Werbeagentur Grey: Interview mit Dickjan Poppema "Grey wird wieder Platzhirsch in der Stadt"

Düsseldorf · Der Chef der Düsseldorfer Werbeagentur Grey spricht über die Sanierungsmaßnahmen und darüber, in einigen Jahren wieder zur Spitze des Werbestandorts Düsseldorf zu gehören.

 Dickjan Poppema hat auch weiterhin kein eigenes Büro: Er arbeitet im Großraumbüro, das würde die Zusammenarbeit erleichtern.

Dickjan Poppema hat auch weiterhin kein eigenes Büro: Er arbeitet im Großraumbüro, das würde die Zusammenarbeit erleichtern.

Foto: Andreas Bretz

Herr Poppema, Sie haben vor sechs Monaten verkündet, mit der Sanierung von Grey voran zu kommen. Die Pressekonferenz fand im Keller der Werbeagentur statt, um plakativ zu zeigen, wo Grey vor Ihrem Antritt stand. Wo steht die Agentur denn heute?

Poppema Auf jeden Fall nicht mehr im Keller (lacht). Es geht die Treppe aufwärts. Nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem, was die begehrten Preise angeht, sind wir einen Riesenschritt weiter, auch dank unseres neuen Kreativchefs Fabian Kirner.

Welche Preise hat die Agentur Grey geholt?

Poppema Wir haben zum Beispiel zwei Löwen in Cannes geholt, das hat es zuletzt vor 2009 gegeben. Und das, obwohl nur noch halb so viele Löwen an deutsche Agenturen vergeben wurden. Wir sind stolz darauf. Beide bekamen wir für unsere Kampagne für den Wörterbuch-Verlag Langenscheidt. Wir haben mit chinesischen, japanischen und anderen Schriftzeichen gearbeitet. Außerdem waren wir neun Mal auf der Shortlist, so nennen wir Werber das Halbfinale vor der Preisvergabe.

Zur Sanierung gehören nicht nur Preise. Probleme gab es bei Grey vor allem mit dem Personal. Haben Sie das Ruder erfolgreich herumreißen können?

Poppema Das kann man wohl sagen. Die Fluktuation liegt nun bei cirka 15 Prozent pro Jahr. Und das ist ein geradezu perfekter Wert. Unter zehn Prozent wäre schlecht, denn neue Leute bringen neuen Input in eine kreative Agentur. Und neue Leute erzeugen Reibung, positive Reibung. Mehr als 20 oder gar 25 Prozent Mitarbeiterfluktuation aber ist schlecht. Und davon sind wir wieder weit entfernt.

Bei einer Mitarbeiterumfrage 2011 hatten nur 39 Prozent der Mitarbeiter angegeben, im Folgejahr noch bei Grey arbeiten zu wollen. Wie sieht das heute aus?

Poppema Die Moral der Mannschaft war damals miserabel. Aber schon Mitte 2013 sagten 91 Prozent, sie wollten bei Grey bleiben. Und kommende Woche machen wir wieder eine solche Umfrage mit denselben Fragen. Ich bin gespannt, aber zuversichtlich, dass die Werte wieder gut ausfallen.

Wodurch glauben Sie, das Arbeitsklima bei Grey verbessert zu haben?

Poppema Unter anderem dadurch, dass wir auf die richtigen Leute setzen. Menschen mit dem Herz am richtigen Fleck wie zum Beispiel Fabian Kirner. Außerdem sind unsere Ziele und Strategie für alle klar. Und wir leben Ehrlichkeit. Das kommt bei den Mitarbeitern an. Das heißt Lob, und das inkludiert auch Kritik. Lob hören die Mitarbeiter selbstverständlich lieber als Kritik. Aber Lob wiegt nichts, wenn nicht auch kritisiert wird. Und im Übrigen: Nicht jeder ist immer nur toll. Auch die Chefs nicht.

Grey hatte vermutlich auch ein Kostenproblem, genau weiß die Öffentlichkeit das nicht, da Sie Ihre Zahlen nicht offenlegen. Was machen Sie diesbezüglich anders als Ihre Vorgänger?

Poppema Intern sind wir zu mehr Offenheit bei den wirtschaftlichen Zahlen übergegangen. Die Ziele zu kennen, ist wichtig für die Mitarbeiter. Und wir haben personell umgebaut. Mehr Leute im Geschäft am Kunden, dafür weniger Verwaltung. Insgesamt haben wir mit cirka 375 Mitarbeitern heute 20 mehr als vor einem Jahr. Ich nehme rechnerisch die Dienste einer halben Sekretärin in Anspruch, mein Vorgänger hatte zwei. Früher gab es zwei Chefs, den Job mache ich heute alleine. Genauso ist es mit der Kreativ-Leitung, einer statt zwei.

Anfangs sollen Sie kein eigenes Büro gehabt haben. Ist es bei der Entscheidung geblieben?

Poppema Ich habe kein eigenes Büro, ich sitze wie alle anderen im Großraum. Da spart man sich auch das Vorzimmer. Außerdem erleichtert es die Zusammenarbeit.

Sie sprachen gerade von einer größeren Offenheit, was die wirtschaftlichen Zahlen angeht. Wollen Sie auch uns an dieser neuen Offenheit teilhaben lassen?

Poppema Unsere Muttergesellschaft ist börsennotiert, deshalb dürfen wir keine separaten Zahlen für unseren Markt veröffentlichen. Ich kann Ihnen aber zwei Kennziffern nennen: Unser Umsatzplus wird mit weit über fünf Prozent besser ausfallen als im Vorjahr. Die Personalkostenquote liegt bei 60 Prozent vom Umsatz. Das sind hervorragende Werte.

Sie haben im letzten Interview mit der Rheinischen Post im Mai 2013 gesagt, Grey solle in Düsseldorf wieder Platzhirsch werden. Sind Sie bereits wieder der Platzhirsch?

Poppema Nein. Das ist nichts, was man in ein paar Monaten schaffen kann. Aber in drei bis vier Jahren werden wir wieder der Platzhirsch am wichtigen Werbestandort Düsseldorf sein.

Welche Neukunden konnte Grey dieses Jahr gewinnen?

Poppema Einige (lacht). Unser Büro in Berlin hat die Welt am Sonntag und Panasonic gewonnen, Deichmann und die E-Plus-Marke Ay Yildiz konnten wir verteidigen. Diese Woche müssen wir die Allianz davon überzeugen, bei uns zu bleiben. Ich bin da aber durchaus zuversichtlich.

Vor Ihrem Antritt unkten Branchenkenner, Sie könnten eine Marionette der Konzernzentralen in New York und London sein. Wie viele Weisungen erhalten Sie?

Poppema Angewiesen werde ich von dort gar nicht. Inzwischen erhalte ich aber anders als in der Anfangsphase Zielvorgaben aus der Zentrale, klar.

Werbeagenturen stehen seit Jahren im Verdacht, besonders auf Praktikanten zu setzen, um die Kosten zu drücken...

Poppema Wir haben im Jahr circa 30 Praktikanten für je sechs Monate, und das ist verdammt wenig, wenn ich das mal mit meinen früheren Arbeitgebern vergleiche. Aber wenn ein Mindestlohn für Praktikanten kommt, dann wird die Zahl wohl leicht sinken. Etwa 1500 statt 400 bis 500 Euro im Monat, und dazu die Folgekosten, das ist nicht wirtschaftlich. Aber wir werden weiterhin Praktikanten haben, denn wir haben ja auch eine gesellschaftliche Verantwortung.

Letzte Frage: Wird Grey wie versprochen den Werbestandort Düsseldorf stärken?

Poppema Ja, und ich habe auch ein konkretes Beispiel. Unsere Schwesteragentur "Grey Healthcare Group" zog im Juni mit 25 Kollegen an unseren Platz der Ideen. Von Köln aus.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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