Serie "So wohnt Düsseldorf" In diesem Loft steckt Fantasie

Düsseldorf · Ein Stuckateurmeister hat in seiner Wohnung in Düsseldorf-Flingern handwerkliches Können und künstlerisches Talent ausgelebt. So hat er unter einem Gewölbe eine eigene U-Bahn installiert.

 Meisterstück auf zwei Etagen: Undine und Andreas Hallmann in ihrem Loft. Die Treppe besteht aus Industriestufen, das Geländer stammt von einem Schlosser.

Meisterstück auf zwei Etagen: Undine und Andreas Hallmann in ihrem Loft. Die Treppe besteht aus Industriestufen, das Geländer stammt von einem Schlosser.

Foto: Bretz Andreas

Der Garten Eden liegt in der ersten Etage, erste Tür links. Badezimmer zu diesem Überraschungsraum zu sagen, verbietet sich nun wirklich. Zur Dusche führen fünf Stufen, sie thront in einer künstlichen Felsenlandschaft, darüber wächst der "Baum der Erkenntnis" (geschaffen aus Bambus und Zement), und die Flüssigseife, die kommt aus einem modellierten Schlangenkopf.

Adam und Eva bevölkern die Szenerie zwar nicht, aber ihre irdischen Vertreter Undine und Andreas Hallmann. Das Paar hat sich in einem Hinterhof in Flingern sein persönliches Paradies geschaffen. Die Zutaten: Ideen ohne Ende, handwerkliches Können, künstlerisches Talent. Gekauft haben sie fast nichts, ihre Maxime: "Es wird eh' viel zu viel weggeworfen."

Früher war hier mal eine Schreinerwerkstatt, später ein Studio für Filmtechnik. Von den Betreibern hatte der Handwerksmeister Andreas Hallmann, Spezialist für Stuckarbeiten, einen Auftrag, so betrat er zum ersten Mal diesen Hinterhof an der Albertstraße.

Probenraum für die Rockband

 Küche mit Vergangenheit: Einst standen die Schränke in einer Arztpraxis. Und der Anrichte verpasste Stuckateurmeister Hallmann Klaviertasten.

Küche mit Vergangenheit: Einst standen die Schränke in einer Arztpraxis. Und der Anrichte verpasste Stuckateurmeister Hallmann Klaviertasten.

Foto: Bretz Andreas

Als 2002 die Gebäude verkauft werden sollten, haben er und seine Frau nicht lange gezögert. Einerseits, weil sie hier viel Platz haben zum Wohnen, zum Arbeiten. Andererseits ist da noch ein Raum im Erdgeschoss, in dem der Gitarrist Hallmann mit seiner Rockband probt. Es lohnt sich, da genauer hinzuschauen.

Nicht nur wegen des Tonnengewölbes aus acht Zentimeter dickem Beton ("da dringt kein Ton nach außen"), das in derselben Technik wie ein Kirchengewölbe entstand, selbstverständlich in Eigenarbeit. Sondern wegen der Wände: Die hat der Hausherr zur U-Bahn-Haltestelle umfunktioniert, auch eine abfahrende Bahn ist von hinten zu sehen, als würde sie gleich im Tunnel verschwinden.

 Ägypter im Treppenhaus - vom Hausherrn modelliert

Ägypter im Treppenhaus - vom Hausherrn modelliert

Foto: Bretz Andreas

"Damit bin ich gerade erst fertig geworden", meint Hallmann, "die Bandmitglieder müssen noch hinter die Bahnfenster gemalt werden." Beeindruckend ist sein Werk auch jetzt schon. Und ziemlich abgefahren.

Wohin zuerst schauen?

Aber da hat man die Wohnung im ersten Stock noch nicht gesehen - mit dem Paradiesbad. Und mit dem Ägypter. Der wurde von Andreas Hallmann lebensgroß modelliert und begrüßt oben an der Treppe jeden Besucher.

Und weist den Weg in den zentralen Raum der Wohnung, in dem das Leben des Paares stattfindet: Küche, Essraum, Wohn- und Schlafzimmer - alles auf zwei offenen Ebenen verteilt - ohne Türen. Wohin zuerst schauen? Wieder an die Wände.

Ganz schön abgefahren: Gewölberaum mit einer U-Bahn-Haltestelle.

Ganz schön abgefahren: Gewölberaum mit einer U-Bahn-Haltestelle.

Foto: Bretz Andreas

Eine wurde von ihm aus Gipsputz gefertigt, dann gefilzt, leicht geglättet, dunkelgrau gefärbt und noch mal bearbeitet. Nun sieht sie aus, als sei sie geschmiedet. Eine andere bekam eine große Pflasterstein-Rosette, jeder Stein hat eine eigene Farbschattierung, alles per Hand mit einem Schwamm aufgetragen. Beide Wände dürfen nun als Visitenkarten des Stuckateur-Meisters gelten.

Charakter eines Fabriklofts

Diese Wohnung hat den Charakter eines Fabriklofts mit hohen Fenstern in der Dachschräge und einem Industrierohr unter der Decke, in dem die elektrischen Leitungen versteckt sind.

Von solchen Ideen ist die Wohnung geprägt und von der Fantasie des Paares, das in Möbeln und Objekten, die andere ausrangiert haben, einen Wert erkennt: Den dunklen Jugendstil-Vitrinenschrank von 1902 ließ ein früherer Nachbar zurück, als er in eine kleinere Wohnung umzog.

Das Biedermeiersofa konnte eine Tante nicht mehr gebrauchen, die Küche sollte auf dem Sperrmüll landen. Dann wurde sie von Andreas Hallmann aufgearbeitet und mit einer Anrichte ergänzt, die er mit Klaviertasten bestückte - Zeichen einer spielerischen Fantasie. Über dem großen Esstisch hängt, ja was? Lampe und Objekt in einem.

Verwunschener Hinterhof-Garten

Dafür hat das Paar die Zweige einer abgestorbenen Korkenzieherweide über einem Metallstück drapiert, von unten werden die knorrigen Äste angestrahlt, je nach Jahreszeit hängt an ihnen wechselndes Dekor. Die blauen Weihnachtskugeln gefielen Undine Hallmann so gut, dass sie noch immer von den Zweigen baumeln.

Aus den Fenstern schaut das Paar in seinen verwunschenen Hinterhof-Garten mit einer üppigen Birke und einem seltenen Blauglockenbaum. Und selbstverständlich hat der Hausherr auch dieses Idyll mit seinen Ideen geprägt. Betonringe, die auf einer Baustelle überflüssig waren, wurden zu halbrunden Bänken. Und in einer Ecke der weißen Tischplatte modellierte er einen lebensgroßen Eisbärenkopf. Sieht echt cool aus.

(RP)
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