Düsseldorf Es bleibt in der Familie

Düsseldorf · Düsseldorf ist eines der Zentren für Top-Familienunternehmen in Deutschland. Einer Studie zufolge liegt nur Hamburg vor der Stadt am Rhein. Was die Landeshauptstadt für Unternehmen besonders macht.

Hinter ihnen stehen dominante Inhaberfamilien, sie planen schon für die kommenden Generationen und haben einen gemeinsamen Umsatz von mehr als 105 Milliarden Euro im Jahr 2014 gemacht. Düsseldorf ist eines der Zentren Deutschlands für Top-Familienunternehmen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY und der Vernetzungsdienstleister Matchbird haben Familienunternehmen mit einem jährlichen Umsatz von mehr als 300 Millionen Euro untersucht. Das Ergebnis: Düsseldorf liegt mit 16 beheimateten Firmen nicht nur auf dem Spitzenplatz in NRW, sondern auch auf dem zweiten Rang insgesamt, nur Hamburg ist mit 34 Unternehmen noch davor platziert.

Unter den Düsseldorfer Familienunternehmen sind einige der größten Deutschlands. Die börsennotierte Metro Group landet auf Rang fünf der bundesweit 678 Unternehmen fassenden Liste, mit einem Gesamtumsatz von 59,2 Milliarden Euro und 226.895 Mitarbeitern. Knapp 50 Prozent der Aktien liegen demnach bei den Unternehmerfamilien Haniel (25 Prozent), Schmidt-Ruthenbeck (16 Prozent) und Beisheim (neun Prozent). Zum Portfolio der Marke gehören Märkte wie Media Markt, Real und Saturn.

Immerhin noch auf den bundesweit elften Rang schafft es Henkel. Das ebenfalls börsennotierte Unternehmen kommt auf 16,4 Milliarden Euro Umsatz bei 47.800 Mitarbeitern. Und: Bei Henkel sitzt mit Kathrin Menges eine Frau im Vorstand. "Ein Trend, der sich bei Familienunternehmen verstärkt beobachten lässt", sagt Peter Englisch, Partner und Leiter der Mittelstandsaktivitäten von EY. Bei sieben der 16 Unternehmen zählt die Studie Frauen in der Geschäftsführung. "Bei immer mehr Familienunternehmen setzen sich auch Frauen durch. Zunächst aus Überzeugung. Dazu kommt aber auch, dass durch Familienfolge ganz natürlich Frauen in die Unternehmensführung nachrücken", sagt Englisch. Ein Trend, der sich in den vergangenen Jahrzehnten erst noch entwickeln musste: Lange wurden die Geschäfte hierzulande nur auf die männlichen Nachkommen übertragen.

Warum aber ist Düsseldorf als Hauptsitz von Familienunternehmen so beliebt? Die Landeshauptstadt lässt im Ranking Städte wie München (15) und Stuttgart (13) hinter sich, Berlin landet mit sieben Familienunternehmen nur auf dem achten Platz. Es kommen einige Faktoren zusammen, wie Peter Englisch erklärt. "Es ist so ein interessanter Standort, weil hier die Nähe zur Wirtschaft und Landespolitik, die gute Infrastruktur und nicht zuletzt die hohe Lebensqualität zusammenkommen."

Das bestätigt auch eine Studie der Unternehmensberatung Mercer vom Frühjahr 2016. Weltweit 230 Städte wurden dabei auf ihre Lebensqualität untersucht. Düsseldorf landete auf dem sechsten Platz - und damit weit vor Städten wie Brüssel, Stockholm oder Berlin. Besonders gelobt wurden damals die Verkehrsanbindung, das kulturelle Angebot oder die medizinische Versorgung in der Stadt.

"Für Familienunternehmen ist aber auch die Frage wichtig: Gibt es einen Ort, an dem alles begann?", sagt Peter Englisch. Dort bleibe dann in der Regel auch der Hauptsitz des Unternehmens, egal an wie viele Standorte man weltweit expandiere. Bei Familienunternehmen gehe es eben noch stärker um Werte wie Nachhaltigkeit. Die Hälfte der Düsseldorfer Unternehmen, die in der Studie aufgeführt werden, sind inhabergeführt.

Die Kehrseite der Medaille: "Zwei Drittel der gescheiterten Familienunternehmen geben Vertrauensverlust und Konflikte innerhalb der Familien als Gründe an", sagt Englisch. Fast immer spiele dabei das "magische Dreieck" von Geld, Macht und Liebe eine Rolle. Während sich Streit um Geld und Macht durch entsprechende Zahlungen und Postenverteilungen relativ schnell beruhigen lässt, ist es bei der Liebe, also der Beziehung von Familienmitgliedern untereinander, schwieriger. "Wenn jemand das Gefühl hat, er werde ungerecht behandelt, kann es schnell irrational werden und Streits können außer Kontrolle geraten", sagt Englisch.

Damit es dazu gar nicht erst kommt, müssen die Spielregeln klar definiert sein - da gebe es gerade bei deutschen Familienunternehmen noch einiges aufzuholen, sagt der Experte. Somit kommt die Studie auch zu einem klaren Ergebnis: Wer die Balance zwischen Familien- und Unternehmensinteressen halten kann, bleibt über Generationen hinweg erfolgreich. Gemeinsam haben die bundesweit 678 untersuchten Familienunternehmen einen Gesamtumsatz von 1,48 Billiarden Euro - ein Wert, der ungefähr dem kombinierten Bruttoinlandsprodukt von Spanien und Schweden entspricht.

(lukra)
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