Düsseldorf Für Inklusion ist Teamarbeit wichtig

Düsseldorf · Während Städtetag und Land über die Finanzierung von gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Schülern streiten, ist an der Hulda-Pankok-Schule die Inklusion seit langem Praxis.

Im Deutschunterricht ist Gruppenarbeit angesagt. Jannicks Gruppe soll sich dazu in der hinteren Ecke versammeln. "Oh nein", ruft Moritz (14) in gespielter Empörung. Denn er muss Jannick (15), der im vorderen Teil der Klasse im Rollstuhl sitzt, dorthin schieben. Dazu hat ihn niemand extra aufgefordert. Er macht es, weil Jannick sein Freund ist. "Wenn man einen Witz über einen Rollstuhlfahrer machen kann, so wie über andere Klassenkameraden auch, dann ist das ein Zeichen von Integration", sagt Karola Vossmann. Sie arbeitet als Sonderpädagogin an der Hulda-Pankok-Gesamtschule (HPG) und ist Teil des Klassenleitungsteams der achten Klasse, die Moritz und Jannick besuchen.

Während andere Schulen sich noch auf das Thema Inklusion vorbereiten, hat man an der Hulda-Pankok-Gesamtschule schon seit 20 Jahren Erfahrung mit dem gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Schülern. Was die HPG von anderen Schulen unterscheidet: Von den insgesamt 110 Lehrern sind zehn Sonderpädagogen. Durch ihre Ausbildung haben sie einen anderen Blick auf den einzelnen Schüler. "Jeder Mensch ist anders – das ist ihr Förderansatz", sagt Schuleiterin Andrea Hausmann. Sie sieht Inklusion als Bereicherung für die Schule. Denn um dem einzelnen Kind gerecht zu werden, ist eine Diagnostik wichtig – zu schauen, was genau das Kind braucht.

Dazu ist Sonderpädagogin Karola Vossmann häufig mit einem anderen Lehrer gemeinsam in der Klasse, etwa ein Drittel bis die Hälfte der Unterrichtszeit. Doch dann beschäftigt sie sich nicht nur mit den drei Schülern, die motorisch eingeschränkt sind, sondern auch mit den anderen 23 Jungen und Mädchen in der Klasse. "Wir fühlen uns in der Regel für alle verantwortlich", sagt sie. Im Unterricht wie auf der Klassenfahrt.

Von den 24 Klassen an der HPG haben 18 gemeinsamen Unterricht mit Kindern, die besonderen Förderbedarf haben. "Möglich ist Inklusion bei uns, weil das Kollegium als Team arbeitet", sagt Schulleiterin Haussmann. "Der Teamgedanke zieht sich durch die ganze Schule."

Nicht nur Sonderpädagogen und Fachlehrer arbeiten gemeinsam. Auch der fachliche Austausch ist sehr eng. So entwerfen etwa alle Lehrer eines Fachs die Klassenarbeiten eines Jahrgangs gemeinsam – im Turnus, jeder ist mal damit an der Reihe. Der Vorteil: Ist ein Kollege erkrankt, wissen die anderen über sein Programm Bescheid.

Und schließlich tauschen sich die Sonderpädagogen auch sehr eng mit den Eltern und den Therapeuten der Kinder aus. "Besonders bei emotionalen und sozialen Entwicklungsstörungen sind die gemeinsame Zeit und der persönliche Bezug wirklich wichtig", sagt Vossmann. Denn das Lernen funktioniere über die Bindung an Menschen. Ist diese Grundlage geschaffen, können sich die Kinder durch das gewonnene Vertrauen auch an andere neue Situationen wagen.

Sehr oft sei sogar die Beziehung zu den anderen Schülern das Wichtigste. Neben Unwissenheit herrsche bei den Gleichaltrigen viel Neugier. Allerdings gibt es auch Schüler, die wieder zurückgehen an die Förderschule, weil sie mehr Schonraum benötigen, sagt Sonderpädagogin Vossmann. "Nicht für alle ist hier der richtige Ort." Um jedem gerecht zu werden, fehlten beispielsweise Ruheräume und mehr Personal.

(RP)
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