Gewalt in Düsseldorf In Eller geht nach Prügelattacken die Angst um

Düsseldorf · Drei Männer sind zum Teil schwer verletzt, nachdem Montagnacht zwei Gruppen von Jugendlichen an S-Bahnhöfen in Eller auf sie einschlugen. Einer der mutmaßlichen Täter ist in Haft. Bei den Menschen vor Ort wächst die Angst.

 Hier am S-Bahnhof Eller-Mitte wurde ein Mann von acht bis zehn Leuten angegriffen und schwer verletzt.

Hier am S-Bahnhof Eller-Mitte wurde ein Mann von acht bis zehn Leuten angegriffen und schwer verletzt.

Foto: hpaw

Der S-Bahnhof Eller-Mitte ist kein Ort zum Wohlfühlen. Müll auf den Bahngleisen, über einer Bank eine verlassene Hose. Daneben hat jemand eine Matratze in das Wartehäuschen gestopft. An all dem Elend geht Hafida Elrifai schon lange nicht mehr vorbei. Wenn die 46-Jährige auf dem Heimweg hier ankommt, verlässt sie den Bahnhof durch den Haupteingang im Westen, nicht durch die Unterführung im Osten. "Da ist es dunkel, sehr dunkel", sagt sie. "Da sieht dich keiner, wenn dir was passiert."

Kein Ort zum Wohlfühlen: der S-Bahnhof Eller-Mitte.

Kein Ort zum Wohlfühlen: der S-Bahnhof Eller-Mitte.

Foto: Helene Pawlitzki

Ein paar Schritte weiter wartet eine 60-Jährige auf die S-Bahn, die seit 20 Jahren in Eller wohnt. "Abends gehe ich nicht mehr raus", sagt sie. "Man hat so viel gehört." Wenn sie wegen der Arbeit nach Einbruch der Dunkelheit ankommt, holt ihr Mann sie am Bahnsteig ab. Zu oft ist sie schon angepöbelt worden, sagt sie. "Das sind halt Jugendliche, die haben keine Arbeit und zu viel Zeit, und dann kommen sie auf dumme Ideen."

Zwei Übergriffe an S-Bahnhöfen, mit einer Viertelstunde Abstand

Hier am Bahnsteig, wo sich Montagnacht eine Gewalttat ereignet hat. Kurz vor Mitternacht hatte eine Gruppe von acht bis zehn Männern einen 31-Jährigen angegriffen. Laut Zeugenaussagen hatten er und einer der Täter Streit. Das Opfer zückte einen Schlagstock, der ihm jedoch aus der Hand geschlagen wurde. Er wurde mit Faustschlägen zu Boden gestreckt. Anschließend trat einer der jungen Männer gegen seinen Kopf. Wäre der 31-Jährige nicht schnell ins Krankenhaus gekommen, sein Leben wäre nach Überzeugung der Behörden in Gefahr gewesen. Staatsanwaltschaft und Polizei werten die Tat daher als versuchtes Tötungsdelikt. Eine Mordkommission ermittelt - und zwar in zwei Fällen.

Im S-Bahnhof Eller-Süd, in der Unterführung vor dem Treppenaufgang rechts soll sich der erste der beiden Überfälle ereignet haben.

Im S-Bahnhof Eller-Süd, in der Unterführung vor dem Treppenaufgang rechts soll sich der erste der beiden Überfälle ereignet haben.

Foto: Helene Pawlitzki

Denn nur etwa fünfzehn Minuten zuvor hatte sich eine ähnliche Attacke ganz in der Nähe ereignet: Am S-Bahnhof Eller-Süd waren zwei Männer (26 und 36) in der Fußgänger-Unterführung von fünf bis sechs Jugendlichen angegriffen worden. Unvermittelt, so die Polizei. Auch dort trat einer der Täter brutal auf sein Opfer ein. Beide Männer kamen ins Krankenhaus, der 36-Jährige wurde stationär behandelt.

In beiden Fällen sollen die Täter zwischen 18 und 20 Jahre alt, schlank, kurzhaarig sein. Und es taucht die in solchen Fällen übliche Polizei-Formulierung auf: "südländisches Erscheinungsbild".

"Die Hemmschwelle ist gesunken"

Für die beiden älteren Herren, die in "Rudis Pinte", 100 Meter Luftlinie vom Bahnhof Eller-Mitte, Alt trinken, ist deshalb klar: Die Ausländer sind schuld. "Früher haben wir uns auch in die Wolle gekriegt", sagt Rolf, 63. "Aber wenn einer am Boden lag, war Schluss." - "Die Hemmschwelle ist gesunken", bestätigt Otto, ebenfalls 63. Im Dunkeln traue man sich in Eller nicht mehr vor die Tür, sagen sie, und sprechen von einer "Verrohung" durch "die Südländer", die auch auf die deutsche Jugend übergreife.

Die deutsche Jugend steht ein paar Meter weiter an einer Straßenecke. Toni ist 31 und lebt ebenfalls schon immer in Eller. "Vor 15 Jahren war hier noch viel mit Drogen", sagt der junge Mann mit dem Kapuzenpullover und den tätowierten Händen. "Jetzt ist es eigentlich ruhiger." Er will die Täter flüchtig kennen. "Die machen sowas nicht, wenn der andere sich nicht auch unkorrekt verhält", sagt er. Alkohol habe auch eine Rolle gespielt, fügt er noch hinzu.

Und an der S-Bahnhaltestelle Eller-Süd sitzt ein 18-jähriges Schülerpaar und wartet auf den Bus. Sie kommen aus Gerresheim und schlagen hier nur die Zeit tot, sagen sie. "Keine Ahnung, was hier so abgeht", sagt der junge Mann. "Ich halte mich nicht in Eller auf, nachdem es dunkel geworden ist."

Die Polizei hat einen Intensivtäter in Haft

Es gibt einen ersten Fahndungserfolg der Polizei: Am frühen Dienstagabend nahm sie einen 20-Jährigen fest. Er soll dem 31-Jährigen in Eller-Mitte gegen den Kopf getreten haben. Der Polizei ist er bereits wegen verschiedener Taten bekannt. Ausgesagt habe er, allerdings nicht gestanden, so die Polizei. Ein Richter erließ trotzdem Haftbefehl - wegen versuchten Totschlags.

Es handelt sich um eine erweiterte Version des Artikels, der am 5. Oktober 2017 in der Lokalausgabe der Rheinischen Post erschienen ist.

(hpaw)
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