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Serie Düsseldorfer Geschichten Erinnerungen des Kino-Königs

Düsseldorf · Manfred Goldermann war einst der Chef über elf Kinos in der Landeshauptstadt. Nun hat er sein Archiv der Stadt übergeben - vor allem Bilder und Premierenbücher aus einer Zeit, als Leinwände an sich und Düsseldorf als Kino-Standort eine ganz große Rolle spielten.

Wer die Firma Hausverwaltung Goldermann in Friedrichstadt besucht, scheint ganz normale Geschäftsräume zu betreten. Das Mobilar ist funktional gehalten. Da stehen ein weißer Tisch und zwei weiße Stühle, ein paar schlichte Regale drum herum, dazwischen liegen Aktenordner und Unterlagen auf den dafür vorgesehenen Flächen. Dann aber streift der Blick das erste Mal eine der beiden Wände mit den vielen Fotos. Das ist doch Alfred Hitchcock. Und das da Götz George. Und Placido Domingo. Und da nehmen Bud Spencer und Terence Hill einen nicht ganz so berühmten Mann in ihre Mitte. Der Mann ist Manfred Goldermann, Inhaber der Hausverwaltung und all der Erinnerungen aus einer Zeit, als große Filmstars noch sehr regelmäßig in die NRW-Landeshauptstadt kamen und man ihn den Kino-König von Düsseldorf nannte.

Eine der ältesten Aufnahmen stammt aus dem Jahr 1958. Am 18. April jenes Jahres feierte das Savoy-Kino an der Graf-Adolf-Straße seine Eröffnung. Manfred Goldermanns Vater Willi hatte nach dem Krieg von der britischen Militärregierung den Auftrag erhalten, Kinos aufzubauen. Goldermann senior sammelte aus den Kneipen, in den früher Filme gezeigt worden waren, die Maschinen, in Vlotho an der Weser entstanden die erste Leinwand und der erste Saal, viele weitere folgten. Die Briten dankten Goldermann für seine Arbeit schließlich damit, dass sie ihm zwei Kinos überließen. Das Unternehmen wuchs dank der cineastischen Begeisterung der Deutschen rasch, so auch 1954 um das Rex und 1958 um das Savoy in Düsseldorf. Der erste Film an der Graf-Adolf-Straße war "Die zehn Gebote" und das vermeintlich bekannteste Gesicht auf den Fotos war eine vor allem bekannte Stimme. Der Mann mit dem schönen Namen Paul Klinger war damals ein viel gebuchter Synchronsprecher und eben auch der Erzähler in der deutschen Fassung der "Zehn Gebote".

Das Savoy galt sofort als Top-Adresse. Der Saal hatte 900 Plätze, verfügte über besondere 70-Millimeter-Projektoren, eine 165 Quadratmeter große, gebogene Bildwand und einen besonderen Ton. Welchen Rang das Haus damit in Deutschland besaß, zeigten die vielen Ehrengäste (Heinz Rühmann, Erich Kästner, Roger Moore, Lex Barker, Sergio Leone, Gregory Peck, Francois Truffaut und Jean-Pierre Leaud), aber auch eine Absage: Kirk Douglas konnte 1960 nicht zur Aufführung von "Spartacus" an den Rhein kommen, schickte seine Entschuldigung aber in 35 Millimeter.

Als das Epos "Lawrence von Arabien" erstmals in Düsseldorf lief, besuchte Produzent Sam Spiegel die Premiere und sah, was an der Graf-Adolf-Straße alles möglich war. Ein Plakatmaler hatte an der Fassade des Savoy ein gewaltiges Porträt des Protagonisten geschaffen, am Roten Teppich standen britische Militärmusiker mit großen Fellmützen und spielten zackige Märsche.

Einer der größten Momente war auch einer der skurrilsten. "Die Vögel" feierten ihre Europapremiere nicht etwa in London, sondern in Düsseldorf. Regisseur Alfred Hitchcock reiste deshalb auch nach Düsseldorf, zog ins Hilton-Hotel - und blieb dort. Wer ihn treffen wollte, musste also nach Derendorf fahren. Jeder Gast erhielt exakt fünf Minuten mit dem Meister. Journalisten führten schnelle Interviews, Goldermann junior, der inzwischen in England das Kinogeschäft von Grund auf gelernt hatte, nutzte die Zeit für ein kurzes Gespräch und zwei Erinnerungsstücke: eine Fotografie mit der schlichten Widmung "Für Manfred Goldermann von Alfred Hitchcock" und eine Zeichnung, für die Hitchcock mit wenigen Federstrichen sein Profil nachahmte. Als abends die Gäste in Smoking und Abendkleid über den Roten Teppich schritten, war der Regisseur immer noch im Hotel.

1974 übernahmen die Filmtheaterbetriebe Goldermann auch die Lichtburg an der Kö. Mit nun elf Sälen konnte sich das Unternehmen auch gegen die Konkurrenz der großen Betreiber behaupten und an anderer Stelle besondere Fotos machen lassen. Regisseur Francesco Rosi hatte 1984 die Oper "Carmen" verfilmt, die Hauptrolle in dem 152 Minuten schweren Werk spielte Placido Domingo, der in einem Mantel mit mächtigem Pelzbesatz an die Königsallee kam und in großen Buchstaben "Herzlich willkommen Placido Domingo" über dem Eingang des Kinos und dem Kopf seines Gastgebers sehen konnte.

Aus den Achtzigern stammen noch mehr Fotos im Goldermann-Büro. Götz George, der nur knapp der bestaussehende Mann auf dem Bild mit Goldermann ist, stellte "Die Katze" vor, schließlich waren wesentliche Teile des Krimis im Deutsch-Japanischen Center an der Immermannstraße in Düsseldorf gedreht worden. Von der Premiere von "Momo" gibt es gleich mehrere Bilder: Goldermann mit Autor Michael Ende, der einen weißen Smoking trägt, und große Teile des Ensembles auf der Bühne. Dem Kino-Chef war es für diese Erstaufführung gelungen, die Graf-Adolf-Straße für den Autoverkehr sperren zu lassen. Das Einzige, das dort rollen durfte, waren Straßenbahnen. In den schmucken Ausgaben dieser Fahrzeuge fuhren die Ehrengäste vor und stießen bei mächtiger Hitze auf eine große Menge beachtlich geduldiger Fans.

Die Zeiten fühlten sich noch einmal golden an, das Kinogeschäft aber hatte sich seit den Fünfzigern im Zehn-Jahres-Rhythmus gewaltig verändert. Die Häuser wuchsen, die Qualität hielt nicht Schritt, es deutete sich an, dass große Kino-Zentren die Zukunft bilden. Noch bevor das erste Multiplex in Deutschland eröffnete, verkaufte Manfred Goldermann seine Kinos. Auf dem Höhepunkt hatte das Unternehmen 43 Kinos in Deutschland besessen.

Vor den beiden Wänden mit den Fotos der Filmstars hat der Unternehmer in dieser Woche noch einmal zwei Gäste aus besonderem Anlass begrüßt. Hans-Georg Lohe und Bernd Desinger, Düsseldorfs Kulturdezernent und der Direktor des Filmmuseums, besuchten den inzwischen 80-Jährigen und erhielten von ihm eines der Gästebücher überreicht. Es ist Symbol dafür, dass Goldermann sein Archiv, die signierten Porträts, die Premierenbücher, die Zeitungsausschnitte, dem Museum schenkt. "Einige dieser besonderen Erinnerungsstücke werden wir sicher bei uns in die Dauerausstellung integrieren, andere werden in Sonderschauen zu sehen sein", sagt Designer.

Und so werden die Besucher dann vielleicht auch lesen können, was Volker Schlöndorff einst über das Savoy schrieb, nachdem dort sein Film "Die Blechtrommel" gezeigt worden war: "Im Savoy habe ich zum ersten Mal meinen Film gesehen und gehört, wie ich es mir immer wünschte."

(hdf)
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