Düsseldorfer OB Geisel ist 100 Tage im Amt - der Check

Düsseldorf · Seit 2. September hat mit Thomas Geisel nach 15 Jahren wieder ein Sozialdemokrat das Amt des Oberbürgermeisters inne. Zur Tradition gehört bei Neuen eine Schonfrist von 100 Tagen - die ist am Mittwoch vorbei. Die Rheinische Post zieht Bilanz.

Die Amtszeit von Thomas Geisel begann am 2. September beim Ständehaus-Treff, wo um Mitternacht mit Champagner auf den neuen Oberbürgermeister angestoßen wurde. Seitdem gab es drei Ratssitzungen, den Abschluss der Ampel-Verhandlungen, eine Dienstreise nach China, manchen politischen Streit und Hunderte Termine, die der neue Rathaus-Chef absolviert. Eine Bilanz der ersten (fast) 100 Tage:

Stimmung Keine Frage: Der Machtwechsel sorgte bei vielen Menschen für Aufbruchstimmung, nicht nur bei Anhängern von SPD und Grünen. Das ist auch ein Verdienst von Geisel, der viele Akteure der Stadtgesellschaft persönlich besucht hat und den viele als guten Zuhörer mit Interesse an Anregungen von allen Seiten erlebt haben. Wenn es ihm gelingt, diese offene Art beizubehalten, ist das ein großer Verdienst. Wenn. Denn für ein Fazit ist es sicher noch zu früh: Jeder Machtwechsel weckt Hoffnungen - manchmal verfliegen sie im politischen Alltag aber auch wieder. Dass Geisel ein gutes Gedächtnis hat, auch nachtragend ist, hat mancher schon zu spüren bekommen.

Personal Bei den fast 10 000 städtischen Mitarbeitern holte Geisel Sympathien, als er die Belegschaft zum gegenseitigen Kennenlernen zur großen Versammlung einlud. Dort versprach er eine offene Gesprächskultur und das Ende des Angstklimas im Rathaus. Beides hat er bisher gehalten. Das ist auch klug. Denn angesichts der angespannten Finanzlage ist Sparen angesagt - 32 Millionen Euro beim Personal.

100 Tage OB Geisel - Meinungen aus Düsseldorf
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Foto: Andreas Bretz

Für seine erste Personalentscheidung erhielt Geisel zu Recht viel Kritik: Er schaffte für Gudrun Hock einen dritten Geschäftsführerposten bei der Stadttochter Düsseldorf Congress Sport Events. Eine interessante Mischung hat er hingegen in seinem OB-Büro: Jessica Dedic, jung und mit bemerkenswerter Biografie, ist zuständig fürs Internationale, mit Kerstin Jäckel-Engstfeld ist das Amt für Kommunikation wieder unter journalistischer Leitung, und OB-Büroleiter Jochen Wirtz bringt viel Verwaltungserfahrung mit. Enge Mitarbeiter, die wissen, wie das Rathaus tickt, braucht Geisel als Seiteneinsteiger. Deshalb sollte er auch erfahrene Kräfte seines Amtsvorgängers nicht voreilig entsorgen.

Wahlversprechen Geisel hat sich ein "Startprogramm" aufgestellt und großteils umgesetzt (s. u.). Zudem hat er mit der Ampel-Koalition viele Planungen in Auftrag gegeben, um große Versprechen umzusetzen, von einer Beschleunigung der Rheinbahn bis zu einem neuen Schwimmbad. Das muss auch Wirklichkeit werden - aber dafür hat Geisel mehr als 100 Tage Zeit.

Thomas Geisel: 100 Tage im Amt
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Repräsentant Ob kleiner Verein im Stadtteil oder Treffen mit Wirtschaftsgrößen. Geisel ist omnipräsent, von früh morgens bis spät abends. Was manchmal pünktlich kaum zu bewältigen ist. In seinem dicht gedrängten Kalender fehlt die Luft. Die Folge: Ist er da, ist er oft auch schon weg. Die meisten sind sich aber einig, dass er durch seine offene Art und überwiegend versierte Reden eine gute Figur auf dem großen Parkett macht. Ausnahmen gibt es: Auf der Münchner Immobilienmesse Immobilienmesse Expo Real stellte Geisel nicht die Vorzüge Düsseldorfs in den Fokus (was wichtig ist, um Investoren zu locken), sondern rügte, dass es zu wenig preiswerten Wohnraum gibt. Das stieß vielen aus der Immobilienbranche auf. Offen sagen würden sie das dem Rathaus-Chef indes nicht. Auch sein Hin und Her bei der Benennung eines Platzes nach dem verstorbenen Oberbürgermeister Joachim Erwin kam nicht gut rüber.

So erlebte OB Thomas Geisel den Karnevalsauftakt
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So erlebte OB Thomas Geisel den Karnevalsauftakt

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Finanzen Als ehemaliger Eon-Manager kennt sich Geisel mit Zahlen aus. Das wird ihm auch im Rathaus bescheinigt. Er arbeite sich rasch ein, auch in komplexe, trockene Materie, heißt e. Allerdings hat Geisel bereits im Wahlkampf und auch im Amt immer wieder signalisiert, dass die Neuaufnahme von Schulden für ihn kein Tabu sei. Angesichts des im Vergleich zu anderen Großstädten sehr hohen Steueraufkommens in Düsseldorf, wäre es besser, die Ausgaben zu reduzieren.

Den aktuellen Stand bei der Umsetzung der Projekte von Thomas Geisel sehen Sie in unserem OB-Meter.

(RP)
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