Kolumne rund ums Rathaus Große Mehrheit, kleiner Sieg für Jarzombek

Meinung | Düsseldorf · Mit machtpolitischem Geschick und einer guten Rede hat der CDU-Chef seine Wiederwahl gesichert. Er hat aber nur Zeit gewonnen.

 Peter Preuß (im Hintergrund) hat soeben wie zuvor Sylvia Pantel die Kandidatur für den Stellvertreterposten zurückgezogen. Parteichef Thomas Jarzombek beobachtet ihn.

Peter Preuß (im Hintergrund) hat soeben wie zuvor Sylvia Pantel die Kandidatur für den Stellvertreterposten zurückgezogen. Parteichef Thomas Jarzombek beobachtet ihn.

Foto: Andreas Endermann

Und plötzlich ist Politik wieder ganz einfach: Der heftig von seinen Stellvertretern attackierte Parteivorsitzende verbessert sein Ergebnis im Vergleich zur vorherigen Wahl um ein gutes Dutzend Prozentpunkte. Dann steht - völlig spontan und nur von ihrem politischen Herzen getrieben - eine ehemalige Bundestagsabgeordnete auf und schlägt für die Wahl der beiden Stellvertreter einen weiteren Kandidaten vor. Der Auserwählte nimmt die Nominierung ebenso spontan an. Die beiden, die damit per Wahl aus dem Vorstand gedrängt werden sollen, ziehen ihre Kandidatur zurück, und der Weg ist frei für den alten und neuen Chef sowie zwei ihm wohl gesonnene Mitmenschen. Doch wer hat hier wirklich gewonnen?

Thomas Jarzombek Die Rekordzahl von 345 Delegierten stand beim Parteitag für ein klares Signal. Die CDU-Basis will Ruhe, Geschlossenheit und endlich richtig Opposition machen. Jarzombek fand in seiner Rede die passende Mischung aus Demut ("Ich habe Fehler gemacht"), Opferrolle ("Die Kommunalwahl hat nicht die Partei verloren, auch nicht Dirk Elbers, sondern das OB-Büro") und Attacken gegen Oberbürgermeister Thomas Geisel. Das lange rhythmische Klatschen der überwiegend stehenden Delegierten nahm das Ergebnis von 77 Prozent vorweg. Doch Jarzombek hat mit diesem Glanztag kaum mehr als Zeit gewonnen. Die Partei braucht nun Programm und Profil, um bei den Wahlen 2017 Erfolge einzufahren. Sonst werden die gestern schweigenden, aber sehr wohl vorhandenen Gegner des Parteichefs sehr schnell wieder aus der Deckung kommen.

Angela Erwin Politischer Instinkt ist vererbbar. Das demonstrierte die Tochter des verstorbenen Oberbürgermeisters Joachim Erwin rund um den Parteitag. Früh erklärte sie Kandidatur für den Vize-Posten und Loyalität zu Thomas Jarzombek, dann trat sie in der Schlammschlacht des Vorstands nicht als Akteurin auf. Und als sie dann beim Parteitag ihre Vorstellungsrede halten sollte, erkannte sie, dass die Delegierten von der vorherigen Debatte schon müde waren. Sie legte demonstrativ ihr Manuskript zur Seite, hielt eine knappe, freie Rede und wurde mit 93,1 Prozent gewählt. Ihrem ersten großen Sieg könnten weitere folgen, zum Beispiel bei der Landtagswahl 2017.

Peter Blumenrath Der 30-Jährige ist das Symbol des Parteitags. Er steht für die Versprechen, die Jarzombek loyalen Parteifreunden macht und einhält. In den vergangenen Wochen war Blumenrath offiziell und inoffiziell im Sinne der Wiederwahl des Vorsitzenden sehr aktiv. Dafür wurde er nun nominiert und erhielt 256 von 276 Stimmen. Für die Wahlen 2017 ist er noch kein Kandidat, aber Loyalität zahlt sich - wenn die richtigen Leute an der Spitze bleiben - auch mittelfristig noch aus.

Sylvia Pantel Das rhythmische Klatschen für Jarzombek dürfte der Bundestagsabgeordneten bereits signalisiert haben, wie der Abend für sie läuft. Verzweifelt versuchte sie anschließend, einen Journalisten auf die Bühne zu bringen, der dort bestätigen sollte, dass sie ihm keine Partei-Interna an die Öffentlichkeit gegeben hat. Der Ehrenvorsitzende Klaus-Heiner Lehne unterband dieses skurrile Schauspiel, Pantel zog wenig später ihre Kandidatur für den Stellvertreter-Posten zurück. Mit nur 39 Prozent der Stimmen erhielt sie bei der Wahl der Beisitzer weiteren Stoff für die heimische Reflexion. Die Leidenschaft, mit der Pantel ihre Position vertrat, dürfte dennoch Eindruck gemacht haben. Es ist dieselbe Leidenschaft, mit der sie 2013 den für die CDU schwierigen Süd-Wahlkreis geholt hat - und als eine der ganz wenigen 2017 noch einmal holen könnte.

Peter Preuß Die nötige Portion Reue, die ein Parteitag nach solch einem Vorstands-Zwist erwartet, hatte der Landtagsabgeordnete leider zuhause vergessen. Er begab sich im Angesicht der drohenden Niederlagen auf die verzweifelte Suche nach Schuldigen und musste sich "Pfui"- und "Unverschämtheit"-Rufe gefallen lassen. Da aus dem Publikum auch Kritik an seiner Arbeit im NRW-Parlament laut wurde, wird er bis zur Nominierung der Landtagskandidaten Schwerstarbeit leisten müssen, um erneut aufgestellt zu werden.

Heidrun Leinenbach Während ihrer Vorstellungsrede glich die Herausforderin von Thomas Jarzombek einer Referendarin, die versucht, in der siebten Stunde eine achte Klasse zu unterrichten. Viele über den Boden kratzende Stuhlbeine waren zu hören, viele Delegierte zu sehen, die rein und raus laufen. Die Mischung aus Idealen von Franz Josef Strauß und einer Venetia war der Basis nicht gewinnbringend zu vermitteln. Wer in der Parteispitze aber die Vorschläge Leinenbachs zum Thema interne und externe Kommunikation gehört hat, tut gut daran, die Oberkasselerin, die mit 38,4 Prozent der Stimmen in den erweiterten Vorstand gewählt wurde, passend in die Arbeit einzubinden.

Die Landtagskandidaten In Düsseldorf gibt es vier Wahlkreise für das Landesparlament, in der CDU allerdings deutlich mehr Interessenten. Gemessen an den Ergebnissen der Beisitzer-Wahl genießt Olaf Lehne einen guten Rückhalt (68,8 Prozent), Andreas-Paul Stieber nicht in einem vergleichbaren Maße (41,1 Prozent).

(RP)
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