Düsseldorf FDP fordert Krisensitzung wegen Geisel

Düsseldorf · Zwischen Oberbürgermeister und Ampel-Kooperation knirscht es. Die Ratsmitglieder fühlen sich übergangen. Eine missglückte Abstimmung führte im Rat zu Empörung. Die FDP-Chefin will nun ein gemeinsames Gespräch - ohne Geisel.

Düsseldorf: FDP fordert Krisensitzung wegen Geisel
Foto: Bretz, Andreas (abr)

FDP-Fraktionschefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann will ihre Amtskollegen von SPD und Grünen in der kommenden Woche zum Gespräch bitten. Das Thema: das Verhalten von Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) gegenüber dem Stadtrat. Geisel selbst soll zunächst nicht geladen werden. "Der OB hat keinen Respekt vor dem Rat", sagt Strack-Zimmermann. Sie betont, dass der Ärger nicht nur bei den Liberalen groß sei, die jüngst immer wieder öffentlich im Zoff mit Geisel gelegen haben. "Die Ampel-Kooperation hat ein kollektives Problem mit Geisel", sagt sie. Auch die Grünen halten eine Aussprache für sinnvoll. Fraktionssprecher Norbert Czerwinski spricht von "erheblichem Unmut". Er fordert: "Geisel muss ein Teamplayer werden."

Nicht nur das Verfahren rund um die Tour den France, bei dem sich die Fraktionen übergangen fühlen, sorgt für Kritik. Am späten Donnerstagabend kam es im Stadtrat völlig überraschend zu einem Eklat, der Ältestenrat wurde zu einer Sondersitzung zusammengerufen. Dabei ging es eigentlich um ein Projekt, das über alle Fraktionen hinweg unterstützt wird: den Neubau eines Hallenbads in Flingern.

Der Streit entzündete sich an der Art, wie Geisel als Sitzungsleiter die Abstimmung moderierte. Vor allem die FDP hatte sich in der vorhergehenden Diskussion daran gestoßen, dass die Bädergesellschaft die Kosten für den Bau nur grob angab. Die Fraktionen waren sich schließlich einig, dass man nur zustimmt, wenn der Antrag in einen sogenannten Bedarfsbeschluss verändert wird, der Rat also noch einmal auf Basis von genaueren Zahlen abstimmt. Dazu sollte dem Antrag eine Ergänzung hinzugefügt werden.

Geisel verfuhr aber nicht so, wie es die Politiker erwarteten. Er ließ über den unveränderten Antrag abstimmen, was zunächst keinen Argwohn erweckte. Er erhielt eine einstimmige Mehrheit. Den Zusatz wollte Geisel dann aber nicht zur Abstimmung stellen, da dies formal nicht möglich sei - damit hätte die Verwaltung ihren Antrag durchgebracht, ohne den Wunsch des Rats aufzunehmen. Das führte zu lautstarkem Protest. Manfred Neuenhaus (FDP) verlangte eine Unterbrechung.

Hinter verschlossenen Türen folgte eine scharfe Diskussion. Die Spitzen von allen Ampel-Fraktionen forderten, dass sie kein zweites Mal erleben wollten, dass Vereinbarungen nicht eingehalten werden. Zwischenzeitlich wollte man wegen unterschiedlicher Darstellungsweisen sogar das Tonband der Schriftführer abhören. Am Ende wurde die Abstimmung wiederholt, der Rat bekam das gewünschte Resultat.

Trotzdem sind die Ratsleute verärgert. SPD-Fraktionschef Markus Raub fand Geisels Verhalten "nicht akzeptabel". Er kann nicht verstehen, warum er nicht sofort "dem Willen des Hauses zum Durchbruch verhalf". Norbert Czerwinski sagt: "Das kann sich ein Rat nicht bieten lassen." Geisel spricht im Nachhinein hingegen von einem Missverständnis. Er habe nicht beabsichtigt, eine Falle zu stellen. "Die wahnsinnigen Emotionen haben mich überrascht."

Dass die Wogen so hoch schlugen - und viele offenbar mehr als nur ein Missverständnis vermuteten - zeigt das angespannte Verhältnis zwischen Fraktionen und OB. Einigkeit besteht darin, dass Geisel ein hohes Arbeitstempo und großen Ehrgeiz zeigt. Allerdings bescheinigen ihm selbst enge Unterstützer, mit den langwierigen Abläufen und vielen Beteiligten in einem Rathaus Probleme zu haben. Die Politik sorgt sich, dass er sie ausbooten will. Die FDP-Chefin wirft Geisel gar vor, im Rat "nur knapp über dem" zu agieren, was die Gemeindeordnung vorschreibt. Das weckt Erinnerungen: Altgediente Ratsmitglieder befürchten ein so konfliktreiches Verhältnis wie mit Joachim Erwin (CDU).

Geisel kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen. Man habe ehrgeizige Ziele, und er arbeite daran, sie umzusetzen. "Die Dinge, die ich mache, entsprechen dem, was die Ampel sich vorgenommen hat." Er versuche, dabei ein hohes Maß an Transparenz zu gewährleisten. Und wenn Projekte eine "gewisse Entscheidungsreife" erreicht hätten, informiere er die Politik, so Geisel. "Ich diskutiere sehr gern das Für und Wider von Ideen."

(arl)
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