Lebensretter in Düsseldorf "Ich wusste, wenn ich aufhöre, stirbt er"

Düsseldorf · Ein 71-Jähriger war in einem Kiosk an der Hansaallee plötzlich zusammengebrochen. Marion Eilers startete sofort mit der Reanimation und rettete dem Mann das Leben.

 Marion Eilers hat das umgesetzt, was sie einmal im Jahr trainiert: Sie hat einem Menschen mit ihren Erste-Hilfe-Kenntnissen das Leben gerettet.

Marion Eilers hat das umgesetzt, was sie einmal im Jahr trainiert: Sie hat einem Menschen mit ihren Erste-Hilfe-Kenntnissen das Leben gerettet.

Foto: A. Orthen

Spät dran ist Marion Eilers an diesem Mittwochnachmittag, als sie noch schnell ein paar Weihnachtskarten für ihre Mitarbeiter in der Post-Zweigstelle an der Hansaallee kaufen will. "Ich hatte mich mit meinem Mann verabredet, auf der Hundewiese", sagt die 53-Jährige.

Vor ein paar Wochen haben die beiden einen Hund aus einer Tierauffang-Station adoptiert. Marion Eilers reiht sich in die Schlange zur Kasse ein, als plötzlich hinter ihr etwas knallt. Ein Mann liegt auf dem Boden, sein Gesicht blau angelaufen. Er ist einfach umgefallen. Er röchelt. Geistesgegenwärtig lässt Marion Eilers ihre Karten fallen, eilt zum Bewusstlosen. "Der Mann war mehr tot als lebendig", sagt sie.

Instinktiv beginnt die 53-Jährige mit der Reanimation, macht eine Herzdruckmassage, beatmet ihn. "Ich habe sofort gesehen, dass er einen Herzinfarkt hat", sagt sie. Mit ihrem ganzen Gewicht stemmt sie sich auf den Brustkorb des 71-Jährigen, zählt und drückt und zählt und drückt. Zwischendurch beamtet sie ihn. "Der Kopf war nicht richtig überstreckt", erzählt Eilers. Sie versucht, Helfer zu finden, weil sie merkt, dass sie den Mann nicht beatmen und gleichzeitig sein Herz zum Schlagen bringen kann. "Aber das Herz muss weiterschlagen", sagt die Helferin. "Ich wusste, wenn ich aufhöre, stirbt er."

Corina Arndt übernimmt die Beatmung, die beiden Frauen kämpfen um das Leben des Mannes. "Ich habe darauf gewartet, dass die dunkelblaue Farbe aus dem Gesicht verschwindet", sagt Eilers. Sie macht weiter mit der Herzdruckmassage, auch noch als der RTW bereits eingetroffen ist. "Er hat gelebt", sagt sie, "und gestern habe ich auch nichts anderes gehört."

Marion Eilers und Corina Arndt sind Heldinnen, Lebensretterinnen, Frauen, die instinktiv das abgerufen haben, was eigentlich jeder Mensch können muss. Einmal im Jahr macht die Tagesmutter für ihren Job einen Erste-Hilfe-Kursus, sie hat einfach alles abgerufen, was sie geübt hat. "Als Heldin fühle ich mich aber nicht", sagt Eilers. Im Gegenteil: "Mir geht es gar nicht gut." Als nach ihrer Rettungsaktion der Adrenalinschub langsam zurückgeht, wird ihr übel. Zuhause muss sie sich übergeben und sackt zusammen. "Und ich weiß, dass es Corina Arndt auch so geht." Die Frauen haben Adressen und Telefonnummern ausgetauscht und gestern miteinander gesprochen.

Während Marion Eilers im Kiosk versucht, den 71-Jährigen zu retten, steht ihr Mann Thomas schon vor dem Laden. Er sorgt sich, denkt, seine Frau hat den Infarkt. Zu diesem Zeitpunkt darf niemand mehr in die Post-Zweigstelle, nicht Eilers' Ehemann, nicht die Frau des Herzinfarkt-Patienten. Wie Eilers am nächsten Tag erfährt, sind Gaffer über sie und den 71-Jährigen geklettert, um einen besseren Blick auf das Geschehen zu bekommen. "Das habe ich gar nicht wahrgenommen", sagt sie. Zum Glück ist ein Polizist da, der alle aus dem Laden wirft.

So vieles wird ihr erst am nächsten Tag erzählt, "ich war eine dreiviertel Stunde da drin", sagt die 53-Jährige, die jeglichen Bezug zu Raum und Zeit verloren hat bei der Wiederbelebung. An eines kann sie sich aber noch genau erinnern: "Da war noch eine Frau, die geholfen hat, von ihr haben wir aber leider keinen Kontakt", sagt Eilers.

(RP)
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