Düsseldorf Erste Brandübung im neuen U-Bahn-Tunnel

Düsseldorf · 40 Feuerwehrleute haben in Düsseldorf die Bekämpfung eines Feuers in der U-Bahn geübt. Solche Einsätze kommen zwar selten vor, müssen dann aber aber strategisch geplant sein und funktionieren. Rheinbahn und Feuerwehr proben insgesamt zehn Nächte.

Es fehlt etwas Entscheidendes. Ausgerechnet der Rauch ist ausgegangen, als die Feuerwehr unter dem Graf-Adolf-Platz einen U-Bahn-Brand simuliert. Die Sicht ist klar und die lange, orangefarbene Leine mit den kleinen Knoten, die der erste Löschtrupp während des Abstiegs in die Röhre durchs Treppenhaus gespannt hat, um wie Hänsel und Gretel daran den Weg zurück nach oben zu finden, ist auch nicht wirklich nötig. Läge sie nicht da, hätten die 40 Feuerwehrleute trotzdem einen Fehler gemacht. Sie sollen schließlich den Ernstfall üben.

Seit voriger Woche geht das jede Nacht so. Die Anwohner haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass kurz vor eins die Feuerwehr rund um den U-Bahn-Eingang in Stellung geht. Sowie die Rheinbahn den Verkehr eingestellt hat, kommt der Einsatzbefehl per Funk: "Feuer U-Bahn im Tunnel Graf-Adolf-Platz." Diesmal rücken dazu aus die Feuerwachen 7 (aus Wersten) und 4 (aus Flingern), die normalerweise nicht die erste Wahl des Disponenten wären, weil die Wache an der Hüttenstraße einfach näher ist. Zur Übung aber stehen die Fahrzeuge diesmal schon an der Friedrichstraße parat. Blaulicht ein — und los.

Die Simulation des Katastrophenfalls
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Im U-Bahnhof schrillt unterdessen ein Piepton und auf deutsch, englisch und türkisch ertönt die Ansage: "Achtung, Achtung. Aufgrund besonderer Vorkommnisse ist dieser U-Bahnhof zu räumen. Verlassen Sie den Bereich zügig entlang den gekennzeichneten Fluchtwegen und helfen sie behinderten Menschen. Bitte bewahren Sie Ruhe." Erst, wenn der Einsatzleiter sicher ist, dass keiner mehr im Bahnhof ist, der nicht zur Feuerwehr gehört, wird die Ansage abgeschaltet — bei der Übung geht das ziemlich schnell. Und auch im Ernstfall kann die Feuerwehr zumindest in diesem U-Bahnhof früh sicher sein: Er gehört zur Wehrhahn-Linie, also den jüngsten im Rheinbahn-Netz, und die ist mit hochmodernen Brandüberwachungsanlagen samt Kameras ausgestattet.

Die Feuerübung ist die erste auf der neuen Linie. Jedes Jahr trainiert die Feuerwehr U-Bahn-Einsätze, wechselt dabei die Bahnhöfe und das Szenario. 2016 ging es um eine eingeklemmte Person unterm Zug, da geht es um technische Hilfeleistung. Dieses Jahr ist Brandbekämpfung dran, also der Feuerwehr-Dreiklang "Retten, Löschen, Bergen". Zwei Löschzüge fahren vor, und die ersten Männer, die nach unten laufen, sind keineswegs schon mit Atemschutz und Wasserschläuchen unterwegs. Mit Spezialschlüsseln öffnen sie zwei Türen in der Wandverkleidung, auf denen FI und FSD steht. FI heißt "Feuerwehr-Information", dahinter liegen jede Menge Karten. Wohin führt welcher Gang, wie kommt man am schnellsten wohin — das prägt sich der erste Feuerwehrmann ein, der auch die Informationen überprüft, die die automatische Brandmeldeanlage für ihn hat.

U-Bahnhöfe sind nicht nur ihrer Größe wegen besondere Einsatzorte, die Luftverhältnisse im Tunnel können sich auf ein Feuer schnell verheerend auswirken, und außerdem gibt es hinter den Fassaden auch noch eine ganze Reihe Nebenräume. Die Schlüssel dazu liegen im FSD(= Feuerwehr-Schlüssel-Depot) -Schrank, vier Stück, die alle Türen öffnen.

Zehn Nächte lang üben jeweils zwei Feuerwachen dasselbe Szenario. Wache 7 und 4 haben am frühen Freitagmorgen einen kleinen Bequemlichkeitsvorteil. Die Treppe in die Halle ist nämlich wegen Bauarbeiten gesperrt, und sie können die Rolltreppe benutzen. Was die Stimme vom Band übrigens auf deutsch, englisch und türkisch genauso untersagt wie die Benutzung des Aufzugs. Den nimmt auch wirklich keiner. Und im Ernstfall würde auch die Sperrung der Treppe ignoriert.

Knapp zwei Minuten nach dem Alarm rollt der erste Rettungstrupp in den Bahnhof. Schläuche haben sie nicht dabei, auch das ist an den Haltestellen der Wehrhahn-Linie anders: kilometerlange Schlauchleitungen von oben nach unten sind nicht nötig, weil es eine festinstallierte Steigleitung gibt. Oben wird das Wasser eingespeist, unten wird es durch bereitliegende Schläuche entnommen. Der Schlüssel für die entsprechende Kammer ist einer von denen aus dem Depot.

Im Laufschritt geht es in den Tunnel, in dem etwa 100 Meter hinterm Bahnsteig eine von der Rheinbahn präparierte Bahn steht. Laut Drehbuch brennt sie ganz vorne, der Fahrer hat gemeldet, dass er nur wenige Fahrgäste an Bord hatte und alle raus sind. Nur einer sei zurückgelaufen, weil er seine Tasche holen wollte. Der wird vermisst.
Schneller als man gucken kann, hat die Feuerwehr diesen Vermissten — eine mannsgroße Stoffpuppe — gefunden und mit der Schleifkorbtrage aus dem Bahnhof gebracht. Der Patient ist schon auf dem Weg ins Krankenhaus, als der Löschtrupp unten die Oberleitungen vom Strom trennt. Was nun im Tunnel geschieht, ist Routine. Brandherd lokalisieren, Feuer löschen, die Bahn und die Tunnel kontrollieren, um sicherzugehen, dass auch wirklich niemand mehr drin ist — alles läuft parallel und wie am Schnürchen. 20 Minuten nach Alarmierung meldet der Abschnittsleiter "Feuer in Gewalt".


Die Nachricht geht nicht an die Leitstelle an der Hüttenstraße, sondern in ein großes rotes Fahrzeug, das an der Elisabethstraße steht, die mobile Einsatzleitstelle. Bei Großlagen wie einem U-Bahn-Feuer wird von dort aus die Feuerwehr geführt. Und den Männern dort macht das Übungsdrehbuch richtig Stress. Erst erhalten sie aus dem Tunnel die Nachricht: Ausnahmezustand. Das heißt: Es brennt hier wirklich nicht bloß ein Papierkorb, wir haben ein ernstzunehmendes Feuer. Und das bedeutet: zu anderen Einsätzen wird nicht mehr so viel Personal geschickt wie üblich, und die Freiwilligen Feuerwehren werden angefordert, um die Wachen zu besetzen. Denn inzwischen sind neben den beiden Löschzügen weitere ausgerückt, um die benachbarten U-Bahnhöfe zu kontrollieren. Zwei halten sich zur Verstärkung bereit, und der Gerätewagen A sorgt für Nachschub bei den Atemschutzgeräten.

Das ist aber nicht alles, was die mobile Leitstelle koordinieren muss. Ein Hotelbrand wird von der Benrather Schlossallee gemeldet — das bedeutet Großeinsatz mit Menschenrettung — und dann auch noch ein Verkehrsunfall im Werstener Tunnel auf der Autobahn. Alles nur in der Theorie zwar. Aber in der Praxis durchaus möglich. "Obwohl es mitten in der Nacht ist, und obwohl alle wissen, dass es nur eine Übung ist, sind die Kollegen hochkonzentriert und zeigen vollen Einsatz", lobt hinterher David Marten, der den Einsatz leitet. Ob und was hätte besser laufen können, wird später nachbereitet, aber der Brandrat ist erst einmal sehr zufrieden mit der Truppe, die gezeigt hat, dass jeder Handgriff sitzt und jede Routine mühelos beherrscht wird.
Im echten Einsatz kämen zwei Faktoren hinzu: Es wäre stockfinster im Bahnhof, weil die Beleuchtung ausfiele und dicker Brandrauch die riesigen Räume füllen würde. Und ein echter Einsatz mit echten Menschen in Lebensgefahr, der produziert bei den Feuerwehrleuten deutlich mehr Adrenalin.

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