Düsseldorfer Kunsthändler Die Tränen der Reue des Helge Achenbach

Essen · Nach knapp zweieinhalbstündiger Verlesung seiner schriftlichen Aussage versagte Helge Achenbachs Contenance. Unter Tränen bat er die Familie des verstorbenen Berthold Albrecht um Verzeihung. "Ich habe sein Vertrauen in mehreren Fällen nicht gerechtfertigt."

Helge Achenbach: Bilder vom Prozessauftakt
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Beobachter hatten ein Geständnis des international bekannten Kunstberaters, der am 10. Juni festgenommen worden war und seither in Untersuchungshaft sitzt, längst erwartet. Doch noch zum Prozessauftakt vergangene Woche hatten die Verteidiger Achenbachs die Betrugsvorwürfe zurückgewiesen. So kam das Teilgeständnis am Montagmorgen dann doch überraschend.

Achenbach räumte ein, dem Aldi-Nord-Erben Berthold Albrecht bei dessen Kunst-Einkäufen überhöhte Rechnungen ausgestellt zu haben. Er habe angenommen, dass Albrecht davon ausgehe, dass in den Preisen Achenbachs Marge enthalten sei. Aber gesprochen habe er nicht mit ihm darüber, dass er für seine Vermittlung und Beratung neben der vereinbarten fünfprozentigen "Handling Fee" auch nicht ausgewiesene Preisaufschläge kassierte.

Bei den ersten beiden Gemälden, die er Albrecht verkauft habe, sollten die Aufschläge das wirtschaftliche Risiko des Beraters abdecken. Denn er habe Albrecht eine weitreichende Rückgabe-Garantie eingeräumt. "Für die brauchte ich einen Puffer, aber das habe ich nicht mit ihm besprochen. Ich wollte großzügig erscheinen. Das war falsch — er hätte es sicher akzeptiert."

Jenem ersten "Sündenfall", wie Achenbach die verdeckten Preisaufschläge für zwei Kunstwerke von Kokoschka und Kirchner nannte (er kassierte dafür rund 2,7 Millionen Euro), seien mehrere Geschäfte gefolgt, in denen der Berater keine Aufschläge berechnete und auch keine "Collagen" fertigte.

Collagen — so nannte Achenbach die Rechnungen von Galerieren und Verkäufern, die er per Hand veränderte, bevor er sie an seinen millionenschweren Kunden weiterreichte. Er habe sich — das ließ er immer wieder durchblicken — nicht einmal große Mühe damit gemacht. "Albrecht war Kaufmann, er hat das leicht erkennen können. Aber er hat mich nie darauf angesprochen." Auch deshalb habe er angenommen, dass Albrecht mit den stillschweigenden Preisaufschlägen ebenso stillschweigend einverstanden gewesen sei.

In dem er sich beim Verkauf mehrere Gemälde jedoch keine Zulage genehmigte, habe er "auch mein Gewissen beruhigen wollen". Doch dann habe er Geld gebraucht. Für die Monkey's Restaurants am Graf-Adolf-Platz. Als Achenbach aussprach, was Insider längst vermuteten, versagte ihm zum ersten Mal die Stimme, der Prozess musste unterbrochen werden.

Zwanzig Minuten später schien sich Achenbach wieder im Griff zu haben. Mit fester Stimme beschrieb er die Oldtimer-Geschäfte, zu denen erst Berthold Albrecht ihn gebracht habe, widersprach in jedem Punkt den Vorwürfen der Anklage. Bei Albrechts Fuhrpark habe es keine verdeckten Preisaufschläge gegeben.

Das aber wirft ihm nicht nur die Anklage, sondern auch die Familie Berthold Albrechts vor, die ihn auf Schadenersatz von 19,3 Millionen Euro verklagt hat. Darüber wird im Januar in Düsseldorf entschieden werden. Achenbachs privates und Teile des Firmenvermögens stehen daher unter Arrest, mehrere seiner Firmen haben Insolvenz angemeldet.

Er habe mit Berthold Albrecht gute Zeiten verbracht, "wir hatten viel Spaß zusammen, ein freundschaftliches Verhältnis", sagte Achenbach am Ende seiner Aussage. "Er hat mir vertraut." Nachdem sich der Angeklagte unter Tränen an die Familie des 2012 verstorbenen Aldi-Erben gewandt hatte, rang er noch einmal um Fassung, schlug mit der Hand auf den Tisch: "Auch meine Familie hat sehr viel zu leiden in dieser Zeit — und ich habe das ganz allein zu verantworten."

Achenbachs Frau Dorothee war am zweiten Prozesstag erstmals im Gerichtssaal. Auf dem Flur zollt ihm sein Verteidiger Hochachtung. "Zu den Fehlern stehen, die er begangen hat — das kann nicht jeder. Schon gar nicht, wenn er so in der Öffentlichkeit steht, wie Helge Achenbach." Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.

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