Düsseldorf Essen will Düsseldorf nicht entlasten

Düsseldorf · Am Flughafen-Fernbahnhof kommen so viele Flüchtlinge an wie in keiner anderen Stadt in NRW. Die Stadt Essen sollte ab Februar die Düsseldorfer Helfer unterstützen, macht aber jetzt offenbar einen Rückzieher.

 Jeden zweiten Tag kommen bis zu 900 Flüchtlinge am Flughafen-Fernbahnhof in Düsseldorf an. Sie werden versorgt und auf andere Kommunen in NRW verteilt.

Jeden zweiten Tag kommen bis zu 900 Flüchtlinge am Flughafen-Fernbahnhof in Düsseldorf an. Sie werden versorgt und auf andere Kommunen in NRW verteilt.

Foto: Anne Orthen

Viele der Flüchtlinge, die nach Nordrhein-Westfalen kommen, haben Düsseldorf als erste Anlaufstelle: Bis zu 900 geflüchtete Menschen steigen jeden zweiten Tag am Fernbahnhof am Flughafen aus Zügen und werden von Helfern mit Essen und Kleidung versorgt, bevor sie auf Unterkünfte im ganzen Land verteilt werden oder auf eigene Faust weiterreisen. Seit Anfang September ist Düsseldorf Drehkreuz für diese Sonderzüge, hatte erst der überforderten Stadt Dortmund Amtshilfe bei dieser Aufgabe geleistet. Inzwischen ist Dortmund im Wechsel mit Köln jeden vierten Tag dran, Düsseldorf nach wie vor jeden zweiten - und damit doppelt so oft.

Das wird sich wohl auf absehbare Zeit nicht ändern. Denn die bereits im November vereinbarte Entlastung durch die Stadt Essen fällt offenbar aus. Bereits vor Weihnachten soll sich die Nachbarschaft skeptisch gezeigt haben. Man stehe zwar zu seiner Verantwortung, habe aber Zweifel an der Umsetzbarkeit, teilte man mit. Bei einem Treffen mit Vertretern aller vier beteiligten Städte im Innenministerium vor wenigen Tagen soll Essen die Kooperation definitiv abgesagt haben. Im Essener Rathaus konnte sich gestern auf Anfrage unserer Redaktion niemand dazu äußern.

Zur Begründung hieß es Teilnehmern der Sitzung zufolge, dass der Aufwand zu groß sei, jeden zweiten Tag Helfer aus Essen zum Düsseldorfer Fernbahnhof reisen zu lassen, um die Flüchtlingszüge abzuwickeln. Wegen Engpässen beim städtischen Personal gestalte sich das schwierig, Ehrenamtliche ließen sich schwer motivieren, wenn sich das Geschehen nicht in der eigenen Stadt abspiele. Weil der Essener Hauptbahnhof im Vorfeld als ungeeignet für die notwendige Infrastruktur eingestuft worden war, entschied man sich, auch die von Essen betreuten Züge weiterhin zum Düsseldorfer Fernbahnhof fahren zu lassen.

Aber Essens Sozialdezernent Peter Renzel soll bei dem Treffen grundsätzliche Bedenken formuliert haben, sieht vor allem das Land, nicht die Kommunen, bei der Abwicklung der Flüchtlingszüge in der Pflicht. Im Düsseldorfer Rathaus zeigt man sich irritiert über das Agieren der Nachbarstadt. Seit Wochen wurde der Drehkreuzwechsel vorbereitet, die Beteiligten aus Essen hatten am Fernbahnhof hospitiert, um die Abläufe zu verinnerlichen. "Wir haben unnötig viel Zeit verloren", sagt Miriam Koch, die Flüchtlingsbeauftragte der Stadt. Die Entlastung als Drehkreuz sei dringend nötig. Bis zu 170 Helfer - von Stadt, Wohlfahrtsverbänden, Feuerwehr und Rheinbahn - sind pro 24-Stunden-Schicht im Einsatz. Die Kosten trägt das Land, es gibt auch Pläne, solches Engagement auch auf das Flüchtlings-Kontingent, das das Land jeder Kommune vorgibt, anzurechnen. Zum 1. Februar sollte die Kooperation mit Essen starten.

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Dann wäre auch Düsseldorf - zumindest personell - nur noch jeden vierten Tag dran gewesen. Offen ist auch, wie es mit dem Drehkreuz-Einsatz von Köln und Dortmund weitergeht. Bisher war vorgesehen, dass sich beide Städte bis zum Sommer 2016 abwechseln. Ob es dabei bleibt und was die Folgen für Düsseldorf wären, ist allerdings fraglich.

(dr)
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