Reker-Prozess in Düsseldorf Bundesanwalt erteilt Frank S. eine Lektion

Düsseldorf · Der Reker-Attentäter muss mit einer Verurteilung wegen versuchten Mordes rechnen – das machte die Bundesanwaltschaft am Donnerstag in ihrem Plädoyer klar. Bundesanwalt Lars Otte wandte sich in seinem Plädoyer direkt an den Angeklagten.

Attentat auf Henriette Reker: Frank S. vor Gericht in Düsseldorf
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Reker-Attentäter Frank S. vor Gericht in Düsseldorf

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Foto: dpa, obe fdt

Der Reker-Attentäter muss mit einer Verurteilung wegen versuchten Mordes rechnen — das machte die Bundesanwaltschaft am Donnerstag in ihrem Plädoyer klar. Bundesanwalt Lars Otte wandte sich in seinem Plädoyer direkt an den Angeklagten.

Lars Otte hat ein Gespür für Dramatik. Der Auftritt des Generalbundesanwalts vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht zielt auf die Wirkung der Worte, die Otte für den Angeklagten Frank S. und seine Tat findet. Trotz Mikrophon klingt seine Stimme leise, so leise, dass die Vorsitzende Richterin sein Plädoyer unterbricht und ihn bittet, lauter zu sprechen.

"Herr S., Henriette Reker ist keine Schuldige, sondern Opfer eines Verbrechens, das sie fast das Leben gekostet hat. Und Sie sind kein Opfer, kein politisch Verfolgter, sondern ein Straftäter, der sich für berechtigt hielt, seine politischen Ideen mit Gewalt durchzusetzen."

Otte kann sich nicht verkneifen, Grundsätzliches zum Verhalten des Angeklagten während des Prozesses anzumerken. Henriette Reker und letztlich auch der Angeklagte hätten großes Glück gehabt, dass dessen Taten keine schlimmeren Folgen gehabt hätten.

Frank S. hat vor dem Plädoyer eine Tirade losgelassen, in der er die Prozessbeteiligten als Teil eines korrupten Systems diffamiert und das Gutachten des forensischen Psychiaters Norbert Leygraf als "Gefälligkeitsgutachten" abtut. Dieser hatte einen Tag zuvor im Prozess ausgesagt und bei Frank S. eine Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und paranoiden Persönlichkeitsanteilen diagnostiziert. Auch seinen Verteidiger Jasper Marten beleidigt Frank S..

Die Bundesanwaltschaft sieht es als erwiesen an, dass Frank S. sich am Vorabend der Tat zum Angriff auf Henriette Reker entschlossen hat. Die Bundesanwaltschaft hatte ihm versuchten Mord in Tateinheit mit vierfacher gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen, weil Frank S. die damalige Kandidatin für das Oberbürgermeisteramt am 17. Oktober 2015 mit einem Messer attackiert hatte. Die Tatvorwürfe aus der Anklageschrift seien im Zuge der Beweisaufnahme weitestgehend bestätigt worden.

Daher fordern Lars Otte und sein Vertreter Stephan Stolzhäuser, Richter am Landgericht, lebenslängliche Haft, also 15 Jahre, für den Angeklagten. Als er das verkündet, blickt er in den Zuschauerraum, wo die Medienvertreter sitzen. Die Bundesanwaltschaft sieht keine Anhaltspunkte für eine Schuldminderung.

Für den Angeklagten sprächen sein weitgehendes Teilgeständnis, seine Lebensgeschichte, die vom psychiatrischen Gutachter diagnostizierte Persönlichkeitsstörung, die zwar für die Schuldfähigkeit nicht relevant aber maßgeblich für die Tat sei, seine schwierige Lebenssituation als arbeitsloser, einsamer Mann ohne Perspektive, der Versuch einer Entschuldigung bei Henriette Reker vor Gericht und die Tatsache, dass er nicht vorbestraft sei. Etwaige Gefängnisstrafen hat Frank S. verbüßt, sie sind für dieses Verfahren nicht relevant.

Gegen Frank S. aber spricht nach Auffassung der Bundesanwaltschaft, dass seine Tat sogar zwei Mordmerkmale erfüllt: Heimtücke und niedere Beweggründe. Auch die gesundheitlichen Folgen des Messerangriffs bei den Opfern sprechen gegen ihn sowie die hohe kriminelle Energie und die Gefährlichkeit seiner Tat. "Es fällt mir schwer, mir einen Messerangriff vorzustellen, der noch gefährlicher wäre", sagte Otte im Plädoyer. Es sei nur dem Zufall zu verdanken, dass nichts Schlimmeres passiert sei.

Dass Frank S. das Messer abgelegt und die heutige Kölner Oberbürgermeisterin nicht weiter angegriffen habe, wertet die Bundesanwaltschaft nicht als Rücktritt vom Mordversuch. Darauf wird die Verteidigung in ihrem Plädoyer sicherlich noch zu sprechen kommen. Das Gericht muss nun entscheiden, ob es den Forderungen der Bundesanwaltschaft folgen wird. Das Urteil wird am 1. Juli gesprochen.

(heif)
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