Bewerbung um die EM 2024 Wie Düsseldorf seine bisherigen Fußball-Turniere erlebte

Düsseldorf · Am Freitag entscheidet sich, ob Düsseldorf Teil der Bewerbung für die Fußball-EM 2024 wird. Ein Rückblick auf die WM 1974 und die EM 1988 im ehemaligen Rheinstadion.

 Beim Spiel gegen Schweden am 1. Juli 1974 wurde Gerd Müller gleich von drei Schweden (v. l. Tapper, Karlsson, Olsson) eingekreist. Dennoch kommt er zum Schuss, aber Torwart Ronnie Hellström wehrt den Ball ab.

Beim Spiel gegen Schweden am 1. Juli 1974 wurde Gerd Müller gleich von drei Schweden (v. l. Tapper, Karlsson, Olsson) eingekreist. Dennoch kommt er zum Schuss, aber Torwart Ronnie Hellström wehrt den Ball ab.

Foto: Max Schirner

Düsseldorf hatte ganze Arbeit geleistet, nachdem der Internationale Fußballverband (Fifa) über die Spielorte der Weltmeisterschaft 1974 entschieden hatte. Das Rheinstadion war zu einer modernen Arena umgebaut worden und so ein attraktiver Schauplatz für das erste WM-Turnier auf deutschem Boden.

Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt bekam unter anderem den Zuschlag für zwei Begegnungen der ersten Finalrunde, an denen die Schweden beteiligt waren. Damit, dass sich anschließend auch die deutsche Nationalmannschaft in Düsseldorf präsentieren würde, hatte dagegen kaum jemand gerechnet. Ausgerechnet ein "Betriebsunfall" des Teams sorgte dafür, dass Bundestrainer Helmut Schön und seine Akteure statt nach Hannover unverhofft an den Rhein kamen.

Es herrschte fast schon Weltuntergangsstimmung in Fußball-Deutschland West. Denn völlig überraschend hatte die Mannschaft des DFB nach den Siegen gegen Chile (1:0 in Berlin) und Australien (3:0 in Hamburg) ihr letztes Spiel der ersten Finalrunde, das Prestigeduell mit der DDR im Hamburger Volksparkstadion, 0:1 verloren - durch das denkwürdige Tor von Jürgen Sparwasser, Stürmer des frischgebackenen Europacupsiegers bei den Pokalgewinnern, 1. FC Magdeburg.

Die Folge: Die Auswahl um Kapitän Franz Beckenbauer und Torjäger Gerd Müller wurde durch den sensationellen Ausrutscher an der Elbe lediglich Gruppenzweiter hinter dem krassen Außenseiter aus dem Osten des damals noch geteilten Landes. Deshalb musste sie von ihrem ersten WM-Quartier im schleswig-holsteinischen Malente in die Sportschule (heute SportCentrum) Kamen-Kaiserau umziehen und die beiden nächsten Turnierauftritte in Düsseldorf bestreiten.

Das Rheinstadion und sein begeisterungsfähiges Publikum waren allerdings beim DFB geschätzt als eine gute Länderspielstätte. So enttäuschend der Rückschlag von Hamburg für das Team auch war - in Düsseldorf begann mit den schwungvollen Vorstellungen gegen Jugoslawien (2:0) und Schweden (4:2) der Siegeszug, der die Männer des WM-Gastgebers schließlich zum Titeltriumph durch den 2:1-Erfolg über die Niederlande in München führte.

Die Fans in Stockum sorgten für eine mitreißende, äußerst stimmungsvolle Kulisse. 66.085 Zuschauer sahen das Spiel gegen Jugoslawien mit Toren von Paul Breitner und Gerd Müller, 66.500 Besucher vier Tage später den Fußballkrimi gegen Schweden mit Treffern von Wolfgang Overath, Rainer Bonhof, Jürgen Grabowski und Uli Hoeneß (Elfmeter wenige Sekunden vor dem Abpfiff). Die dramatische Begegnung mit den starken Schweden, die an dem von anhaltenden Regenfällen geprägten letzten Juni-Tag zur Pause noch 1:0 führten, war spielerisch und emotional vielleicht der deutsche WM-Höhepunkt vor dem Münchner Finale.

Als Folge der Niederlage gegen die DDR hatte Bundestrainer Schön, wegen seiner Spielkonzeption stark in der Kritik, vier Positionen verändert. Uli Hoeneß und Jürgen Grabowski verloren vorübergehend ihren Platz in der Startelf, die Kölner Heinz Flohe und Bernd Cullmann schafften es im Turnier nicht mehr in die Anfangsformation. Einer der Neulinge war Dieter Herzog, Fortunas flinker und trickreicher Linksaußen. Der gebürtige Oberhausener war in das damals noch 22-köpfige WM-Aufgebot des DFB gerückt, weil Helmut Schön bei der Nominierung des Kaders auf Erwin Kremers, Europameister 1972, verzichtete. Der Schalker war nach einem Platzverweis in Kaiserslautern gesperrt.

So leistete Herzog mit den beiden Einsätzen in "seinem" Rheinstadion auch einen Beitrag dazu, dass doch noch der erhoffte Titelgewinn glückte, auch wenn der Flügelstürmer in den folgenden Partien gegen Polen (1:0 in Frankfurt) und die Niederlande (Endspiel) nicht mehr eingesetzt wurde. Damit war der bescheidene Düsseldorfer nach dem legendären Torhüter und WM-Helden Toni Turek (1954 bei der Endrunde in der Schweiz) der zweite Fußball-Weltmeister der Fortuna, deren Vereinsmannschaft in den Siebzigerjahren eine goldene Ära erlebte.

"Mit Jürgen Grabowski hatte ich einen wirklich guten Kumpel auf dem Zimmer", erinnerte sich Herzog an die Wochen der WM. "Ich kam für ihn in die Mannschaft, und dann kam er wieder für mich hinein. Da war keiner von uns sauer." Der Mönchengladbacher Kämpfer Berti Vogts, von den Fans mit "Berti, Berti"-Rufen angefeuert, machte gegen Jugoslawien als Publikumsliebling Furore. Und sein Vereinskollege Rainer Bonhof, vor der WM in Länderspielen viermal stets eingewechselt, erkämpfte sich mit seinen Leistungen in Düsseldorf als Mittelfeldakteur endgültig einen festen Platz in der deutschen Elf.

Für Schweden war Düsseldorf bei der WM ein besonderer Spielort. Denn im Rheinstadion trat das Drei-Kronen-Team mit Schlussmann Ronnie Hellström sowie den Torjägern Ralf Edström und Roland Sandberg gleich viermal an: gegen Bulgarien (0:0) und Uruguay (3:0) in Finalrunde eins, gegen Deutschland (2:4) und Jugoslawien (2:1) in Runde zwei.

14 Jahre nach der Weltmeisterschaft war Düsseldorf erneut Schauplatz eines großen internationalen Turniers. Als Gastgeber der EM bestritt die von Franz Beckenbauer als Teamchef betreute deutsche Mannschaft im Rheinstadion das Eröffnungsspiel gegen Italien mit Bayern Münchens heutigem Trainer Carlo Ancelotti im Mittelfeld (1:1). Torschützen: Roberto Mancini zur Führung der "Squadra Azzurra" und Andreas Brehme. Fünf Tage später gewannen die Niederlande an derselben Stätte gegen England mit 3:1. Die deutschen Hoffnungen auf einen Titelerfolg erfüllten sich bei der bislang einzigen Fußball-Europameisterschaft in der Bundesrepublik nicht, denn in Hamburg gab es eine 1:2-Halbfinalniederlage gegen die spielstarken Niederlande, die mit ihren Superstars Ruud Gullit und Marco van Basten, mit fünf Treffern Torschützenkönig dieser EM, in München auch das Endspiel gegen die Sowjetunion für sich entschieden (2:0).

Immerhin spielten bei der Turniereröffnung im Düsseldorfer Norden neun Akteure, die zwei Jahre später in Italien Weltmeister wurden: Thomas Berthold, Andreas Brehme, Jürgen Kohler, Guido Buchwald, Kapitän Lothar Matthäus, Pierre Littbarski, Jürgen Klinsmann, Rudi Völler und - nicht im Finale von Rom eingesetzt - Olaf Thon.

(RP)
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