Düsseldorf "Ich wollte immer Bestatterin werden"

Düsseldorf · Der Tod gehört zum Leben - für Stefanie Kamp gilt dieser Satz auf besondere Weise. Die 26-Jährige wird einmal den Familienbetrieb in Gerresheim übernehmen: ein Bestattungsunternehmen.

 Stefanie Kamp trägt ein sogenanntes "fingerprint jewel", das als Erinnerung an Verstorbene dient.

Stefanie Kamp trägt ein sogenanntes "fingerprint jewel", das als Erinnerung an Verstorbene dient.

Foto: hans-jürgen bauer

Wenn Stefanie Kamp gefragt wird, was sie beruflich macht, folgt ihrer Antwort regelmäßig ein ungläubiges: "Tatsächlich?" Eine junge, attraktive Frau können sich die meisten Menschen als Bestatterin so gar nicht vorstellen. Auch wenn das heute nicht mehr ungewöhnlich ist. "Mein Berufswunsch stand schon früh fest", sagt Stefanie Kamp. Denn der Betrieb ihrer Familie existiert seit fünf Generationen in Gerresheim, da war es für sie selbstverständlich, dass die 26-Jährige ihn irgendwann übernehmen würde. Der Tod gehört zum Leben - für diese Familie und ihren jüngsten Spross ist dieser Satz tägliche Realität.

Stefanie Kamps Familie wohnt in den Etagen über dem Bestattungs-Unternehmen, so hat sie schon als kleines Mädchen Tod und Trauer miterlebt, während sie mit ihrer Schwester im Garten spielte. "Als ich meinen ersten Toten gesehen habe, war ich wahrscheinlich noch nicht in der Schule."

Später dann erfuhr sie durch ihren Großvater (der auch mit 87 Jahren noch mitarbeitet) und ihre Mutter "wie vielseitig dieser Beruf ist. Und wie anspruchsvoll." Denn die wichtigste Aufgabe einer Bestatterin sei es doch, dem Ereignis Tod, das keiner wirklich fassen kann, einen erträglicheren Rahmen zu geben. Für die Angehörigen da zu sein, zu erspüren, auf welche Weise sie Abschied nehmen wollen, das sei neben der "Versorgung des Toten" die wichtigste Aufgabe. "Die meisten wissen doch in dieser Situation gar nicht, was sie tun sollen." Oder die Familien sind sich nicht einig - der Sohn möchte eine Erdbestattung für die Mutter, die Tochter will schon oft gehört haben, dass die Mutter eingeäschert werden wollte. Die Bestatterin muss dann dafür sorgen, dass die Streitenden sich einigen. "Wenn jemand gestorben ist, brechen manchmal lange schwelende Konflikte in der Familie aus."

Was ist ihre wichtigste Eigenschaft? "Feinfühlig zu sein. Und mitfühlend." Organisationstalent muss sie allerdings auch besitzen. Denn Bestatter sind heute eine Art Event-Manager, wenn auch auf eine stillere Weise. Blumen, Musik, Reden - das alles will so individuell und perfekt wie nur möglich geplant sein. "Wenn jemand sein Motorrad geliebt hat, dann wünschen sich die Angehörigen vielleicht, dass die Maschine während der Trauerfeier in der Kapelle steht. Oder wenigstens der Helm." Und wenn der Opa für sein Leben gern deutsche Schlager gehört hat, dann begleitet vielleicht Udo Jürgens "Griechischer Wein" seinen letzten Weg. "Da hat sich viel geändert", so Stefanie Kamp. Auch die Art des Erinnerns. Früher reichte ein Foto vom verstorbenen Ehemann, die Witwe von heute trägt möglicherweise einen Halsschmuck, auf dessen Anhänger der Fingerabdruck ihres Liebsten verewigt wurde.

Nichts aber sei so ärgerlich in ihrem Beruf wie die geringste Panne bei einer Beerdigung, meint Stefanie Kamp. "Da ist ein Name auf der Trauerschleife an einem Kranz falsch geschrieben, und die Angehörigen werden es sofort bemerken, wenn sie in die Kapelle kommen. Und nie mehr vergessen. Denn für sie ist dieser Tag absolut einmalig."

Wenn die junge Bestatterin überhaupt einen Nachteil an ihrem Beruf entdecken kann, dann vielleicht den: "Man kann eigentlich kaum einen Tag planen, muss sehr flexibel sein. Denn der Tod ist für die Angehörigen immer ein Notfall." Da lässt sich nichts aufschieben, da muss man erreichbar sein. Auch nachts oder an Heiligabend, wenn sich gerade die Familie um den Gabentisch versammelt. "Einer von uns muss dann raus."

Glaubt sie, dass die permanente Anwesenheit des Todes Einfluss auf ihr eigenes Leben hat? Stefanie Kamp denkt eine Weile nach. "Ich mache mir vielleicht mehr Gedanken als meine Gleichaltrigen darum, dass meinen Liebsten etwas zustoßen könnte."

(RP)
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