Düsseldorf Europa zu Gast im Rathaus

Düsseldorf · Zum 15. Mal hatte die Stadt am Samstag zum Europatag eingeladen. Erstmals präsentierten sich Länder und Vereine im Rathaus, statt auf dem Platz davor. Ernst wurde es bei der Podiumsdiskussion zum Thema "Europa vor dem Zerfall?"

 Ieva (v.l.) und Jolanda präsentierten ihre Heimat Lettland beim Europatag und zeigten sich in traditionellen Trachten.

Ieva (v.l.) und Jolanda präsentierten ihre Heimat Lettland beim Europatag und zeigten sich in traditionellen Trachten.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Selbstverständlich ist die europäische Flagge zum Europatag vor dem Rathaus gehisst und lässt das Gebäude ziemlich feierlich erscheinen. Ebenfalls vor dem Rathaus versuchen Kinder eine Kletterwand, auf die der europäische Kontinent aufgedruckt ist, zu erklimmen. Im Rathaus selbst geht es wuselig zu: Vereine und Länder aus dem EU-Ausland präsentieren sich, bieten Kulinarisches, verlosen Preise, werben für Multikulturalität und ein friedliches Miteinander. Lettland, Italien, Spanien, Griechenland, Deutschland - alle gehören sie zur Europäischen Union und stehen für die gleichen Werte ein, das ist ihre Botschaft. Schließlich wird diese Einheit auch genau am 9. Mai gefeiert, jenem Tag, der als Geburtsstunde der europäischen Zusammenarbeit gilt. Und genau deshalb lud das Rathaus am Samstag zum bereits 15. Mal zum Europatag ein - mit einem neuen Konzept: Erstmals präsentierten sich die Aussteller nicht auf dem Platz vor dem Rathaus, sondern in seinen Räumen.

 Bei der Podiumsdiskussion (v.l.): Stefan Engstfeld, Ulrike Guérot, Herbert Reul und Matthias Beermann.

Bei der Podiumsdiskussion (v.l.): Stefan Engstfeld, Ulrike Guérot, Herbert Reul und Matthias Beermann.

Foto: Endermann, Andreas (end)

"Das alte Konzept hat auch sehr gut funktioniert, mit dieser Neuerung wollten wir aber ein Zeichen setzen, dass die anderen europäischen Länder zu Düsseldorf und damit auch in unser Rathaus gehören", sagt Jessica Dedic, zuständig im Büro des Oberbürgermeisters für Internationales und Organisatorin des Europatages. Während in den vergangenen Jahren der Fokus des Europatages oftmals vor allem auf der kulinarischen Vielfalt des Kontinents lag, hatte man sich dieses Mal darauf verständigt, den Besuchern mehr Inhalte zu bieten, etwa mit interaktiven Quiz- und Gewinnspielen sowie Infotafeln zum Thema "Düsseldorf und Europa".

Kritische Denkanstöße insbesondere zur derzeitigen Arbeit der EU zwischen Ukrainekonflikt, Flüchtlingskatastrophe und Eurokrise lieferte dagegen die Podiumsdiskussion im Plenarsaal zum Thema "Europa vor dem Zerfall?". Mit dabei: Herbert Reul, Mitglied des Europäischen Parlaments, Stefan Engstfeld, Vorsitzender der Europa-Union Düsseldorf, die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot sowie RP-Redakteur Matthias Beermann als Moderator. Ist die EU noch zu retten, wollte Letzterer wissen - und bekam ganz unterschiedliche Antworten: "Die meisten Bürger wollen noch Europa, aber nicht mehr das Europa, das sich ihnen derzeit bietet, sondern ein besseres", ist Ulrike Guérot überzeugt.

Die Politik der EU orientiere sich zu sehr an den Interessen der Staatschefs als an den Wünschen der Bürger. Sie fordert deshalb, das System zu verändern, wünscht sich eine bessere Gewaltenteilung in den der EU angeschlossenen Gremien. Herbert Reul sieht ebenfalls Verbesserungsbedarf: "Es gibt Dinge, die können Staaten in der globalisierten Welt besser im Verbund durchsetzen, andere Angelegenheiten sollte man den Ländern selbst überlassen." Stefan Engstfeld warb für ein besseres Miteinander und gibt vor allem "nationalen Egoismen" die Schuld daran, dass Probleme wie die Eurokrise so schwer zu lösen sind.

Während sich die Kritik der Diskussionsteilnehmer auf die EU selbst beschränkte, gab es von einem anderen Politiker Kritik am Europatag: "Der erste Europatag von Thomas Geisel ist vom bürgernahen Fest auf dem Marktplatz zum elitären Schnittchen-Event für wenige im Rathaus geworden", verkündete Bundestagsmitglied Thomas Jarzombek auf seiner Facebook-Seite. Das ließ Thomas Geisel nicht auf sich sitzen: "Schade, dass es Herrn Jarzombek beim Europatag nicht gefallen hat, jetzt, wo das Rathaus nicht mehr eine hermetisch abgeriegelte Trutzburg des OB ist", sagte er, räumte aber auch ein: "Bei dem schönen Wetter hätte man noch mehr draußen machen können."

(lai)
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