Düsseldorf Erfinderzentrum mitten in Flingern

Düsseldorf · Beim Innovationstag an der Ackerstraße war zu sehen, dass in Düsseldorf inzwischen erstaunliche Technik entwickelt wird.

 Steuerung mit den Augen: Der Computer erkennt, auf welches der neun Motive im Rahmen der Betrachter schaut, und hebt es entsprechend hervor. Durch die Technik könnten Maus und Tastatur ersetzt werden.

Steuerung mit den Augen: Der Computer erkennt, auf welches der neun Motive im Rahmen der Betrachter schaut, und hebt es entsprechend hervor. Durch die Technik könnten Maus und Tastatur ersetzt werden.

Foto: Endermann Andreas

Es gibt so Orte, von denen glaubt man, dass sie nur in gut gemeinten Reden existieren. In denen heißt es dann, man müsse Forschung und Wirtschaft näher zusammenbringen, Studium und Praxis sowieso, und man müsse auch endlich mal ein Klima schaffen, in dem Erfindungen und Gründungen gelingen. Dann kommt man in einen Hinterhof an der Ackerstraße und stellt fest, dass das Reden eingestellt werden kann. Der Ort ist längst da.

 Es sieht aus, als würden Burak Gider (vorn) und Marco Strobel Beton besprühen. Die Wand ist aber ein Bildschirm, der das Graffito entsprechend der Bewegung der Dose abbildet.

Es sieht aus, als würden Burak Gider (vorn) und Marco Strobel Beton besprühen. Die Wand ist aber ein Bildschirm, der das Graffito entsprechend der Bewegung der Dose abbildet.

Foto: Endermann Andreas

In dem Hinterhof haben zwei Unternehmen und die Hochschule Düsseldorf (HSD) eine Heimat. Die Unternehmen, Lavalabs und Tennagels, erfinden Animationen, visuelle Effekte, besondere LEDs und Displays. Die Medieninformatik-Studenten der HSD entwickeln Techniken und Programme, die dann in der Praxis gut gebraucht werden können. Innovationshub nennen sich die drei Partner zusammen, werden von der EU gefördert und präsentieren ihre Ideen einmal im Jahr am Innovationstag.

 Was der Kletterer in seiner Brille sieht, wird auf dem Bildschirm vorne gezeigt. Er hat auch an den Händen und Füßen Sensoren, die das Bergerlebnis simulieren.

Was der Kletterer in seiner Brille sieht, wird auf dem Bildschirm vorne gezeigt. Er hat auch an den Händen und Füßen Sensoren, die das Bergerlebnis simulieren.

Foto: Endermann Andreas

Und was den rund 500 Gästen (darunter Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart und Sparkassenchefin Karin-Brigitte Göbel) da gezeigt wurde, beeindruckte mindestens alle Nicht-Informatiker. Virtual Reality (VR) ist sehr schwer in Mode und ihre Kreation in Düsseldorf offensichtlich Alltag. Hendrick Preu und Laurin Gerhardt haben eine digitale Kletterwand entwickelt. Im Raum ist sie nur wenige Meter hoch, mit der VR-Brille aber ist der Nutzer sofort im Gebirge. Die Studenten haben für das komplette Gefühl weitere Sensoren an Händen und Füßen angebracht, jeder Finger erhält eigene Informationen. Ebenso gibt es an der Ackerstraße virtuelle Schwertkämpfe und Handballspiele mit bis zu acht Teilnehmern.

Was den Ausprobierenden sehr gefällt, geht den Machern nicht weit genug. Aus Spaß soll Ernst werden, aus rein virtueller eine gemischte Realität. So könnte die Kletterwand in Kursen gegen Phobien eingesetzt werden, das Ballspiel in der Bewegungstherapie - und die Schwertkämpfer stehen nicht nur im Spiel auf wackeligen Brettern.

Zweiter Trend des Innovationstags waren neue Formen der Steuerung. Maus und Tastatur treten eine zügige Reise in die Vergangenheit an. Statt dessen erkennt etwa im Projekt von Sebastian Ott und Thomas Jeworowski eine Kamera, wohin das Auge blickt, hebt diesen Bereich auf dem Bildschirm hervor und könnte so auch Programme öffnen oder tiefer in sie eintauchen. Sprachsteuerung wie Amazons Alexa wird mit vielen Ideen verknüpft, etwa dem Display, das aussieht wie eine Betonwand. Mit vermeintlichen Spraydosen malt der Nutzer, in Wirklichkeit ist alles simuliert und kann mit einem einzigen Befehl an Alexa wieder weggewischt werden.

Und noch eine wichtige Entwicklung kommt aus Düsseldorf: Damit mindestens der Nachwuchs bei der Digitalisierung dabei bleiben kann, ist hier eine Codingschule entstanden. Die Macher besuchen Kinder, Lehrer, Unternehmen und lehren Programmieren. Dieser Sprachunterricht könnte bald so wichtig wie Englisch oder Französisch sein, hört man beim Innovationstag, nicht nur in gut gemeinten Reden.

(RP)
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