Erntedankfest in Urdenbach Die ganze Familie macht mit beim Festzug

Düsseldorf · Papa Michel, Mama Lara, Söhnchen Leon: Die ganze Familie freut sich aufs Urdenbacher Erntedankfest. Und so geht es vielen Urdenbachern. Manche kommen dafür sogar aus dem Exil heim.

 Der kleine Leon ist schon bereit für das Urdenbacher Erntedankfest. Seine Eltern Lara und Michel Wegner kennen die Tradition seit ihrer Kindheit.

Der kleine Leon ist schon bereit für das Urdenbacher Erntedankfest. Seine Eltern Lara und Michel Wegner kennen die Tradition seit ihrer Kindheit.

Foto: Anne Orthen

Leon ist anderthalb Jahre alt, hat Schuhgröße 24 und trägt schon Blotschen. Eben jene Holzschuhe, mit denen halb Urdenbach am Sonntag unterwegs sein wird. Auch Leon. Mal bei Papa in der Schürreskarre, mal bei seiner Mutter Lara im Bollerwagen.

Was für Außenstehende ziemlich merkwürdig klingt, ist für den Urdenbacher selbstverständlich. Denn es ist Erntedankfest. Das 84. übrigens. Da machen sich die Urdenbacher auf, um am Festzug teilzunehmen oder um einfach nur zuzugucken und anschließend (aber auch davor) gemeinsam zu feiern. Das ist ähnlich wie Karneval, nur anders, doch auch die Urdenbacher sprechen von der fünften Jahreszeit.

Wenn das "Dorf mit Herz" feiert, sind alle dabei

Wenn das Erntedankfest gefeiert wird, dann ist nicht nur das ganze Dorf auf den Beinen, dann kommen Urdenbacher aus der ganzen Welt. Student Timo Stegmann kommt aus Würzburg, Barbara Mauchle aus Südafrika, und Gabriele Kuck schafft es alle zwei Jahre, aus Kanada in ihre Heimat zu reisen.

Wenn das "Dorf mit Herz" feiert, ist das für die Urdenbacher etwas ganz Besonderes. Organisator ist der ABVU, der Allgemeine Bürgerverein Urdenbach - und der hat wahrlich keine Nachwuchssorgen. Mit mehr als 1000 Mitgliedern ist er der größte Heimatverein im Düsseldorfer Süden.

Familie Wegner lebt fürs Erntedankfest

Leons Eltern, Lara und Michel Wegner, sind 24 und 27 Jahre alt und im Grunde seit ihrer Geburt beim Erntedankfest dabei. So wie ihr Sprössling Leon. Lara Wegner ist Mitglied der "Odebacher Heckesdrisser", ihr Mann wiederum ist bei den Odebacher Pänz aktiv.

Zwei von 43 Gruppen, die im Festumzug mitziehen. Viele der Gruppen haben für Außenstehende merkwürdig klingende Namen. Stroköpp, Töpferjungens, Pannebäcker, Ströppkes oder Blotschefööss - damit betonen die Gruppen, was früher im Dorf so los war. Aber auch die Sparkasse, das Benrather Krankenhaus und die Voltigier- und Reitgemeinschaft ziehen mit.

Doch zurück zum Ehepaar Wegner. Während sie bei den Heckesdrisser groß geworden ist, wuchs er mit den Pänz auf. Für beide gab es, seit sie ein Paar sind, keine Diskussion darüber, zur Gruppe des anderen zu wechseln. Jeder macht sein Ding. "Wir sind mit 25 Mitgliedern zwar kleiner als die doppelt so großen Pänz, aber beide Gruppen sind 30 Jahre alt", sagt Lara Wegner.

Dem Schmücken sind keine Grenzen gesetzt

Es gibt regelmäßige Treffen, bei ihr alle drei Monate, bei ihm sogar monatlich - Weihnachtfeier inklusive. Selbstverständlich wird der Festzug minutiös geplant. Da hat jede Gruppe ihr eigenes Motto. "Buntes Erntedankfest" heißt es bei den Heckedrisser. Voran zieht der Trecker den Erntewagen, der prachtvoll geschmückt ist, dann folgt die Fußgruppe - die Frauen mit Bollerwagen, die Männer mit Schürreskarren (also Holzkarren), die dem Motto gemäß verziert werden. "In diesem Jahr sollen es bei uns hauptsächlich Sonnenblumen sein", sagt Lara Wegner.

Ehemann Michel schiebt die Holzkarre, geschmückt mit viel Hopfen, denn das Motto heißt "30 Jahre Pänz - 500 Jahre Reinheitsgebot". Auf dem Wagen mit dem Pferdegespann sollen alte Bierfässer dekorativ aufgestellt werden, und überhaupt ist beim Schmücken kaum eine Grenze gesetzt. Kartoffeln, Blumen, Kürbisse, Milchkannen, Strohballen und Vogelscheuchen gehören wie selbstverständlich zur Deko - bäuerlich eben.

Holzschuhe tragen sowieso die meisten - und Tracht. Das können bei den Männern Lederhosen sein, aber auch rustikale Cordhosen. Die Damen bevorzugen Dirndl, und auch Klein-Leons Outfit steht schon fest: kariertes Hemd und Lederhose.

Beim Schürreskarren-Rennen kriegt der Sieger Blutwurst

"Nur einheitlich sollten die Gruppen aussehen, als Wiedererkennungswert", meint der Vize-Chef des Heimatvereins, Torsten Winter, der als Zugleiter schon vor Wochen die Reihenfolge der Gruppen und Kapellen festgelegt hat. Der Zugweg ist seit Jahren derselbe, und das "Dorf mit Herz", ist am Sonntag hermetisch abgesperrt für den Autoverkehr. Um 13 Uhr geht's los.

Anschließend findet an der Böke Pomp das traditionelle Schürreskarren-Rennen statt. Ihre geschmückten Karren schieben sie auf Holzschuhen durchs Dorf. Jede Gruppe für sich, 1,3 Kilometer von der Böke Pomp bis Piel's Loch. Dort, am Ende des Dorfes, ist das Festzelt aufgebaut. Die Sieger, es werden wohl 43 sein, bekommen als Preis eine kleine Holzkarre und Blutwurst mit Zwiebeln und Senf. Warum das mit der Blutwurst so ist, das weiß Torsten Winter auch nicht so genau. "Das war schon immer so. Ist halt Tradition." Tradition wie das Erntedankfest.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort