Düsseldorf Erste Demo der Flüchtlingshelfer

Düsseldorf · Die Freiwilligen vom Flughafenbahnhof gehen an die Öffentlichkeit. Sie wollen ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit setzen. Und zeigen: Wir sind noch da.

 Sie wollen am 2. April mit anderen Flüchtlingshelfern demonstrieren (v.l.): Rebekka Malz, Gabi Boßems und Gülcen Çelebi.

Sie wollen am 2. April mit anderen Flüchtlingshelfern demonstrieren (v.l.): Rebekka Malz, Gabi Boßems und Gülcen Çelebi.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Als kürzlich die Bilder aus Clausnitz durch die sozialen Netzwerke gingen, kamen die Helfer vom Drehkreuz ins Grübeln. Über Whatsapp diskutierten sie, wie es passieren konnte, dass die Flüchtlingsfeinde so laut geworden sind.

Und dann grölten die Demonstranten, die in Sachsen einen Bus bedrängten, auch noch: "Wir sind das Volk", als würden sie für die Mehrheit sprechen. Da haben die Helfer vom Flughafen beschlossen, dass sie sich jetzt zu Wort melden müssen - und öffentlich ihre Gesichter zeigen. "Wir sind vielleicht zu still gewesen", sagt Gabi Boßems.

Die Flughafen-Helfergruppe "City of Hope" ruft deshalb für den 2. April erstmals zu einer Demonstration auf. Es soll ein buntes Fest auf dem Burgplatz werden, mit viel Musik. Und ein Zeichen, dass die Flüchtlingshelfer noch da sind, auch wenn viel weniger über sie geredet wird als noch im Sommer des vergangenen Jahres. Mitstreiter aus Passau, Dortmund, Köln und Hamburg beteiligen sich mit Veranstaltungen in ihren Städten. Das Motto lautet: "Wir wissen: Wir sind die Welt."

Unterzeichnet haben den Düsseldorfer Aufruf die Personalberaterin Gabi Boßems, die Ingenieurin Rebekka Malz und die Rechtsanwältin Gülşen Çelebi.. Alle drei gehören zu den Helferinnen der ersten Stunde am Drehkreuz Flughafenbahnhof. Gemeinsam mit hauptamtlichen und rund 200 weiteren ehrenamtlichen Helfern haben sie geholfen, Sonderzüge mit Zehntausenden Flüchtlingen in Empfang zu nehmen. Manche Freiwillige kamen nur für eine Nacht, andere über Monate mehrfach pro Woche.

Das Engagement am Drehkreuz hat für viel Lob gesorgt, denn in Düsseldorf wurde in der Krisensituation sehr schnell und sehr gut organisiert. Und wenn man den Freiwilligen zuhört, dann merkt man: Der Einsatz hat ihr Leben in den vergangenen Monaten geprägt.

Die Helfer vom Flughafen haben Tee ausgeschenkt, Kinder gewickelt und Kleidung verteilt. Sie haben Dolmetscher organisiert und Buntstifte besorgt. Sie haben Flüchtlinge beruhigt, die in Panik waren, weil sie beim Flughafen an Abschiebung dachten, und Menschen erklärt, wie sie an ihr Ziel weiterkommen, zum Beispiel nach Schweden. Sie haben viele Nächte durchgemacht - und versucht, das mit ihrem normalen Leben zu vereinbaren.

Zum 11. April übernimmt die Bezirksregierung Arnsberg das Drehkreuz, die Stadt Düsseldorf ist dann nicht mehr zuständig. Die Freiwilligen wissen noch nicht, was das für sie bedeutet.

Alle erzählen von schweren Geschichten, die sie miterlebt haben. Da kamen Kinder ohne Eltern, die Angst hatten, weil sie plötzlich vom Jugendamt mitgenommen wurden. Oder Mütter, die davon berichteten, dass sie ihre Kinder kürzlich zu Grabe getragen haben. "Viele haben am Fernbahnhof erst die Dimension der Tragik gesehen", sagt Gabi Boßems.

Die Demonstration kommt zu einer Zeit, in der auch für die Helfer vieles ungewiss ist. Seit kurzem kommen keine Sonderzüge mehr, weil die Grenzen plötzlich dicht sind. Manche Helfer aus Düsseldorf sind nach Griechenland gefahren, weil sie weiter etwas tun wollen. Andere versuchen, das Freiwilligen-Netzwerk zu nutzen, um Wohnungen, Dolmetscher oder Praktika für Flüchtlinge zu organisieren. Viele hätten sich zwei, drei Flüchtlingsfamilien "zu Herzen genommen", sagt Gülşen Çelebi. "Die Arbeit geht jetzt weiter vom Drehkreuz in Richtung Integration."

Die Demonstration soll deshalb auch ein Zeichen sein, dass die Freiwilligen mit ihrem Engagement nicht nachlassen wollen. Auch, wenn ihnen längst klar ist, dass es mit der Erstversorgung am Flughafen nicht getan ist, und auch, wenn manche nach den vielen Flughafeneinsätzen erschöpft sind. "Ich würde mir wünschen, dass wir diese Arbeit nicht machen müssen", sagt Rebecca Malz. Aber solange Menschen fliehen müssten, sei dies nötig. Gabi Boßems meint, sie engagiere sich auch, weil sie möchte, dass ihr Land funktioniert. "Das geschieht nicht von allein."

(arl)
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