Günther Beelitz "Ich hole neue Leute meines Vertrauens"

Düsseldorf · Der Intendant des Schauspielhauses zeigt sich von den Kündigungen an seinem Haus wenig erschüttert. Er will jetzt das Ensemble aufbauen.

 Der Intendant des Schauspielhauses Günther Beelitz hat in dieser Woche seine Chefdramaturgin verloren, auch andere Mitarbeiter wollen gehen.

Der Intendant des Schauspielhauses Günther Beelitz hat in dieser Woche seine Chefdramaturgin verloren, auch andere Mitarbeiter wollen gehen.

Foto: Andreas Bretz

Die Chefdramaturgin Ihres Hauses, Eva-Maria Voigtländer, hat in dieser Woche um die Auflösung ihres Vertrages gebeten, eine angesehene Frau in der Theaterszene, das dürfte Ihnen kaum gefallen?

Beelitz Im Prinzip kennen wir uns gar nicht, Frau Voigtländer und ich haben eine gute, neutrale Art der Zusammenarbeit, aber wir haben nie ein Gespräch darüber geführt, wie ein Spielplan aussehen könnte. Sie ist unter meinem Vorgänger an das Schauspielhaus gekommen, hat unter anderen Voraussetzungen ihren Entwurf gemacht, das ist unglücklich. Ihr wurde nie gesagt, dass es Einschnitte in ihren Entwurf geben könnte, diese Änderungen wollte sie nun nicht mitmachen.

Das heißt, Sie sind sich über die Etatverteilung nicht einig geworden?

Beelitz Nein, es gab einzelne Positionen im Spielplan, das waren zu große, zu aufwendige Stücke, die können wir bei derzeitiger Lage nicht stemmen. Darüber haben wir uns auseinandergesetzt, es ist ja auch für sie eine schwierige Situation. Sie sollte als Vertrauensperson meines Vorgängers ans Haus kommen, als sie antrat, war schon wieder ein neuer Intendant da. Es ist für uns alle schwierig. Ich habe drei neue Dramaturgen auf der Liste, die ich noch gar nicht kenne, auch da weiß ich noch nicht, wie die Zusammenarbeit funktionieren wird.

Man hört, dass diese Dramaturgen nicht mehr nach Düsseldorf wollen.

Beelitz Ich weiß das nicht, ich habe noch mit keinem dieser Dramaturgen gesprochen. Ich hatte ja erwartet, dass sie sich beim neuen Intendanten melden würden, das wäre ja eine normale Reaktion. Aber das ist nicht geschehen. Nur eine hat um einen Termin gebeten, den wird sie auch bekommen, von den anderen habe ich nichts gehört.

Sie haben sich auch nicht um Kontakt bemüht?

Beelit7 Ich glaube, Sie unterschätzen, was an diesem Haus alles aufzuarbeiten ist. Wir haben gerade unseren Wirtschaftsplan vorlegen müssen, der neue Spielplan steht vor der Tür, was daran noch zu ändern ist, werden wir ändern, für viele Rollen haben wir noch keine Schauspieler – da steht eine Menge an.

Ich frage mich, wie Sie all das schaffen wollen, wenn Ihnen zentrale Leute abhanden kommen.

beelitz Diese Abgänge sind bei einem Intendantenwechsel ganz normal. Es kommen ja auch eine ganze Menge neuer Leute nach Düsseldorf, insbesondere Schauspieler. Ich möchte ja weg von diesem Gastier-Zirkus und den damit verbundenen immensen Kosten. Ein Ensemble kann man natürlich nicht innerhalb von wenigen Monaten bilden, aber ich versuche das Ensemble in der kommenden Spielzeit wieder auf 30 Darsteller zu bringen, denn Theater lebt von einem festen Ensemble.

Die Dramaturgie ist das Gehirn des Theaters, wie füllen Sie diese Lücken?

Beelitz Da müssen jetzt erst einmal die, die dableiben, gut zusammenarbeiten. Und die werde ich ergänzen durch Leute meines Vertrauens.

Wer ist das?

Beelitz Diese Namen kann ich noch nicht verraten, da stehen wir mitten in den Vertragsverhandlungen.

Warum haben Sie die Stücke "Orpheus in der Unterwelt" , "Rheinische Rebellen" und den Abend der britischen Theatermacherin Sue Buckmaster aus dem Programmentwurf von Eva-Maria Voigtländer gestrichen?

Beelitz Das waren drei Vorhaben, die die gesamte Spielzeit gelähmt hätten. Der Plan wurde nicht in Düsseldorf entworfen. Wir müssen aber auf die Verhältnisse hier reagieren. Es gibt ja derzeit doch eine deutliche Ferne zwischen Publikum und Theater, ich möchte wieder in eine Partnerschaft kommen. Das geht aber nicht, indem man sich gegenseitig vorsätzlich verstört.

Welche anderen Schwerpunkte wollen Sie setzen?

Beelitz Ich will grundsätzlich zurück zum Ensembletheater, denn das ist die Kraft eines jeden Hauses. Außerdem versuche ich die Identität des Schauspielhauses wieder stärker sichtbar zu machen. Es gibt Darsteller, die früher hier gespielt haben und noch im Umkreis leben. Leute wie Winfried Küppers, Reinhard Vierchow, Wolf Aniol. Die versuche ich zurückzuholen. Ich bin mir sicher, dass die Düsseldorfer sich gern an sie erinnern, wenn sie diese Schauspieler wiedersehen.

In der Szene wirft man Ihnen Rückwärtsgewandtheit vor und fürchtet eine Boulevardisierung am Düsseldorfer Schauspielhaus.

Beelitz Unterhaltsamkeit auf hohem Niveau kann das Schauspielhaus durchaus vertragen. Von Boulevardisierung kann man beim Blick auf unseren neuen Spielplan überhaupt nicht sprechen. Aber wir wollen Geschichten erzählen, die die Leute auch begreifen können. Ich habe noch nie Theater gegen das Publikum gemacht, sondern immer für die Menschen, und das muss man am Schauspielhaus wieder schaffen.

DOROTHEE KRINGS FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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