Düsseldorf Opernsängerin Maria Radner stirbt mit Sohn und Mann

Düsseldorf · Unter den Opfern des Germanwings-Absturzes ist auch die Opernsängerin Maria Radner. Die gebürtige Düsseldorferin war gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem eineinhalbjährigen Sohn in dem Flieger. Der schrecklicke Anruf kam am Dienstag um 16 Uhr.

Der Onkel der Opernsängerin Maria Radner meldete sich bei einem Freund in Haan und berichtete unter Weinkrämpfen von der Gewissheit, dass seine Nichte, deren anderthalbjähriger Sohn Felix und ihr Ehemann unter den Toten des Absturzes waren. "Ich konnte es nicht fassen — die ganze Familie ausgelöscht", sagt der Freund.

Bei dem Absturz des Germanwings-Airbus in den südfranzösischen Alpen starben am Dienstag 150 Menschen, darunter 72 Deutsche und 51 Spanier. Mehr als 50 Opfer stammen aus Nordrhein-Westfalen, allein 18 kommen aus Haltern — 16 Schüler und zwei Lehrerinnen. Die Unglücksursache ist weiterhin unklar. Experten arbeiten derzeit daran, die Opfer zu bergen. Dies könnte laut Bundeskriminalamt schwierig werden. Anschließend müssen die Toten identifiziert werden.

Maria Radner, die 33-jährige Altistin, hatte erst 2012 an der Metropolitan Opera in New York in der "Götterdämmerung" debütiert, noch vor kurzem sang sie in "Les Troyens" die Rolle der Anna an der Mailänder Scala und in gleicher Rolle auch am Teatro Colon in Buenos Aires. "Sie hatte noch so viel vor", sagt der Freund der Familie. "Auf Wagners ,Siegfried' in Barcelona, ihr letztes Engagement, hat sie sich sehr gefreut." Er hat Maria zuletzt gesehen, als sie bei der Hochzeit ihres Onkels vor einigen Monaten sang. Maria selbst war frisch verheiratet und junge Mutter.

Die Sängerin sei zwar in Düsseldorf aufgewachsen, habe dort Abitur gemacht und auch studiert. Mit ihrer Familie lebte sie zuletzt in Wuppertal. Ihr Vater stamme aber aus Haan, habe dort viele Jahre gelebt, daher kenne man sich, so erzählt der Freund der Familie. "Das ganze Dorf nimmt Anteil." Ihrem Vater, der am Düsseldorfer Flughafen auf die Maschine gewartet hatte, gehe es zu schlecht, als dass man überhaupt mit ihm telefonieren könne: "Er hat unglaublich stark an seiner Tochter gehangen und war sehr stolz auf sie."

Germanwings-Katastrophe: Angela Merkel am Ort des Unglücks
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Auch Michaela Krämer, Maria Radners langjährige Gesangsprofessorin an der Düsseldorfer Robert-Schumann-Musikhochschule, geht der Tod spürbar nah. Sie berichtet von ihrer Schülerin wie von einer sehr lieben Freundin: "Auch wenn sie nicht mehr meine Studentin war, hatten wir immer noch ein sehr enges Verhältnis. Erst vor wenigen Tagen hatte sie mich von Barcelona aus angerufen, wo sie ja die Erda in ,Siegfried‘ sang." Und sie habe sich so gefreut, dass ihr Mann mit dem Baby nachkommen würde. Auch der Bassbariton Oleg Bryjak von der Rheinoper Düsseldorf Duisburg, der mit Radner in der "Siegfried"-Aufführung auf der Bühne gestanden hatte, starb auf dem Heimflug nach Düsseldorf.

 Bassbariton Oleg Bryjak ist bei dem Absturz ums Leben gekommen.

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Foto: HANS JOERG MICHEL

Maria Radner, sagt Krämer, habe eine Weltkarriere begonnen, aber nie sei ihr der Ruhm zu Kopf gestiegen; ihre Natürlichkeit und Hilfsbereitschaft habe sie sich immer bewahrt: "Das ist selten in einer Sänger-Welt, die ja von Eitelkeiten dominiert wird." Schon in der ersten Gesangsstunde an der Hochschule habe Krämer von Maria Radner gewusst: "Sie hat etwas in der Stimme, das sie von vielen anderen unterscheidet. Die wird mal eine ganz Große."

Einmal im Leben live dabei sein, die besondere Atmosphäre spüren — das war der große Traum von Fehret Smailagic. Am vergangenen Wochenende hat er sich ihn erfüllt. El Clásico, der Klassiker, heißt in Spanien das Fußballspiel zwischen den beiden Top-Mannschaften Real Madrid und FC Barcelona. Es gilt als das bedeutendste Duell im Club-Fußball. Gemeinsam mit seiner Frau hat Smailagic, der im Rhein-Kreis Neuss selbst bei verschiedenen Vereinen als Trainer auf Kreis- und Bezirksebene gearbeitet hat, am Sonntag im Camp Nou, einem der größten Fußballstadien Europas, gegessen, mitgefiebert und den Sieg von Barça verfolgt. Am Dienstagmorgen ging das Ehepaar aus Neuss an Bord des Germanwings-Fluges 4U 9525. Gegen Mittag hätten beide in Düsseldorf landen sollen. Der Sohn wollte seine Eltern am Flughafen abholen, doch die Maschine kam bekanntlich nie an.

Ozan Erdogan ist Vorsitzender des Integrationsrates der Stadt Neuss. Fehret Smailagic kennt er aus der gemeinsamen Zeit beim FSV Vatan Neuss. Alle zwei bis drei Wochen haben sich die beiden in ihrer Stammkneipe getroffen, um zu erzählen — über den Fußball an sich und die "gute alte Zeit". Die Nachricht vom Tod seines Freundes, sagt Erdogan, habe ihn am Dienstag erreicht. "Ich hatte schon so eine Befürchtung, weil ich wusste, dass er zum El Clásico wollte. Am späten Abend gab es dann Gewissheit. Ein enger Freund der Familie hat mich sofort informiert. Unsere Trauer ist groß."

Im Fußball-Kreis Neuss ist Fehret Smailagic ein bekannter Name. Unter anderem war er beim VfR Büttgen, bei der DJK Novesia und beim PSV Nordstadt beschäftigt. "Von vielen Spielern", sagt Ozan Erdogan, "wurde er liebevoll Braco — Bruder — genannt. Als Akteur auf dem Platz glänzte er mit seiner hervorragenden Technik, als Trainer zeichnete er sich durch Menschlichkeit, Einfühlungsvermögen und Sachverstand aus. Er war durch und durch fußballverrückt und ein absolutes Paradebeispiel für gelungene Integration."

Fehret Smailagic arbeitete zuletzt als Taxifahrer in Kaarst. Auch unter seinen Kollegen war er als "sehr netter, freundlicher und sportbegeisterter Kollege" bekannt. Der Neusser hinterlässt drei erwachsene Kinder.

(RP)
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