Düsseldorf Große Bühne für junge Leser - und am Ende siegt ein Königsraub

Düsseldorf · Weiter Bühnenboden, Scheinwerferlicht. Eigentlich hätte Henrike Altemeier allen Grund, nervös zu sein. Lesewettstreit vor 180 Schülern - und dann auch noch als erste dran. Nur sie, der Tisch, das Mikrofon und ihr Buch "Lisa, Paul und Frau Fisch". Vier lange Minuten.

 Hannah Noll gewann den Lesewettstreit.

Hannah Noll gewann den Lesewettstreit.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Trotzdem ruhen Henrikes Hände auf den Seiten, als würde sie zuhause am Schreibtisch sitzen. Wie lange man wohl üben muss, um schon in der 4. Klasse, sie besucht die Gemeinschaftsgrundschule Lennéstraße, so souverän auf der Bühne zu stehen? Das beeindruckt selbst Profis wie Schauspielerin Teresa Zschernig vom Jungen Schauspielhaus, die durch das Programm führt.

Zum zwölften Mal hat der Düsseldorfer Lesewettstreit zum Welttag des Buches stattgefunden. Sechs Klassen sind gegeneinander angetreten - und gegen einen prominenten Gast. Andreas Schmitz, Aufsichtsratschef von HSBC-Trinkaus, hat Cornelia Funkes "Tintenherz" mitgebracht. Auch wenn Schmitz den meisten Kindern vorher eher nichts gesagt hat: Mit "Tintenherz" können fast alle jungen Leser etwas anfangen. Kinder als "Juniorreporter" stellen dem Banker einige Fragen. Liest er seinen Kindern vor? "Denen wohl eher nicht mehr", sagt Schmitz. Schließlich sind sie heute 24 und 17 Jahre alt.

Mehr als 2000 Kinder haben sich seit dem ersten Lesewettstreit 2003 beteiligt. Bei denen, die gleich auf die Bühne müssen, pocht auch im Jahr 2016 noch das Herz. "Der Königsraub an Rhein" hat sich Hannah Noll ausgesucht. Nicht ganz zufällig, wie die Schülerin der 6a des Suitbertus-Gymnasiums in Kaiserswerth erzählt. Schließlich liege ihre Schule an der Kaiserpfalz, und der vielleicht spektakulärste Königsraub des Mittelalters hat sich vor ihrer Haustür abgespielt. "Es geht um König Heinrich, das ist wirklich passiert und es passt zur Schule", sagt sie. Wie ist sie zum Auftritt gekommen? "Es wollte niemand anders."

"Ich bin Jan und stinknormal", sagt Julia Merkel von der 4b der Hermann-Gmeiner-Schule und meint damit natürlich das Buch, das sie in ihren Händen hält. Julia hat sich im Vorentscheid als beste Leserin durchgesetzt. Woran das gelegen hat? "Ich weiß es doch auch nicht", sagt sie. Dementsprechend groß die Aufregung: "Eigentlich traue ich mich so etwas gar nicht. Aber ich wollte mal etwas Neues ausprobieren", sagt sie. Vier Minuten - nicht viel Zeit, die Jury zu überzeugen. Neben Profis von kulturschaffenden und pädagogischen Einrichtungen hat auch die Junior-Jury ein Wörtchen mitzureden. "Natürlich will ich, dass meine Klasse gewinnt", sagt Juror Daniel Sturm, Klassenkamerad von Hannah Noll. "Aber ich versuche, fair zu bleiben."

Das Publikum musste eh nicht überzeugt werden, Jubelchöre vor den Auftritten, Stille währenddessen. Auch an den kreativen Buchvorstellungen der Klassenkameraden zeigt sich: Hier treten keine Einzelkämpfer an, der Sieg wird im Team geholt. Am Ende gewinnen Hannah und das Suitbertus-Gymnasium. Was nicht alles passieren kann, wenn sich einfach niemand anders meldet.

(lukra)
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