Düsseldorfer gegen Trend bei Facebook Geld für Arme statt Bier auf ex trinken

Düsseldorf · Der zwölfte Jahrgang des St.-Ursula-Gymnasiums durchbricht das vor allem über Facebook befeuerte, "Nominieren" genannte Massentrinken. Die Schüler wollen lieber Geld spenden als sich an Alkoholexzessen im Netz zu beteiligen.

 Statt Bier zu kaufen, sammelte die Stufe 12 des St. Ursula-Gymnasiums Geld für Arme. Die Schatzkiste halten (v. l.): Luitwin Mallmann, Bernhard Wagener, Hannah Mauss, Elisabeth Schwierz, Amin Kokabinejad und Victoria Schulz.

Statt Bier zu kaufen, sammelte die Stufe 12 des St. Ursula-Gymnasiums Geld für Arme. Die Schatzkiste halten (v. l.): Luitwin Mallmann, Bernhard Wagener, Hannah Mauss, Elisabeth Schwierz, Amin Kokabinejad und Victoria Schulz.

Foto: Bretz, Andreas

Wer bei dem, über das soziale Netzwerk Facebook verbreiteten Internet-Trinkspiel "nominiert" wird, muss keinen Wahlkreis oder 100-Meter-Lauf gewinnen. Er muss trinken. Und zwar in einem Zug — in der Regel einen halben Liter Bier "auf ex". Und filmen. Denn die Bedingungen von "Neknominate" sind erst dann erfüllt, wenn innerhalb von 24 Stunden ein möglichst originelles Video des Trink-Abenteuers im Internet greifbar ist. Schafft der Nominierte das nicht, schuldet er dem, der ihn — gefragt oder ungefragt — ins Spiel gebracht hat, Geld für einen Kasten Bier. Ein "social trend" mit enormer Breitenwirkung. Zum einen benennt jeder Teilnehmer drei neue Kandidaten. Zum anderen läuft das Spiel weltweit.

"Ein Kanadier hat seine Flasche in einem Schnee-Iglu in Unterhose geleert. Das kam im Netz super an", nennt Hannah Mauss ein Beispiel für den Trend, seine Vortrinker in jedem Fall überbieten zu müssen. Die 17-Jährige ist Abiturientin am St.-Ursula-Gymnasium in der Altstadt. Schüler des nahe gelegenen Dauer-Konkurrenten Görres-Gymnasium hatten nicht nur sie, sondern gleich ihre gesamte Jahrgangsstufe nominiert und damit herausgefordert.

Doch die Zwölftklässler reagierten anders, als es der globale Facebook-Knaller nahelegt. Statt im Schatten des Schlossturmes 150 Bierflaschen zu leeren, legten die Schüler unter dem Motto "Eine Frage der Ehre" das Geld, das sie für den Alkohol ausgegeben hätten (und noch ein bisschen mehr) in eine selbst gebaute Schatzkiste. "500 Euro kamen zusammen. Die haben wir Pater Wolfgang von den Dominikanern für seine Armenküche gegeben", sagt Amin Kokabinejad. Die Idee hat der 18-Jährige wiederum aus dem Internet. Denn dort verstärkt sich seit ein paar Tagen eine Gegenbewegung. Sie will den Schneeball-Effekt der Bier-Nominierungen mit kreativen Ideen durchbrechen. Nicht ohne Grund: Denn Medienberichten zufolge stehen zwei Todesfälle in Irland in Verbindung mit dem "Nominieren"-Spiel.

"Für mich gehört Facebook eher in die Rubrik ,Teufelszeug'. Erfahren hab' ich von diesem zweifelhaften Wettbewerb ums Alkoholtrinken durch meine Schüler, deren Idee zu spenden ich voll und ganz unterstütze", sagt Michael Baltes, Leiter des Ursulinen-Gymnasiums.

Die Idee der Gymnasiasten aus der Altstadt findet auch Johannes Gehlen, einer der Sprecher des an der Nominierung beteiligten 12. Jahrgangs im Görres-Gymnasium "in Ordnung". Freilich fragt der 18-Jährige mit Blick auf die Dauer-Konkurrenz der beiden traditionsreichen Gymnasien süffisant: "Wären die Ursulinen-Schüler auch auf ihre Idee gekommen, wenn wir sie nicht nominiert hätten?" Dass seine Mitschüler überhaupt bei einem Internet-Wettbewerb mitmachen, bei dem es um das "Auf-ex-Trinken" geht, möchte er nicht zu negativ bewerten. "Das Spiel hat in aller Regel nichts mit dem viel diskutierten Koma-Saufen zu tun."

Und warum tauchen die Nominierten nicht einfach ab statt den Vorgaben der Facebook-Gemeinde zu folgen. "Wer nicht teilnimmt, gilt schnell als feige, unkreativ oder humorlos", sagt Nicola Albers (15), die aufs Görres-Gymnasium geht. Sie selbst hat übrigens nicht reagiert. "Es war mir einfach zu albern."

(RP)
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