Studenten in der Internet-Parallelwelt Heine-Uni erobert Second Life

Düsseldorf · Als eine der ersten Hochschulen in Deutschland belebt die Heinrich-Heine-Uni die Internet-Parallelwelt "Second Life". 25 Studenten errichten Ritterzelte und eine altenglische Versammlungshalle auf einer Insel. Das didaktische Potential des Seminars soll für die Lehre genutzt werden.

 Dozentin Kirsten Reichelt mit ihrem Avatar „Rhiannon Longship“. Die Studenten werden sich auch einen zulegen müssen.

Dozentin Kirsten Reichelt mit ihrem Avatar „Rhiannon Longship“. Die Studenten werden sich auch einen zulegen müssen.

Foto: Uni Düsseldorf

Es ist der Traum eines jeden Studenten: Der Hochschüler kuschelt sich gemütlich ins warme Bett, hat die Füße in die Decke eingewickelt. Dann schaltet er den Laptop ein, der auf seinem Bauch liegt - und schon ist er im Hörsaal. Was bisher Wunsch zahlreicher Hochschüler war, kann an der Heinrich-Heine-Uni Realität werden: Mit Beginn des Wintersemesters 2007/08 startet das Anglistische Institut an der Philosophischen Fakultät ein Pilotprojekt, das der Vorläufer für zukünftige Seminarreihen werden könnte.

"Once and Future World - The Middle Ages in Second Life”, lautet der Titel des literaturwissenschaftlichen Seminars, welches das englische Mittelalter mit der Zukunft in der virtuellen Welt des "Second Life" verbinden soll. Ort des Geschehens ist ein Dorf, das auf der virtuellen Insel "European University" liegt. Dieses Dorf müssen die Studenten in verschiedene Epochen der Geschichte einteilen und sie greif- und sichtbar machen.

"Die Themen ordnen wir Gebäuden zu, die bereits stehen", erklärt Dozentin Kirsten Reichelt. Und genau hier wird der Anreiz mit der Wissenschaft verbunden. Ritterzelte, Bauernhäuser, eine große altenglische Versammlungshalle und ein Wikingerschiff werden das geplante, öffentlich zugängliche Online-Freilichtmuseum ausmachen. "Es soll wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, aber gleichzeitig attraktiv für die Studenten sein", sagt Kirsten Reichelt. Und gerade diese Balance ist es, die Professor Wilhelm Busse, Leiter des Lehrstuhls für Mittelalterliche Literatur und Historische Linguistik, von dem Konzept überzeugt hat.

Denn ganz so entspannt wird das Seminar dann doch nicht für den Anglistik-Studenten werden. Jeden Freitag ist die physische Präsenz der Teilnehmer im Rechenzentrum der Universität gefragt, damit der akademische Anspruch gewahrt bleibt. Die meiste praktische Arbeit am Dorf können die Projektgruppen jedoch zu Hause leisten und erhalten dabei Online-Unterstützung von Tutoren.

Die Hauptaufgaben sind: Recherche und Aufbereitung von alt- und mittelenglischen Texten sowie das Einfügen in die Welt von Second Life. Doch das soll nach den Vorstellungen der Dozenten Rainer Holtei und Kirsten Reichelt noch nicht alles sein. "Wir können die Gebäude auch wieder abreißen und bessere bauen. Kreativität ist gefragt", erklärt Rainer Holtei. Rund 2000 Euro hat das Institut in das Projekt investiert. Und hat dabei auch für ein Jahr die Fläche im Netz gemietet. Sogar ganze Vorlesungsveranstaltungen innerhalb des Internets sind vorstellbar. Das didaktische Potential des Seminars soll für die Lehre - auch in anderen Instituten - genutzt werden.

Besucher hingegen dürfen sich freuen. Geführte Rundgänge, das Lösen von altenglischen Rätseln und von Studenten gelesene Textauszüge sind nur einige der Vorhaben, die die Gäste künftig auf der Insel erwarten dürfen. Und einen weiteren Vorteil gibt es zudem: Wer krank ist, kann sich eingehüllt in eine warme Decke vom Bett aus ins Seminar einklicken - egal ob Student oder Dozent.

(RP)
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