Düsseldorf Historikerin recherchiert Schicksal jüdischer Anwälte

Düsseldorf · Susanne Mauss veröffentlicht Buch mit 198 Biografien aus dem OLG-Bezirk Düsseldorf zwischen 1933 und 1945.

 Historikerin Susanne Mauss mit Wolfgang Rolshoven, dem Baas der Düsseldorfer Jonges

Historikerin Susanne Mauss mit Wolfgang Rolshoven, dem Baas der Düsseldorfer Jonges

Foto: Bernd Schaller

Herausforderungen nimmt Susanne Mauss gerne an. Und so war es für die Historikerin keine Frage, als Wolfgang Rolshoven, Baas der Düsseldorfer Jonges, sie bat, vor dem Heimatverein über das Thema ihres aktuellen Buchs zu referieren. Vor 400 Männern. "Warum nicht?", erwiderte sie augenzwinkernd und nahm die Einladung gerne an.

Im Henkel-Saal sprach sie über ein dunkles Kapitel der Düsseldorfer Geschichte: die Schicksale jüdischer Rechtsanwälte im Oberlandesgerichts-Bezirk Düsseldorf während der Nazi-Herrschaft von 1933 bis 1945. "Nicht zugelassen" ist der Titel des Buchs, für das sie im Auftrag der Rechtsanwalts-Kammer recherchierte. 198 Biografien und 1200 Personen kommen darin vor, Lebensläufe von Eltern, Ehepartnern oder Kindern hat sie in mühsamer Recherche wie ein Puzzle zusammengetragen, dokumentiert mit Fotos, die ihr teils von überlebenden Angehörige hinterlassen wurden.

"Mein Ziel war, aus einer unpersönlichen Berufsgruppe namens ,jüdische Rechtsanwälte' heraus, den einzelnen Menschen sichtbar zu machen", sagt Mauss. Der prominenteste war Josef Neuberger, ein Düsseldorfer Ausnahmejurist, der 1933 aus der Anwaltschaft ausgeschlossen, in der Pogromnacht auf der Brehmstraße lebensgefährlich verletzt wurde, 1938 mit seiner Familie nach Palästina auswanderte und in den 1950er Jahren zurückkehrte. 1966 wurde der SPD-Politiker NRW-Justizminister.

Es gibt aber auch die Tochter des Düsseldorfer Anwalts Siegfried Kann, die 1942 deportiert und ermordet wurde. Eine Zeichnung von ihr mit dem Titel "Düsseldorfer Karneval" befindet sich im Stadtmuseum. Mauss berichtet von Düsseldorf Anfang der 1930er Jahre, kurz vor der Machtübernahme der Nazis: 498 600 Menschen lebten hier, die Mehrheit katholisch, nur ein Prozent jüdischen Glaubens. Die Stadt war eine Hochburg der KPD. Dennoch vereinnahmte die NSDAP ab 1933 Düsseldorf. 156 von 858 zugelassenen Rechtsanwälten im OLG-Bezirk wurden als "nichtarisch" eingestuft, ihnen war der Zutritt zu Gerichten verboten. Nur einige durften noch als Rechtskonsulenten jüdische Mitbürger vertreten. Viele wähnten sich dennoch lange in Sicherheit, gehörten sie doch zum liberalen Bürgertum. Wie Robert Katzenstein aus Duisburg, Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg.

1938 wurde er verhaftet, 1939 konnte er mit seiner Familie nach Honduras emigrieren. Dort wurde der einst erfolgreiche Rechtsanwalt zum Fischverkäufer. Immerhin überlebte er. Die meisten anderen nicht. 45 Anwälte aus dem OLG-Bezirk wurden Opfer der Anfang 1942 geplanten "Endlösung". "Es sind Namen, die wir alle kennen", so Mauss.

(RP)
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