Mein Düsseldorf Humor ist eine ernste Sache

Düsseldorf · Der Brüller, oder? Eine schlanke, junge Frau, bis auf ein paar Tattoos und einen String-Tanga barfuß vom Halse abwärts, sprüht sich Sahne auf eines ihrer exponierten Körperteile und ein Jüngelchen vorgerückten Alters darf das ablecken. Er sieht danach ein bisschen verschmiert und sehr belämmert aus. Das finden Sie nicht lustig? Nun ja, ein paar hundert Männer mit verstärktem Speichelfluss sahen das neulich bei der Herrensitzung der Närrischen Schmetterlinge anders und amüsierten sich wie Bolle.

Was lehrt uns das? Antwort: Humor ist eine komplizierte Sache, vor allem im Karneval.

Dass der mit Lustigkeit nichts zu tun hat, haben wir schon immer gewusst und es wurde uns vom damaligen Geschäftsführer des Carnevals-Comitee (CC), Jürgen Rieck, sogar bestätigt. Der grimmige Preuße (der einen wunderbar bissigen Mutterwitz hatte) war fest davon überzeugt, Humor und Karneval seien zwei Dinge, die weiter auseinander nicht sein könnten.

Und damit hatte er recht. Das zeigt nicht nur das eingangs erwähnte Beispiel, das prompt die üblichen Reaktionen auslöste: Geschmacklos, unter der Gürtellinie (in diesem Zusammenhang besonders originell!), frauenfeindlich, sexistisch - die üblichen Begriffe aus der Empörungsprosa wurden bemüht. So wie immer.

Neu ist das alles nämlich nicht. Als einst ein paar Frauen in der Stewardessen-Uniform einer bekannten Airline bei einem ähnlichen Event strippten, kam es später zur stimmungsmäßigen Bruchlandung. Witze vom Muster "Kommt 'ne Frau zum Frauenarzt . . ." sorgen regelmäßig für Zoff, rechtsradikale Sprüche, antisemitisches Gefasel, Schwulen- oder Lesbenwitze, ausländerfeindliche Pointen - alles schon dagewesen.

Und? Erlebten wir deshalb den Untergang unserer Kultur oder gar des Karnevals? Natürlich nicht. Wann sonst, wenn nicht in einer solchen Zeit, sollte es solche Skandälchen geben? Endlich tun da ein paar spätpubertäre Jungs etwas typisch Jeckes - sie machen sich zum Narren. Peinlich, kein Niveau - alles richtig, je nach eigenem Geschmack. Aber dennoch zu verkraften.

Wie sollte man es auch verhindern? Etwa mit einer Kleiderordnung inklusive Maulkorb unterhalb der Pappnase? Wer sich über diese Nackten aufregt, sollte mal auf den Böse-Buben-Ball gehen: Da gab es schon immer radikal stoffarme Kostüme, für die in Köln das Ordnungsamt alarmiert und der Kardinal in seiner Nachtruhe gestört würde.

Sich über diese Herrensitzung zu echauffieren (Damensitzung laufen übrigens ähnlich ab, nur dass sich da die Männer entblättern!) zeigt einmal mehr: Humor und das, was man selbst dafür hält, ist eine sehr ernste Sache.

Vermeintlich närrische Gardeoffiziere, voller Stolz auf ihre prächtigen Uniformen mit Dreispitz, Degen, Titeln und Orden demonstrieren das mit jedem Auftritt. Immerhin sind die korrekt gekleidet - und tatsächlich zum Lachen. Manche sagen: lachhaft.

(RP)
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