Düsseldorf EVK-Ärztin hilft Kindern in Kamerun

Düsseldorf · Paulette Dountsop Yonta ist in Kamerun aufgewachsen und weiß aus eigener Erfahrung, wie schlecht in dem Land die medizinische Behandlung von HNO-Erkrankungen ist. Regelmäßig fliegt sie dorthin, um kranke Kinder zu operieren.

Paulette Dountsop Yonta erinnert sich noch sehr genau daran, wie sie als Kind in Kamerun mit angsterfülltem und schmerzhaft verzerrtem Gesicht beim Arzt saß. "Ich hatte oft Nasenbluten und Nebenhöhlenentzündungen, und wenn ich zum Arzt ging, wurde ich während der Behandlung festgehalten und angeschrien, auch wenn der Arzt mit einem Sauger in die Kieferhöhle ging", sagt die Oberärztin für Hals-Nasen-Ohren-Kunde am Evangelischen Krankenhaus (EVK). Diese Erlebnisse lassen die 39-Jährige bis heute nicht los. Deswegen hat sie ein Hilfsprojekt ins Leben gerufen und fliegt regelmäßig mit anderen Ärzten und Schwestern nach Afrika, um dort ehrenamtlich Kinder mit HNO-Erkrankungen zu behandeln und vor Ort Aufklärungsarbeit über HNO-Medizin zu leisten.

Eine ihrer Patientinnen ist Albertin Otabella Biola (11). Das Mädchen kam mit einer chronischen Mittelohrentzündung in das Krankenhaus von Yaoundé, wo Dountsop Yonta und ihr Team für ihre Arbeit Behandlungs- und Operationszimmer gestellt bekommen. "Bei dem Mädchen fehlten auch das Trommelfell und Teile von Gehörknöchelchen", sagt die HNO-Ärztin. Als die Elfjährige zum ersten Mal auf dem Behandlungsstuhl Platz nahm, war sie sehr verschlossen, lächelte kaum. "Wegen ihrer Hörminderung machen viele Kinder einen Leidensweg durch", sagt Paulette Dountsop Yonta. Oft würden die Kinder als dumm bezeichnet und ausgegrenzt, in der Schule in die letzte Reihe gesetzt und nicht gefördert. Viele Kinder würden unter dieser Isolation leiden. Wegen der mangelnden Förderung in der Schule blieben viele Kinder auf der Strecke, ohne Aussicht auf eine gute Ausbildung und damit einen guten Job.

Seit der Operation am linken Ohr sei Albertin regelrecht "aufgeblüht", sagt Dountsop Yonta: "Wir haben ihr Trommelfell neu aufgebaut und Prothesen aufgesetzt. Jetzt strahlt sie, lächelt und umarmt einen. Die Eingriffe dauern oft nur 45 Minuten, doch verändern im Leben der Kinder so viel", sagt die Düsseldorfer Ärztin. Albertins Mutter erzählte Dountsop Yonta, die vor kurzem wegen der Nachsorge wieder in Kamerun war, dass ihre Tochter jetzt auch gute Noten habe. Doch die Mutter habe auch geweint: Denn wegen der Ebola-Fälle in Afrika hatte man sich am EVK kurzfristig entschieden, den Einsatz mit dem gesamten Team und alle Operationen auf nächsten Sommer zu verschieben. Nur Paulette Dountsop Yonta flog nach Kamerun: "Die Menschen dort haben sich Sorgen gemacht, dass wir vielleicht nicht wiederkommen. Es war ein wichtiges Signal, dass ich hingeflogen bin und vor Ort die Nachsorge der Kinder gemacht habe." Auch Albertin, die sich am rechten Ohr einem Eingriff unterziehen muss, muss jetzt bis nächsten Sommer warten.

47 Kinder hat das Team des EVK bereits in Kamerun operiert, 300 stehen auf der Warteliste für nächstes Jahr. "In Kamerun gibt es gerade einmal 20 HNO-Ärzte für rund 20 Millionen Einwohner", erklärt Paulette Dountsop Yonta, die nach ihrem Abitur nach Deutschland kam. Und die wenigen, die es gebe, seien oft unzulänglich ausgebildet. Bei jedem Besuch geben Dountsop Yonta und ihr Team deswegen den Ärzten ihr Know-how weiter und betreiben bei Familien Aufklärungsarbeit, erklären ihnen zum Beispiel, dass sie die Hörschwäche ihrer Kinder nicht als Schicksal hinnehmen müssen, dass man etwas tun kann.

Alles, was für die medizinische Betreuung notwendig ist - von Medikamenten über Verbandsmaterialien bis hin zu Bohrern - bringt das Düsseldorfer Team jedes Mal mit einem hohen logistischen und verwaltungstechnischen Aufwand nach Kamerun. Ohne die Hilfe durch das dortige Gesundheitsministerium und einen Verein würde man die Sachen nicht mal durch den Zoll bekommen, meint Dountsop Yonta.

Im Bereitschaftszimmer am Evangelischen Krankenhaus in Bilk erinnern Bilder der Kinder Paulette Dountsop Yonta immer wieder daran, wie wichtig das Hilfsprojekt in Kamerun ist: "Es ist sehr bewegend, wie schon kleine Eingriffe die Lebensqualität der Kinder verbessern können. Am liebsten würde ich alle zwei Wochen hinfliegen und sie operieren."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort