Düsseldorf Jugendkriminalität geht deutlich zurück

Düsseldorf · Die Hälfte der schlimmsten Intensivtäter ist in Haft. Das Konzept von Polizei, Stadt und Justiz ist aufgegangen.

 Bilder der sogenannten "Top 21", der schlimmsten jugendlichen Intensivtäter, brauchen die Jugendfahnder nicht - sie kennen jeden persönlich. Derzeit ist ein Großteil der Täter in Straf- oder Untersuchungshaft.

Bilder der sogenannten "Top 21", der schlimmsten jugendlichen Intensivtäter, brauchen die Jugendfahnder nicht - sie kennen jeden persönlich. Derzeit ist ein Großteil der Täter in Straf- oder Untersuchungshaft.

Foto: Andreas bretz

Seit Juni sitzen drei 17-Jährige in U-Haft, die das Jugendkommissariat schon jahrelang beschäftigt haben. Zuletzt war das mehrfach vorbestrafte und gewaltbereite Trio mit einer Bande 17- bis 19-Jähriger auf Raubzüge gegangen und schließlich festgenommen worden. "Seitdem ist Ruhe", sagt Kommissariatsleiter Wolfgang Wierich.

Und das ist deshalb bemerkenswert, weil sich in der Vergangenheit für die kriminellen Jugendbandenchefs schnell Nachfolger fanden. "Jetzt erkennen die Mitläufer, dass die Strafe unmittelbar folgt. Und die macht die Kriminalität unattraktiv."

Diese Trendumkehr ist das Ergebnis einer Jugendarbeit, die das Prädikat nachhaltig durchaus verdient. Seit gut elf Jahren werden die Konzepte, in die neben der Polizei auch städtische Behörden wie Sozial- und Jugendamt und die Justiz eingebunden sind, ständig weiterentwickelt. Ihr Erfolg ist messbar - und war nie so groß wie in den vergangenen Monaten: 2004 kannte die Polizei noch mehr als 200 sogenannte Intensivtäter, Ende vergangenen Jahres waren es knapp unter 100, aktuell sind es noch 58.

"Von vier Jugendlichen wissen wir, dass sie von heute auf morgen jegliche kriminelle Aktivität eingestellt haben", sagt Wierich. Vielleicht, weil sie einen Ausbildungsplatz gefunden oder sich verliebt haben. "Manchmal reicht schon ein neuer Freundeskreis, um die kriminelle Karriere zu beenden." Die anderen sind von der Intensivtäterliste gestrichen worden, weil sie weggezogen oder nicht mehr jugendlich sind. Und ganz viele sind in Haft.

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Foto: Bretz, Andreas (abr)

Allein von den genannten "Top 21" - das sind die schlimmsten unter den jugendlichen Intensivtätern - sitzen derzeit sechs für längere Zeit im Gefängnis. Mancher ist auch ohne den Umweg über die Intensivtäterliste in einer Zelle gelandet, wie der 16-Jährige, der unlängst einem Kumpel mit einer Axt auf den Schädel schlug, weil der ihm Drogengeld schuldete. Einen anderen Jugendlichen, der nach einem Raub unter Bewährung stand, haben die Jugendfahnder hinter Schloss und Riegel gebracht, nachdem der 16-Jährige zwei Mal versucht hatte, Massenschlägereien zu organisieren.

Beide waren von der Polizei verhindert worden, die im Zusammenhang mit der verabredeten Prügelei (bei der es um Eifersucht wegen eines Mädchens ging) Quarzsandhandschuhe und Teleskopschlagstöcke sicherstellte. Bevor der Jugendliche ein drittes Mal losschlagen konnte, erwirkten Jugendfahnder und Jugendstaatsanwältin einen Haftbefehl.

So hat sich die Kriminalität 2014 in Düsseldorf entwickelt
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Foto: Bundespolizei

Die jungen Kriminellen kennzeichnet auch weiterhin eine hohe Gewaltbereitschaft und extreme Aggression. Ihre Straftaten sind in erster Linie Körperverletzungs- und Raubdelikte, die sie vor allem an Gleichaltrigen und häufig in der Altstadt begehen. Autoaufbrüche stehen nicht mehr hoch im Kurs, immer öfter stehlen sie aber Fahrräder, die sich leichter zu Geld machen lassen. Mit der Beute finanzieren sich die Jugendlichen, die in der Regel keine Schule besuchen, ihren Lebensunterhalt: Fast Food, Alkohol und Partys. Bahntickets kaufen sie nicht damit: Die meisten werden regelmäßig auch wegen Schwarzfahrens verurteilt.

Zum Netzwerkkonzept gehört auch, dass bereits strafunmündige Täter von den Jugendfahndern befragt werden. Allein der Polizeitermin beeindruckt manche unter 14-Jährige. Und die, die sich nicht beeindrucken lassen, behält die Polizei im Auge. Es gibt auch einige, die gar nicht erst erscheinen und deren Eltern nicht sehr interessiert sind. "Um die kümmern wir uns auch, da sehen vor allem die städtischen Ämter nach dem Rechten, versuchen, den oft überforderten Eltern Hilfe anzubieten", sagt Wierich.

Die "Gelbe-Karte"-Verfahren für Ersttäter haben sich ebenfalls bewährt: 70 Prozent dieser Täter sieht die Polizei nie wieder.

(RP)
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