Umzug in neue Räume Gericht hat Kreuze abgehängt

Düsseldorf · In den neuen Sälen von Amts- und Landgericht am Oberbilker Markt sollen keine christlichen Symbole mehr hängen. Sie wurden im Gebäude in der Altstadt bereits entfernt. Vertreter der Kirchen sind entsetzt und in Sorge. Sie planen Aktionen.

 In Düsseldorf mussten sämtliche Kreuze in Gerichten abgehängt werden.

In Düsseldorf mussten sämtliche Kreuze in Gerichten abgehängt werden.

Foto: RP, Andreas Bretz

Das Kreuz ist abgehängt und bleibt dennoch. Als Umriss hat es seine Spuren an der Wand des Schwurgerichts-Saals im Landgericht Düsseldorf hinterlassen. Dort hing das kunstvolle Mosaik-Kreuz jahrzehntelang — bis es wie alle übrigen Kreuze im Land- und Amtsgericht vor wenigen Tagen entfernt wurde. Alle Kreuze lagern nun in einem Raum des Gerichts, ihr Verbleib ist ungewiss. Fest steht nur: Die Kreuze sollen im neuen Gebäude am Oberbilker Markt nicht mehr aufgehängt werden. Das haben die Präsidenten der Gerichte entschieden.

Heiner Blaesing, Kopf des Landgerichts, nennt dafür mehrere Gründe. Er beruft sich auf das so genannte Kruzifix-Urteil, welches verlangt, dass Kreuze abgehängt werden müssen, wenn sich beispielsweise Schüler in einem Klassenraum oder Angeklagte im Gericht daran stoßen. Vor allem aber verweist Blaesing auf Erfahrungen der vergangenen Jahre. "Es kam vor, dass sich im Schwurgerichts-Saal ein Angeklagter beschwert hat. Dann mussten wir das Kreuz abhängen, und das war nicht der einzige Fall", berichtet er. Seiner Meinung nach störe das Hin und Her von Abhängen und Aufhängen mehr das Ansehen des Symbols als der komplette Verzicht.

Kirchenvertreter sehen das entschieden anders. In seiner Sonntagspredigt kündigte Stadtdechant Rolf Steinhäuser an: "Die evangelische und die katholische Kirche unserer Stadt wenden sich auf das Entschiedenste gegen die Verbannung der Kreuze aus den Gerichtssälen, und wir werden unserer Meinung auch öffentlich Gehör verschaffen." Die Entscheidung sei "falsch", sagt Steinhäuser. Das Kreuz könne nicht wie ein beliebiges Möbelstück behandelt werden, und das Gericht müsse sich überlegen, unter welchen Vorzeichen es tagt.

Auch Superintendent Ulrich Lilie von der evangelischen Kirche gibt zu bedenken, dass es selten vorgekommen sei, dass ein Angeklagter das Abhängen des Kreuzes verlangte. "Wir sind noch immer eine christliche Mehrheitsgesellschaft, und ich frage mich, warum wir das nicht selbstbewusst zum Ausdruck bringen?", sagt er. Der Zeitgeist sei derzeit so liberal, "dass wir nach allen Seiten offen sind und dabei nicht mehr wissen, für was wir stehen", kritisiert er.

Landgerichts-Präsident Blaesing wiederum betont, dass er hinter der christlich-abendländischen Tradition stehe. Das Gericht aber leite seine Würde vom Staat ab. Die Entscheidung sei mit Anne-José Paulsen, Präsidentin des Oberlandesgerichts (OLG), abgestimmt worden. Mit ihr wollen sich die Kirchenvertreter nun treffen. Außerdem planen die Kirchenvertreter eine Diskussionsveranstaltung zum Thema "Wie viel Christentum verträgt das Land?" Ulrich Lilie hat Anne-José Paulsen dazu eingeladen.

Der Vorgang in Düsseldorf ist nicht der erste seiner Art. Es sei inzwischen üblich, dass bei Gerichts-Neubauten keine Kreuze mehr aufgehängt würden, sagt ein Sprecher des OLG. Eine generelle Anweisung dafür gibt es aber nicht, jedes Gericht entscheidet selbst.

Die Richter waren es auch, die nach dem Zweiten Weltkrieg dafür gesorgt hatten, dass wieder Kreuze in den Sälen aufgehängt wurden. Während der Nazizeit waren viele verbannt worden. "Leider ist die Geschichte viel zu wenig erforscht", sagt der Düsseldorfer Kirchenhistoriker Ulrich Brzosa. Er hat jedoch Belege darüber gefunden, dass die Kreuze in Düsseldorf 1949 aus dem Justizetat angeschafft wurden. Unklar ist, was mit ihnen geschieht. Laut Blaesing sollen sie auf keinen Fall entsorgt werden. "Wahrscheinlich werden wir sie den Kirchen zur Rücknahme anbieten", sagt er.

(RP)
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