Düsseldorf Gottvertrauen half den Lazarett-Schwestern

Düsseldorf · Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden 70 Prozent des Marienhospitals zerstört. Doch die Hoffnung verlor man dort dennoch nie.

 Die Schäden im Marienhospital reichten von zersplitterten Fenstern bis zu zerbombten Gebäudetrakten. Unerschütterlich blieben Zuversicht und Gottvertrauen der Ordensschwestern im Lazarett.

Die Schäden im Marienhospital reichten von zersplitterten Fenstern bis zu zerbombten Gebäudetrakten. Unerschütterlich blieben Zuversicht und Gottvertrauen der Ordensschwestern im Lazarett.

Foto: Stadtarchiv (2)/Archiv ulrich Brzosa

Schon Ende September 1943 demonstrierten die Armenschwestern vom Heiligen Franziskus wagemutig und unmissverständlich, wem ihr Leben, ihre Loyalität und auch ihr Gehorsam im Lazarett des Pempelforter Marienhospitals immer galt. "Am 25. September 1943 ist unser Portal wieder frei von allem Gerümpel", schrieb eine Schwester unverblümt in die Ordenschronik, "die Mutter Gottes steht Gott sei Dank wieder im Mittelpunkt des Hospitals." Das Bild Hitlers, das zuvor "zwangsweise dieser vorgestellt" worden war, hängte man bei Aufräumarbeiten nach Bombenangriffen kurzerhand "rechts an der Wand auf" und stellte dabei fest: "Wenn auch im Hintergrund gestellt, war und blieb die Mutter Gottes die Herrin, Herrscherin und Schützerin des Hauses."

 Für viele Soldaten waren die Schwestern auch Seelsorgerinnen. In den ersten Kriegsjahren feierte man gemeinsam auch Feste wie St. Martin (hier ein Foto von 1941).

Für viele Soldaten waren die Schwestern auch Seelsorgerinnen. In den ersten Kriegsjahren feierte man gemeinsam auch Feste wie St. Martin (hier ein Foto von 1941).

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Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden fast 70 Prozent des Marienhospitals an der Sternstraße, das seit dem 15. November 1939 der Wehrmacht als Reservelazarett für verwundete und erkrankte Soldaten diente, durch Bombenangriffe zerstört. Die Schäden reichten dabei von zersplitterten Fenstern über ausgebrannte Räume bis hin zu zerbombten Gebäudetrakten. Doch davon ließen sich die Schwestern im Lazarett nicht entmutigen. Ihre Zuversicht und auch ihr Gottvertrauen bis zur "Stunde Null" wirken aus heutiger Sicht vielleicht etwas naiv oder verwunderlich, aber eben auch bemerkenswert.

Als in der Nacht vom 27. auf den 28. Januar 1943 nach den Fliegerangriffen auf Düsseldorf "das ganze Hospital in hellen Flammen" steht, kann man darin noch etwas positives sehen: "Auch dass das Licht im Keller noch funktionierte, haben wir als Gottes Schutz erkannt." Als die Stadt am 13. Juni 1943 dem Krankenhaus einen Wasserwagen mit Trinkwasser schickt, ist man sich sicher: "So sorgt der liebe Gott doch immer wieder für die Seinen." Dankbar zu sein für das, was man hatte und dafür, dass es das Lazarett nicht schlimmer getroffen hatte, ist eine wesentliche Maxime der Schwestern in der Kriegszeit.

 Wie durch ein Wunder starb (im Frühjahr 1945) bei den Angriffen auf das Hospital nur Dienstmagd Martha Hoppe, als sie einen Eimer Wasser aus dem Garten holen wollte.

Wie durch ein Wunder starb (im Frühjahr 1945) bei den Angriffen auf das Hospital nur Dienstmagd Martha Hoppe, als sie einen Eimer Wasser aus dem Garten holen wollte.

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Vielleicht war es dieses Gottvertrauen, das den Schwestern der Ordensgemeinschaft die physische und psychologische Kraft gab, trotz der näher rückenden Alliierten und der sich damit auch im Lazarett zuspitzenden Situation ihren "Liebesdiensten", wie man damals die Arbeit von Schwestern nannte, nachzugehen. Im Lazarett wurde ihnen schließlich viel abverlangt: Für viele Soldaten waren sie wie Seelsorgerinnen, denen sie - weit weg von ihren eigenen Familien - ihre Sorgen und Ängste anvertrauen konnten. Bei den Luftangriffen brachten die Schwestern jeden ihrer Patienten in die Kellerräume des Krankenhauses, manchmal zwei bis drei mal in einer Nacht. Dabei müssen sie über ihre Kräfte hinausgewachsen sein - wie sonst hätten die Frauen die Männer mehrmals von den oberen Stockwerken in die Schutzkeller befördern können?

Die Zeit, die man in den stickigen, überfüllten und schummrigen Kellern des Krankenhauses verbrachte, nahmen mit dem Kriegsverlauf zu. Der Krankenhausbetrieb fand fast ausnahmslos in den Kellern statt, wo man auch Platz für einen Altar geschaffen hatte. Geklagt wurde auch über diese Zeit nicht. "Jeder war zufrieden, denn jeder fühlte sich in Liebe geborgen; es war eine große Familie, eine Gottesfamilie", heißt es in der Hauschronik.

Hatte man einen Luftangriff überstanden, "stieg jedes mal ein heißes Dankgebet zum Himmel auf. Dank des besonderen Schutzes Gottes und der Patronin und Beschützerin des Hauses, der lieben Gottesmutter", war das Krankenhaus, so war man sicher, von schwereren Treffern verschont geblieben. Vom zunehmend desolaten Zustand der Anstalt ließ man sich nicht demotivieren. "Mit neuem Mut" machte man sich immer nach den Fliegerangriffen an die Aufräumarbeiten, speiste die Armen und Obdachlosen und leistete "Hilfe wo und wie es nur eben möglich war." Auch den Zwangsarbeitern in der Klinik, darunter Niederländer und Franzosen, die bei der Instandsetzung halfen, zeigte man Sympathie und Dank: "Dann legte die Schwester Anicia vom Brodzimmer ihnen Plätzchen, Teilchen oder ein Butterbrot auf die Fensterbank, und nachdem sie alsmal herübergeäugelt hatten, verschwand es."

Wie durch ein Wunder starb infolge der Bombenangriffe auf das Krankenhaus nur eine Frau (eine Dienstmagd). Als am 18. April 1945, dem Schutzfest des heiligen Josef, die Schwestern und Ärzte mit ihren Patienten die Schutzkeller verließen, machten sie sich pflichtbewusst direkt an die Aufgabe, die Krankenzimmer, Behandlungs- und Operationsräume und auch die Klausur der Ordensgemeinschaft wiederherzurichten. Ihr Gottvertrauen half ihnen auch, die schwere Nachkriegszeit zu überstehen.

(RP)
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