Düsseldorf Hermann Schmitz ist der Karneval in Person

Düsseldorf · Der 76-Jährige war elf Jahre Hoppeditz, einmal Prinz und leitet nun den Rosenmontagszug.

Hermann Schmitz war elf Jahre der Hoppeditz in Düsseldorf
Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Seinen ersten Auftritt hatte Hermann Schmitz etwa Ende der 1940er Jahre. Als kleiner Junge steht er auf einem Stuhl in einer Kneipe in Unterrath und erzählt Gästen einen Witz nach dem anderen. Rund 40 Jahre später folgt sein wohl größter Auftritt: 11. November 1989, der Mauerfall liegt gerade anderthalb Tage zurück. Schmitz fährt mit einem Trabant auf den Marktplatz. Die Menge jubelt. Er steigt aus, klettert auf die Statue von Jan Wellem und hält seine Hoppeditz-Rede. Es sind zwei Ereignisse aus dem Leben von Hermann Schmitz, die viel über ihn verraten. Der 76-Jährige personifiziert wie kaum ein anderer den Düsseldorfer Karneval, der für viele Menschen Heimat bedeutet.

"Als ich als Kind zum ersten Mal den Hoppeditz gesehen habe, habe ich mir gesagt: ,Das willst du auch machen'", erinnert sich Schmitz. Auch in der Schule sei er immer der Klassenclown gewesen. Sein Traum wurde 1980 wahr. Wolfgang Schackow, damals Präsident des Comitee Düsseldorfer Karneval, machte ihn zum Hoppeditz. Elf Jahre hatte Schmitz die Rolle der fiktiven Figur inne, die am 11.11. erwacht und am Aschermittwoch verbrannt wird. Spektakuläre Auftritte, wie der im Wende-Herbst 1989, hat er gemocht. Gerne wäre er auch mal mit dem Fallschirm auf dem Marktplatz gelandet, sagt er, doch dafür habe es keine Genehmigung gegeben.

Um die Menschen vor dem Rathaus für sich zu gewinnen, sei Aktualität besonders wichtig. Frühestens vier Wochen vor dem Termin habe er mit dem Schreiben der Rede begonnen. Die Themen müssten sich in erster Linie um Lokales drehen, doch auch die Weltpolitik dürfe je nach Lage aufgegriffen werden. Beim Schreiben der Rede sei die Hilfe von Jupp Schäfers, besser bekannt als "Altstadt-Poet" Schäfers Jupp, unverzichtbar gewesen. "Wenn ich fünf Sätze geschrieben habe, hat er später daraus einen gemacht", sagt Schmitz über seinen Ziehvater. Denn auch das sei ein Geheimnis der perfekten Hoppeditz-Rede: Länger als 15 Minuten dürfe sie nicht dauern.

Es gibt auch Dinge, die laut Schmitz in einer Hoppeditz-Rede nichts zu suchen haben: Äußerungen, die in irgendeiner Form als ausländerfeindlich gedeutet werden könnten, sollten unbedingt vermieden werden. Ebenfalls tue man sich als Hoppeditz keinen Gefallen, wenn man sich negativ über Fortuna äußere - auch, wenn das manchmal nicht so einfach ist.

Die nötige Erfahrung für seine großen Auftritte am 11.11. hatte Schmitz auf den Karnevalsbühnen im Rheinland gesammelt. Mit seinem Partner Werner Ruhnau, der vergangenes Jahr verstorben ist, war er ab den späten 1960er Jahren als "Kofferduo" unterwegs. Beide waren auch in Köln populär, was für Karnevalskünstler aus Düsseldorf nicht gerade eine Selbstverständlichkeit ist.

Die Inspiration für seine Witze und Sticheleien hat sich Schmitz immer aus dem Alltag geholt. Zum Beispiel aus dem Uerige, wo er am liebsten am Durchgang zwischen den Räumen "Neweaan" und "Handwerkerstube" sitzt. Wenn Pointen im Brauhaus funktionieren, sei das ein zuverlässiger Indikator für Massentauglichkeit.

Aber Hermann Schmitz, der Prinz Karneval von 1993 und gegenwärtig Rosenmontagszugsleiter und Ehrenpräsident der Unterrather Funken Blau-Gelb, kann auch genug vom Karneval haben. Früher hat er sich regelmäßig am Veilchendienstag nach Südtirol verabschiedet und die Hoppeditz-Verbrennung geschwänzt. Im Grödnertal hat der Mann, der auf Knopfdruck jeck sein kann, über einen längeren Zeitraum einfach mal geschwiegen. Das Schöne am Alter sei, dass er keinen Druck mehr verspüre, irgendwas zu verpassen, sagt Schmitz. Oder, um es mit einer seiner Pointen auszudrücken: "Gibt es irgendwas, was Sie im Karneval noch nicht gemacht haben?" - "Ja, früh nach Hause zu gehen."

(RP)
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