Düsseldorf Jüdische Gemeinde zeichnet Muslime aus

Düsseldorf · Der palästinensisch-israelische Psychologe Ahmad Mansour und der deutsch-ägyptische Politologe Hamed Abdel-Samad erhielten gestern die Josef-Neuberger-Medaille. Klaus Wowereit und Henryk M. Broder hielten die Laudatio.

 Hamed Abdel-Samad (l. ) und Ahmad Mansour (2.v.l.) erhalten im Leo-Baeck-Saal die Medaille von Ruth Rubinstein und Ran Ronen.

Hamed Abdel-Samad (l. ) und Ahmad Mansour (2.v.l.) erhalten im Leo-Baeck-Saal die Medaille von Ruth Rubinstein und Ran Ronen.

Foto: Andreas Endermann

Mit der Medaille ehrt die Jüdische Gemeinde Düsseldorf seit 1991 Menschen und Institutionen, die sich um die jüdische Gemeinschaft besonders verdient gemacht haben. Zu den Preisträgern zählten Johannes Rau, Fritz Pleitgen, Roman Herzog, Angela Merkel und Frank Schirrmacher. Mit Mansour und Abdel-Samad zeichnet die Gemeinde erstmals überhaupt Muslime aus. "Weil sie sich auf besonders bemerkenswerte Weise und manchmal gegen den Mainstream in der islamischen Welt gegen Antisemitismus einsetzen", begründete Oded Horowitz, Vorstandsvorsitzender der Gemeinde, die Entscheidung.

Als junger Palästinenser wäre Ahmad Mansour, der seit zehn Jahren in Deutschland lebt, beinahe selbst radikaler Islamist geworden. Heute zählt er zu den wichtigsten Islamismus-Experten des Landes. Der 39-Jährige lebt in Berlin, ist unter anderem Programmdirektor bei der European Foundation for Democracy in Brüssel und Familienberater bei Hayat, einer Beratungsstelle für Deradikalisierung.

Klaus Wowereit, ehemaliger Regierender Bürgermeister von Berlin, würdigte den Autor des Buches "Generation Allah" für sein Engagement, mit dem er vor allem männliche muslimische Jugendliche versucht, vor Irrwegen zu bewahren. "In seinen Projekten erklärt er vor Ort, dass niemand das Recht hat, andere im Namen der Religion auszugrenzen oder gar Gewalt auszuüben."

Abdel-Samad (jüngster Buchtitel: "Mohamed. Eine Abrechnung") ist Sohn eines sunnitischen Imams, studierte Englisch, Französisch und Politik, lehrte unter anderem am Institut für Jüdische Geschichte der Universität München. Zum Glauben seiner Eltern und Vorfahren ging er auf Distanz. Seit einigen Jahren ist Abdel-Samad im Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung. Nach kritischen Äußerungen über die Muslimbruderschaft gab es Mordaufrufe gegen ihn. Mit einigen seiner Äußerungen habe er den Propheten beleidigt, behaupten seine Gegner. Der Publizist Henryk M. Broder, der mit Abdel-Samad in der Satiresendung "Entweder Broder - die Deutschland-Safari" gemeinsam Themen wie Rassismus, Antisemitismus und Islamophobie aufs Korn nahm, sagte in seiner Laudatio: "Deinen Namen wird man künftig in einem Atemzug mit Spinoza und Rushdie nennen."

In seiner Begrüßungsrede äußerte sich Oded Horowitz besorgt über die wachsende Fremdenfeindlichkeit. Der Flüchtlingszuzug habe neben einer unglaublichen Hilfsbereitschaft in bestimmten Teilen der Bevölkerung "auch eine unsägliche Rechtstendenz ausgelöst, wie wir sie in diesem Lande nach der Shoa noch nicht erlebt haben". Diese Entwicklung kristallisiere sich am sichtbarsten in dem Namen "Pegida". Horowitz verwies auf die eigenen Erfahrungen der Jüdischen Gemeinde mit Flüchtlingen aus der ehemaligen Sowjetunion. Allerdings sehe sich die Gemeinde an einem Einsatz dieses Know-Hows vorerst gehindert, weil der Großteil der heutigen Flüchtlinge aus islamischen Ländern mit stark antisemitischer Ausrichtung käme.

(jj)
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