Düsseldorf Achenbach-Auktion: Rekorderlös für die Affenbande

Düsseldorf · 1600 Bieter ersteigerten am ersten Tag der Achenbach-Auktion in Düsseldorf Kunst zu marktgemäßen Preisen. Die Familie war vor Ort.

 Über eine Million erbrachte der erste Auktionstag. Dieser 1,85 Meter große Affe von Jörg Immendorff wurde für 46 000 Euro versteigert.

Über eine Million erbrachte der erste Auktionstag. Dieser 1,85 Meter große Affe von Jörg Immendorff wurde für 46 000 Euro versteigert.

Foto: Andreas Endermann

"Die Geier stürzen sich auf die Beute eines Betrügers." So böse fällt der Kommentar eines Auktionsbesuchers gestern in Düsseldorf aus. Und eine vornehme Dame fragt in die Runde vor der Eingangstür: "Ist das nicht Leichenfledderei, was wir hier betreiben?" Diese beiden sind indes die Ausnahme in der Lagerhalle, die einst dem in Haft sitzenden Kunsthändler Helge Achenbach diente, um all die Kunst-Stücke und die Oldtimer-Schätzchen aufzubewahren, die er an den Mann bringen wollte.

Das Ende dieser Kunstdeals ist bekannt: Die Gläubiger fordern zig Millionen von Achenbach zurück. Insolvenzverwalter Marc d'Avoine muss den ehemaligen Besitz, dessen er habhaft werden konnte, flüssig machen und hat sich unter den in Frage kommenden Auktionshäusern für Van Ham aus Köln entschieden. Dessen Konditionen, das sagt d'Avoine gestern, hätten ihm am meisten zugesagt. Jetzt hat Van Ham mit Riesenaufwand eine Lagerhalle in ein perfekt funktionierendes Auktionshaus verwandelt. Die Zufahrten im Industriegelände sind gut ausgeschildert, Parkplätze ausgewiesen, vor den Türen steht die Security. Es gibt eine Kaffeebude, einen Würstchenstand, und mittags kommt der Eismann.

Vorspiel Punkt zehn sind etwa 200 Kauflustige vor Ort. Sie sind die wichtigen Akteure, die Jäger, die mitbieten oder verzichten. Telefonisch sind sicher noch einmal genauso viele Menschen zugeschaltet, der Rest online. 1600 Bieter zählt man insgesamt. Vor dem Aufruf des ersten Loses gibt Auktionator Markus Eisenbeis vom Pult herunter wichtige Infos. Leider habe man noch am selben Tag etwa 20 Kunstwerke aus der Auktion herausnehmen müssen, weil Besitzansprüche von Dritten angemeldet worden waren. Bei mehr als 2000 Losen, die bis Freitagabend in Düsseldorf nach der Devise "Alles muss raus!" unter den Hammer kommen, fielen aber diese 20 Stücke ebenso wenig ins Gewicht wie die Werke des Künstlers Ernst Hesse, die er vorab zurückgefordert hatte. Am Rande erfährt man, dass hinter den Kulissen immer noch ein prüfender Stab von Rechtsanwälten mit der laufenden Auktion befasst ist.

Ablauf Nur mit Personalausweis oder vorheriger Anmeldung erhält man Zutritt, beim Einlass werden die Zahlungsmodalitäten geklärt. Ist alles in Ordnung, gibt es eine gelbe Bieterkarte mit Nummer. Bei jedem Werk, das zum Aufruf kommt, kann jeder mitbieten. Karte hoch heißt, "ich erhöhe", je nach Summe in kleineren oder größeren Schritten, die von 20 Euro bis 100 Euro reichen. Links vom Auktionatorenpult finden die anonymen elektronischen Bieter in einem Stab von Mitarbeitern ihre Vertreter. Diese zücken weiße Karten. Im Schnitt wird jede Minute ein Werk zugeschlagen, es geht langsamer als gewohnt, denn im Publikum sitzen auch Neukunden, die zögerlicher sind, weil sie noch nie an einer Auktion teilgenommen haben. Normalerweise werden rund 100 Lose in einer Stunde verhandelt, das sagt Van-Ham-Sprecherin Srikiow. Interessierte können sich die Auktion hier im Livestream ansehen.

So lief der Fall Helge Achenbach
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So lief der Fall Helge Achenbach

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Foto: Andreas Endermann

Kunden Wissend gucken, cool bleiben, bloß keine Gier verraten! So müsse man sich geben, rät ein Profi dem neben ihm sitzenden Neueinsteiger. Die Kundschaft könnte heterogener nicht ausfallen, bunte Vögel sitzen neben seriös gekleideten Pensionären und Geschäftsleuten, viele Galeristen sind vor Ort und auffallend viele jüngere Menschen, darunter Ärzte, Studentinnen, auch ein Polizist. Aus Hamburg ist eine hanseatisch-steife Gruppe von drei Männern angereist, die vorne sitzen und alles Mögliche für vermögende Kunden erwerben wollen. Recht oft hebt einer von ihnen die Karte. Überhaupt kaufen viele für andere, deren Namen sie nicht nennen wollen. Die meisten haben bunte Lesezeichen in den Katalog geklebt, die Werke markiert, auf die sie es abgesehen haben. Auch handschriftliche Notizen finden sich, meist ist es die persönliche Höchstgrenze. Eine Gruppe junger Männer ist offenbar ein Walter-Dahn-Fanclub. Jede Menge Blätter ersteigern sie, liefern sich schnelle, spannende Preiskämpfe mit der Konkurrenz am Telefon.

Achenbach-Clan Helge Achenbach war gestern Morgen in der Haftanstalt nicht online, konnte die Auktion also nicht mitverfolgen. Seine Frau Dorothee sowie sein Sohn David kommen am Vormittag und Nachmittag, beide mit Bieterkarten ausgestattet. David Achenbach bietet mit Freunden zusammen auf einige Stücke, Dorothee Achenbach leidet. Sie seufzt bei einigen Losen unüberhörbar, ein Beuys-Blatt hätte sie wohl gerne gehabt, viele der Werke hingen einst bei ihr zu Hause. Dieser Ausverkauf ist schwer für sie. "Es hat Stil, dass Frau Achenbach da ist", sagt Patricia Schmuch, Frau des Galeristen Kai Brückner.

Helge Achenbach als Zeuge vor Gericht
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Achenbach sagt als Zeuge aus

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Foto: dpa, rwe fdt

Preise Brückner drückt die Sorge einiger Galeristen aus um ihre Künstler, im Vorfeld hatte man angesichts der niedrigen Schätzpreise befürchtet, dass bei dieser Auktion Bilder zu Schleuderpreisen weggehen, die Künstlernamen dadurch beschädigt werden könnten. Doch so weit kommt es nicht. Das Publikum erweist sich als sachkundig, das Preisniveau, so der Galerist aus Düsseldorf, sei in Ordnung. Andreas Sturies, Kunsthistoriker, Sachverständiger und selbst Auktionator in Düsseldorf, teilt dieses Urteil. Er hat extern auf einige Preise geschaut. Sein Urteil: "Große Namen laufen wie von selbst. Es sind gute stolze Preise, angemessen und normal für eine Insolvenzversteigerung ohne Vorgabe. Diese Preise gehen in der Mehrzahl nicht am Markt vorbei."

Ergebnis Am Abend kommen die großen Immendorff-Affen unter den Hammer, 22 Telefon-Gebote liegen vor. Eisenbeis rechnet mit Spitzenpreisen bis 35 000 Euro, am Ende bringen die Affen 46 000 Euro. Das begehrteste Tier aus Bronze mit dem Gesicht von Joseph Beuys wird allerdings erst am Samstag in Köln versteigert. Dort werden die rund hundert Blue Chips versilbert. Rekorde erwartet Eisenbeis von Gerhard Richters Bildern.

Bis mittags ist schon die Viertelmillion erreicht, am Abend die Million. Für Eisenbeis hat sich das Ganze schon jetzt gelohnt, "ich geh' nicht mit Verlusten heraus", sagt er. Die Publicity sei mit Geld nicht aufzuwiegen, der Erwerb von Neukunden sein Kalkül gewesen. Wie viel am Ende an die Gläubiger geht, steht noch dahin.

(RP)
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