Günter Karen-Jungen (69, Grüne) Und Friedrich G. Conzen (68, Cdu) "Gute Ideen sind keine Frage des Alters"

Düsseldorf · Der erste und der dritte Bürgermeister sprechen über neue Aufgaben, junge Politiker und Schwarz-Grün.

Sie sind 68 beziehungsweise 69 Jahre alt. Wie reagieren Sie auf die Kritik, dass auch mal Jüngere Bürgermeister werden sollten?

Friedrich G. Conzen Wenn man fit ist, ist das keine Frage des Alters. Meine Kinder und Enkel sind meine schärfsten Kritiker und halten mich dadurch jung. Wir haben zum Beispiel ganz intensiv über die Kommunalwahl gesprochen.

Und wie haben die Jüngeren in Ihrer Familie den Wahlkampf der CDU beurteilt?

Conzen Das bleibt im Detail unser Geheimnis. Aber ganz allgemein kann man sagen, dass wir viel über unseren Auftritt diskutiert haben.

Herr Karen-Jungen, die Grünen haben doch viele profilierte Jüngere. War darunter niemand, der Bürgermeister werden wollte?

Günter Karen-Jungen Wir haben in der Fraktion natürlich auch diskutiert, ob eine der Kolleginnen das Amt bekleiden könnte. Da es ein zeitaufwendiger Posten ist, war dies aus beruflichen Gründen leider nicht möglich. Wir wollten jemand stellen, der das Amt wirklich ausfüllen kann, der die Stadt sowie die Politik gut kennt und der auf Menschen zugehen kann. Das trifft auf mich wohl zu.

Gibt es denn genug junge Menschen in der Düsseldorfer Politik?

Conzen Es könnten sicher mehr sein. Aber gerade junge Leute engagieren sich sehr stark im Beruf, für ihre Karriere. Dann ist es schwer, jeden Montag in die Fraktionssitzung zu kommen, an zwei Nachmittagen in Ausschüssen zu sitzen und sich dann noch Tage für den Stadtrat freizuhalten. Hinzu kommen die Erwartungen der Familie oder des Partners: Alles unter einen Hut zu bekommen, ist nicht einfach. Karen-Jungen Viele Junge wollen sich nicht für fünf oder sechs Jahre an den Ort und die Aufgabe binden. Ich würde mir natürlich wünschen, dass der Rat jünger wäre, aber ich bin auch Realist genug, um zu wissen, warum das nicht möglich ist. Gute Ideen sind zum Glück keine Frage des Alters. Die Jüngeren sind schneller, aber wir kennen die Abkürzungen. Conzen Wichtig ist, dass Sie viel mit Menschen sprechen, viel lesen, sich andere Orte angucken, um sich Anregungen zu holen. Karen-Jungen Man muss sich von seiner Grundhaltung ausgehend immer wieder öffnen. Conzen Und vielleicht auch mal spinnen. Das heißt, der Fantasie freien Lauf zu lassen. Karen-Jungen Genau. Wir haben in den vergangenen 20 Jahren zu wenig Kreativität im Rathaus erlebt. Wir waren zu sehr auf parteipolitische Aspekte festgelegt, obwohl der Stadtrat gerade kein Parlament ist, sondern Teil der kommunalen Selbstverwaltung.

Ist diese Einsicht dann doch Frage eines gewissen Alters?

Conzen Man muss solche Phasen schon erlebt haben, um das zu wissen. Ich bin deshalb auch der Meinung, dass wir im Stadtrat mehr miteinander sprechen müssen. Dann lernt man sich schätzen - und sieht die Ideen des anderen auch anders. Karen-Jungen Wenn wir die Ideen der anderen nicht abtun, nur weil sie nicht unsere eigenen sind, dann wären wir schon weiter.

Für welche Ideen wollen Sie in Ihrem neuen Amt die anderen begeistern?

karen-Jungen Ich möchte, dass die Bürgermeister näher zu den Menschen kommen. Ich würde gerne Bürgersprechstunden in den Stadtteilen anbieten und im Rathaus eine Art Café einrichten, in dem wir Bürgermeister als Ansprechpartner für die Menschen da sind. Und ich möchte, dass die Bürgermeister über eine eigene Internetseite für die Bürger jederzeit erreichbar sind.

Wie gefallen Ihnen diese Ideen, Herr Conzen? Würden Sie sich ins Rathaus-Café setzen?

Conzen. Das würde ich sicher machen. Wir müssen zuverlässige Vermittler zwischen Bürgern und Politik sein.

Sie haben beide eine Erfahrung gemacht, die dem anderen nun bevorsteht. Herr Conzen, welche Unterschiede wird Herrn Karen-Jungen zwischen seinem früheren Amt als Fraktionsvorsitzender und seiner neuen Aufgabe als Bürgermeister kennenlernen?

Conzen Man ist nicht mehr dem Druck aus der Fraktion ausgesetzt. Wir können uns als Bürgermeister auch einfach mal treffen und austauschen. Karen-Jungen Das gefällt mir. Schließlich sind wir nicht Bürgermeister der CDU oder der Grünen, sondern der Stadt. Vielleicht kann ja auch bei der Aufgabenverteilung darüber reden, wer was gerne macht, statt streng nach Hierarchie zu entscheiden. Conzen Wir können es ja mal versuchen.

Herr Karen-Jungen, Sie haben vor drei Jahren den Posten des Fraktionsvorsitzenden abgegeben, Herr Conzen hat dies nun getan. Was raten Sie ihm?

Karen-Jungen Mir hat jemand damals gesagt, ich sei nun aufgestiegen vom Häuptling zum Medizinmann. Das ist eine neue Rolle. Sie gut zu erfüllen, heißt sich nicht einzumischen, sondern zur Verfügung zu stehen, wenn die Nachfolger einen Ratschlag brauchen. Und es wird für Sie sehr erleichternd sein, dass Sie sich nicht mehr um alles kümmern müssen. Conzen Das fand ich jetzt in der ersten Sitzung schon sehr angenehm, dass man alles mitkriegt, aber nicht mehr alles machen muss.

Herr Karen-Jungen, werden Sie als Grüner einen Dienstwagen haben?

Karen-Jungen Ich weiß nicht, ob ich den brauche. Ich kann mir vorstellen, dass es günstiger geht. Vielleicht mit dem Taxi oder einem kleinen Elektromobil. Conzen Mit dem müssen Sie immer einen Parkplatz suchen. Das ist das Angenehmste am Dienstwagen, dass Sie vor Ihren Terminen keinen Parkplatz suchen müssen. Karen-Jungen Ich muss gucken, wie der Betrieb so läuft und prüfen, welche Notwendigkeiten es gibt. Ich bin jetzt viel mit der Bahn und dem Rad unterwegs, das möchte ich auch weiter so machen.

Wenn man Sie beide so erlebt, scheint es aus Ihrer Sicht bedauerlich, dass eine schwarz-grüne Koalition erst einmal vom Tisch ist?

Karen-jungen Bedauerlich ist das falsche Wort. Die jetzigen Verhandlungen für eine Ampelkoalition sind Ergebnis einer Wahl, dem stellen wir uns. Wir gehen mit der festen Absicht in die Verhandlungen mit SPD und FDP, diese zum Erfolg zu führen. Wenn dies gelingt, bin ich sicher, dass wir viele Kompromisse finden werden, die die CDU auch mittragen kann. Wenn die Ampelverhandlungen scheitern, werden wir sicher auch wieder mit der CDU sprechen. Conzen Im Augenblick ist es so entschieden, dass SPD, FDP und Grüne verhandeln. Mal sehen. ob sie es schaffen. Wenn wir es zugleich hinbekommen, dass wir uns besser verstehen, wäre das auch schön. Karen-Jungen Die entspannte Vergabe der Posten streng nach dem Wahlergebnis und nicht nach einer abgesprochenen Liste einzelner Fraktionen war doch jetzt schon mal ein Zeichen einer sich wandelnden politischen Kultur.

CHRISTIAN HERRENDORF UND UWE-JENS RUHNAU FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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