Düsseldorf Homosexuelle kämpfen weiter für Gleichstellung

Düsseldorf · Rund 800 Menschen demonstrierten beim CSD-Umzug in der Innenstadt für Gleichberechtigung und Toleranz. Wie notwendig das noch ist, zeigt der Blick auf das Publikum am Rand.

Der Düsseldorfer CSD setzt Elbers in die Wanne
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Der Düsseldorfer CSD setzt Elbers in die Wanne

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Natürlich ist so ein Umzug zum Christopher Street Day auch ein Spaß. Da geben sich die Jungs in Leder mal besonders hart, und die aus der Gay-Sauna winken extra lasziv, zeigen ihre Waschbrettbäuche, posen, und das besonders auf der Königsalllee, wo sich scheinbar halb NRW an diesem Tag eingefunden hat, um die Regale leerzukaufen. So um die 800 Menschen sollen sich an dem CSD-Umzug beteiligt haben, sagt die Polizei einen Tag später, doch das ist sicher freundlich gezählt.

Deutlich mehr Menschen stehen an der Straße, warten ein paar Minuten, bis die Wagen und Fußgruppen vorüber gezogen sind, die laute Musik, die Sprechchöre. "Jede Jeck ist anders", sagt eine Frau, die tütenbeladen an der Königsallee steht und den Umzüglern zuwinkt. Die mögen das natürlich, weshalb die Frau neben ein paar Flyern, die man ihr in die Hand drückt, auch eine Party-Boa in Regenbogenfarben umgehängt bekommt. Immer wieder kommt es zu spontanen Solidaritätsbekundungen, das geht mit Klatschen, mit Winken oder auch nur mit einem Lächeln von Straße zu Umzugswagen, wobei einigen Düsseldorfern merkbar ein "Helau" in der Kehle steckenbleibt.

Doch durchaus nicht alle an diesem Tag betrachten den CSD-Umzug mit dieser rheinischen Liberalität, von der OB und Schirmherr Dirk Elbers in seinem Grußwort gesprochen hat. Vielen an der Straße merkt man auch die Irritation ob dieser Art der Demonstration an. "Muss das denn alles so öffentlich sein", fragt ein ältere Mann rhetorisch, es sei ihm egal, was andere Menschen im Schlafzimmer machen, aber man müsse ja nicht damit hausieren gehen, sagt er. Seine Begleiterin stimmt ihm zu und ergänzt: "Die sind doch gleichberechtigt, und alles andere ist doch Privatsache."

Dabei ist dieser Umzug bei aller Narretei ja auch politisch. Wenn zwei Lesben etwa demonstrativ einen Kinderwagen mitführen, wenn es um Adoptionsrecht geht, um die rechtliche Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit Ehen. Das wird hier gefordert, darüber sollen auch die Einkäufer auf der Kö diskutieren - und sie tun es auch.

Aber so ein Umzug ist auch noch Basisarbeit. Da geht es dann um den Abbau von Vorurteilen, die trotz Conchita Wurst, Klaus Wowereit, Guido Westerwelle, Anne Will und Hape Kerkeling immer noch in den Köpfen vorhanden sind.

Köpfe wie die der Männer und Jungs, die heute auf dem Weg in die Altstadt sind. "Ich find das ekelig", sagt einer und sein Kumpel ergänzt, dass "die doch irgendwie krank sind." Ein anderer, der den Junggesellenabschied eines Freundes begehen will, sagt, dass den Kindern auf diese Art vorgemacht werde, als sei es ganz normal, schwul zu sein. "Aber das ist doch nicht normal", sagt der Mann. Er hat zwei Kinder, geht "normal" arbeiten, seine Frau denkt nebenbei genauso. Und natürlich gibt es so etwas wie ein Hochschaukeln der Emotionen, wenn dann noch die Freunde dazu kommen. Man steht am Stehtisch im Brauhaus, es geht um Schwule und Lesben und Krankheiten und Aids. Inzwischen ist der Umzug ja längst weg, irgendwo spielt wieder eine Blasmusikkappelle, und man denkt, wie das im Jahr 2014 noch sein kann.

(RP)
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