Robert-Schumann-Hochschule, die Gitarre, Drums und Bass spielen. "Let the past behind you" heißt einer ihrer Songs, und tatsächlich würden sie alle gern die Vergangenheit hinter sich lassen.

Die Idee zu diesem Projekt entwickelte die Jugendorganisation "Die Falken", unterstützt vom Zakk sowie der Flüchtlingsinitiative Stay - und dem Komponisten und Flamenco-Gitarristen Michio Woirgard, mit dem die Band ihre Songs professionell aufgenommen hat. Das Ergebnis ist eine hinreißende Mischung, vom Flamenco inspiriert, zwischen Pop und Rap - mit Optimismus gewürzt: "Now is the time", klingt wie ein temperamentvoller Aufbruch. "Das wichtigste ist für mich, dass ich gehört werde. Endlich habe ich eine Stimme", sagt Evin. Er ist 2003 aus dem Iran geflohen. Es folgte ein schier endloser Kampf um eine Aufenthaltsgenehmigung, "lange Zeit war ich nur geduldet, lebte immer in der Angst, abgeschoben zu werden". Erst seit kurzer Zeit hat er eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. "Ich bin so erleichtert." Mittlerweile spricht Evin akzentfrei Deutsch, studiert Medieninformatik und gibt anderen Flüchtlingen Deutsch-Unterricht.

Andere aus der Band haben den Schritt in diese Sicherheit noch nicht geschafft: Richard (18) aus Ghana ist von Abschiebung bedroht. Achmad, der mithilfe von Schleusern aus Afghanistan geflohen ist, per Auto, zu Fuß, im Boot, hat eine befristete Aufenthaltsgenehmigung. "Aber durch die Musik fühle ich mich integriert. Wenn ich schreibe, vergesse ich meine Probleme." Mittlerweile verfasst er seine Texte auch auf Deutsch.

Nachzulesen sind ihre Geschichten in dem Buch "No Border", das 2014 erschienen ist. Die Band hat dadurch, aber vor allem durch ihre Musik längst für Schlagzeilen gesorgt, war im ZDF-Morgenmagazin zu Gast und ist im Zakk vor ausverkauftem Haus aufgetreten. Heute - wenn "Düsseldorf ein Zeichen setzt", ist die Gruppe "natürlich mit dabei".

Evin findet, dass sich in Deutschland vieles geändert hat: "Vor ein paar Jahren hat sich niemand für uns interessiert." Das sei heute ganz anders.

Termin Das Konzert soll gegen 18 Uhr in der Landesunterkunft an der Rossstraße beginnen.

(RP)
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