Düsseldorf Irina Raskin führt Sehbehinderte durch Ausstellungen

Düsseldorf · Die Kunsthalle bietet zu jeder Schau auch eine akustische Führung an.

 Irina Raskin (Bildhintergrund) führt Interessierte durch die Ausstellung "Singular/Plural".

Irina Raskin (Bildhintergrund) führt Interessierte durch die Ausstellung "Singular/Plural".

Foto: Andreas Endermann

Die Motive, die Technik, die Stimmung: Detailliert beschreibt Irina Raskin die zahlreichen bunt gerahmten Schwarzweißfotos, die vor ihr an der Wand hängen. Denn ihre Zuhörer sind heute teils darauf angewiesen, dass sie mit Worten ein exaktes Bild von dem Kunstwerk vor sich zeichnet: Raskin gibt eine akustische Führung, die auch Menschen mit Sehbehinderung offen steht.

Die Besucher sind in der Ausstellung "Singular/Plural" in der Kunsthalle unterwegs, die die Düsseldorfer Kunstszene rund um die 70er Jahre in den Mittelpunkt rückt. Raskin wählt einzelne Werke, beschreibt sie genau und erzählt, welches Gefühl sie während des Betrachtens vermitteln. Manchmal fragen Besucher nach und lassen sich Details noch genauer erklären - bis sie schließlich eine deutliche Vorstellung von der Kunst haben.

"Die Führungen sind immer sehr aufschlussreich", sagt Birgitta Schmidt, die das Angebot der Kunsthalle bereits zum vierten Mal in Anspruch nimmt. Weil sie nur eingeschränkt sehen kann, nutzt sie die detaillierten Beschreibungen, um sich die Kunstwerke besser vorzustellen. Während ihr Hund vor den Kunstwerken sitzt und auf seinen Einsatz wartet, hört sie den Erklärungen der Referentin zu. Bei der heutigen Führung sei sie oft an ihre Jugend erinnert worden, sagt Schmidt - denn die Arbeiten ermöglichten einen Einblick in die Jahre, die Schmidt "die wilde Zeit" nennt. Politische Auseinandersetzungen um Geschlechterrollen oder den Umgang mit dem Nationalsozialismus wurden von Düsseldorfer Künstlern immer wieder thematisiert. "Ich bin richtig in die damalige Zeit eingesunken", erzählt Schmidt. Vielen Teilnehmern geht es heute so wie ihr, ohne die spezielle Museumsführung hätten sie dieses Erlebnis nicht gehabt.

Die akustischen Führungen wurden vor einigen Jahren ins Leben gerufen und haben sich seither stetig weiterentwickelt. "Mittlerweile gibt es zu jeder Ausstellung eine Führung", erzählt Raskin und betont: "Die Führungen sind integrativ, das heißt, sie stehen auch Menschen ohne Sehbehinderung offen." Vor der Führung suche sie nach Kunstwerken, die sich gut eignen, zum Beispiel weil sie tastbar sind oder mit Musik arbeiten. Besteht eine Ausstellung nur aus flachen Bildern, gebe es trotzdem eine akustische Führung. Gerade dann sei es wichtig, im wahrsten Sinn einen Einblick zu ermöglichen.

(RP)
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