Kantholz-Prozess in Düsseldorf Instagram-Profil als neuer Beweis angeführt

Düsseldorf · Mehr als drei Jahre nach einem tödlichen Schlag mit einem Kantholz in Düsseldorf hat am Donnerstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Prozess begonnen. Zum Auftakt präsentierte die Nebenklage plötzlich neue Beweise gegen 20-jährigen Angeklagten.

 Der Halbbruder des Opfers und die Anwälte Olaf Heuvens und Wolfgang Steffen (v.l.) glauben nicht an Notwehr.

Der Halbbruder des Opfers und die Anwälte Olaf Heuvens und Wolfgang Steffen (v.l.) glauben nicht an Notwehr.

Foto: Anne Orthen

So viel ist über den Fall geredet und geschrieben, so oft diskutiert worden, ob es Notwehr war, als Marjan S.(Name geändert) mit einem Kantholz zweimal auf Massimo L. einschlug, oder ob der damals 17-Jährige ein Totschläger im Sinn des Strafgesetzbuches ist. Da hat Verteidiger Joachim Müller - der naturgemäß die Notwehr-Version vertritt - nicht damit gerechnet, dass dreieinhalb Jahre nach der Tat der Nebenklägeranwalt neue Beweise präsentiert.

Ein Profil auf der Internetplattform Instagram hat Wolfgang Steffen entdeckt, und seitenweise Ausdrucke von Fotos und Sprüchen dem Gericht vorgelegt, die belegen sollen, dass Marjan nicht eben zart besaitet sei. "Ihr lernt in der Schule - wir lernen auf der Straße" ist so einer dieser Sprüche, recht martialisch seien die, meint Steffen.

 Karin Michalek führt den Vorsitz der 7. Strafkammer, die als Jugendkammer über den "Kantholz"-Fall entscheidet.

Karin Michalek führt den Vorsitz der 7. Strafkammer, die als Jugendkammer über den "Kantholz"-Fall entscheidet.

Foto: dpa, rwe axs

Marjan S., dessen Verteidiger gleich nach der Verlesung der Anklage erklärt hat, der Mandant werde sich weder zu den Vorwürfen äußern noch Fragen zur Sache beantworten, gibt dem Gericht bereitwillig Auskunft über sein Leben. Die Kammer unter Vorsitz von Richterin Karin Michalek wird letztlich zwischen zwei gegensätzlichen Darstellungen zu entscheiden haben, und unabhängige Zeugen stehen kaum zur Verfügung. Das Gericht muss sich also vor allem ein Bild von dem jungen Mann machen, von dem, der er war, als er im Oktober 2013 mit dem laut Anklage erheblich alkoholisierten 44-Jährigen in der Straßenbahn aneinandergeriet.

Den Instagram-Account, sagt sein Verteidiger, habe Marjan S. schon lange vor diesem schicksalhaften Zusammentreffen gelöscht. Irgendwann habe auch er gesehen, dass das Profil wieder genutzt werde, auch mit seinen, Marjans Fotos. "Mein Mandant hat den Verdacht, dass ein früherer Kumpel ihm damit schaden will", sagt Müller. Dieser Kumpel sei nämlich an der Frau interessiert gewesen, mit der sein Mandant fest zusammen sei. "Obwohl er genauso wenig wie ich wusste, dass dieses Internet-Profil heute Thema würde, hat er es sehr schlüssig erklärt", findet der Verteidiger. Und auch der Anklagevertreter will nicht ausschließen, dass Marjan S. die Wahrheit sagt. "Es gibt viele Fakes im Internet", sagt Oberstaatsanwalt Uwe Kessel.

Die Jugendstrafkammer ist für den Fall zuständig, weil S. erst 17 Jahre alt war, als Massimo L. sich in der Straßenbahn über seine laute Musik vom Handy beschwerte. L. soll seinen Gürtel ausgezogen und den Jugendlichen damit geschlagen haben. Marjan S. widersetzte sich mit einem Kantholz, das er in der Bahn gefunden hatte.

Wenigstens dazu hat das Gericht gestern einen objektiven Zeugen gehört: Der Rheinbahnfahrer sagte aus, dass er das Kantholz zuvor in der Bahn hatte liegen sehen und es später habe entsorgen wollen. Von der Auseinandersetzung zwischen Massimo L. und den Jugendlichen, die sich an der Haltestelle "An der Piwipp" nach draußen verlagerte, hat er nichts mitbekommen.

Kommenden Montag sollen weitere Zeugen vernommen werden.

(RP)
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