Düsseldorf Europa wird am Burgplatz gerettet

Düsseldorf · Jeden Sonntag versammeln sich Hunderte Bürger am Rheinufer, die wohl noch nie zuvor auf einer politischen Demo waren. Es sind Menschen aller demokratischen Richtungen. Ihr Ziel ist einfach: der Erhalt der Europäischen Union.

 Anna Hauser (l.) studiert unter anderem Wirtschaft, Maral Mohebbi ist Studentin der Zahnmedizin. Sie waren zum ersten Mal bei Pulse of Europe, wurden im Internetportal Facebook darauf aufmerksam.

Anna Hauser (l.) studiert unter anderem Wirtschaft, Maral Mohebbi ist Studentin der Zahnmedizin. Sie waren zum ersten Mal bei Pulse of Europe, wurden im Internetportal Facebook darauf aufmerksam.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Joanne Windaus ist eigentlich kein ausgesprochen politischer Mensch. Doch eine Sache liegt ihr am Herzen: Europa. Als sich nach der Auszählung des Referendums über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union eine knappe Mehrheit dafür abzeichnete, war für Windaus klar, dass sie aktiv werden muss. Die Britin lebt seit 25 Jahren in Düsseldorf. Kann das Vereinigte Königreich doch noch in der EU bleiben? "Ich gebe die Hoffnung nicht auf", sagt Windaus.

Am Ostersonntag um 14 Uhr steht die 66-Jährige auf dem Burgplatz mit diesmal gut 300 anderen Aktivisten im Aprilregen. Ein starker Wind weht über den Rhein, doch die überzeugten Europäer scheint das wenig zu stören. Sie tragen Europafähnchen, blaue Solidaritätsbänder und Sticker für Europa am Arm, viele blaue Luftballons, von denen immer mal wieder einer in den verregneten Himmel abhaut. Das ist der Düsseldorfer Ableger der Bewegung Pulse of Europe. Das ist eine zivilgesellschaftliche Initiative. Sie ist überparteilich, überkonfessionell und international.

 Joanne Windaus ist Britin und seit mehr als 25 Jahren in Düsseldorf. Der Brexit war für sie das Alarmzeichen, etwas für Europa tun zu müssen. Heute ist sie eine der Organisatorin der Pulse-Demos.

Joanne Windaus ist Britin und seit mehr als 25 Jahren in Düsseldorf. Der Brexit war für sie das Alarmzeichen, etwas für Europa tun zu müssen. Heute ist sie eine der Organisatorin der Pulse-Demos.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Angefangen hat alles in Frankfurt, heute gibt es die Aktionen in mehr als 60 europäischen Großstädten. "Hier kommen Leute hin, denen sieht man eindeutig an, dass sie vorher noch nie auf einer Demo waren", sagt Michael Meyer. Er und seine Frau Marie-Catherine Meyer bezeichnen sich selbst als Hardcore-Europäer. Sie wuchs im französischen Elsass auf. Sie sind engagiert in der Deutsch-Französischen Freundschaftsbewegung der Stadt. Doch die meisten sind Neulinge in Sachen politischem Engagement. "Die vielen deutschfeindlichen Töne im Wahlkampf in Frankreich machen mir Angst, deshalb gehe ich hier hin, und bin begeistert, dass es so viele tun", sagt die Französin.

Wichtiger Teil der jeden Sonntag stattfindenden Demos von Pulse of Europe ist das "Offene Mikrofon": Jeder darf etwas zu Europa sagen, was mal mehr, mal weniger gut klappt. Definitiv den Nerv der Europäer trafen die beiden Freunde Jacques Héon und Olaf Müller-Soppart. Der Deutsche und der Franzose gründeten einst in Kaiserswerth die Kette "Jacques' Weindepot". Sie berichteten von ihrer persönlichen "deutsch-französischen Freundschaft" und der Sorge um Europa. Der Franzose erhielt tosenden Beifall, als er den Aktivisten vom Podium auf Französisch zurief: "Mes amis, vive l'Europe!"(Meine Freunde, es lebe Europa). Ein klein bisschen erinnerte der knorrige Jacques Héon dabei an die Rede des damaligen französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle 1962 in Düsseldorf. Dieser beschwor damals die deutsch-französische Freundschaft und rief den Düsseldorfern mit seinem Akzent auf Deutsch entgegen: "Oh Düsseldorf, du fleißige Stadt."

 Michael und Marie-Catherine Meyer leben Europa auch privat. Sie ist Französin, geboren in Straßburg, er Deutscher. Sie bezeichnen sich selbst als Hardcore-Europäer.

Michael und Marie-Catherine Meyer leben Europa auch privat. Sie ist Französin, geboren in Straßburg, er Deutscher. Sie bezeichnen sich selbst als Hardcore-Europäer.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

AStA-Mitglied Lukas Thum versprach, die Pulse-of-Europe-Bewegung nun auch in die Düsseldorfer Uni tragen zu wollen. "Meine Generation musste innerhalb Europas noch nie einen Pass vorzeigen. Dieses hohe Gut dürfen wir nicht verschenken", sagte der Student.

Ob es mit der Pulse-Bewegung nach der Wahl in Frankreich weitergeht, ist noch ungewiss. Das nächste Treffen ist am Sonntag um 14 Uhr am Johannes-Rau-Platz. Fast schon traditionell endete die Kundgebung am Sonntag mit dem gemeinsamen Singen der Europahymne. Dazu hielten sich alle an den Händen und bildeten einen Kreis.

(tb.)
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