Düsseldorf Junge Freiwillige dringend gesucht

Düsseldorf · Vor allem Schüler nutzen das Freiwillige Soziale Jahr und den Bundesfreiwilligen-Dienst zur Orientierung. Nicht alle Anbieter können die durch den Wegfall des Zivildienstes entstandenen Lücken schließen.

In der Leitstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) an der Erkrather Straße schaut Iris Winterscheidt auf die Dienstpläne und runzelt die Stirn. "Wir brauchen mehr Freiwillige, sonst kann es im Herbst eng werden", sagt die Koordinatorin. Zehn Engagierte, die Blut und Medizin durchs Stadtgebiet fahren oder Senioren nach einem Hausnotruf aufsuchen, muss die Hilfsorganisation in ihrem Transportdienst beschäftigen. Sonst bleibt der Dienstplan der Einsatzleitzentrale lückenhaft.

"2013 hatten wir wegen des doppelten Abiturjahrgangs kein Problem, aber in diesem Jahr sieht das anders aus", sagt DRK-Bereichsleiterin Petra Coenen. Zum Vergleich: Als junge Männer noch Zivildienst leisteten, gehörten 20 "Zivis" zu ihrem Team. Mit den aktuell zehn Absolventen eines Freiwilligen Sozialen Jahrs (FSJ) oder des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) hat sich diese Zahl halbiert. "Viele Jüngere finden den Not- und Rettungsdienst ,cooler', dort lassen sich freie Plätze rasch belegen", meint Coenen.

Zu jenen, die sich für den Transportdienst entschieden haben, gehört Kevin Schippers. Seit knapp einem Jahr arbeitet der 20-Jährige frühere Realschüler an der Erkrather Straße. Eilige Fahrten mit Spender-Blut zählen genauso zu seinen Aufgaben wie Transporte eines Serums gegen Pilzvergiftungen. Auch Blaulicht und Signalton darf er einsetzen. "Die Fahrten machen Spaß, aber sie sind am Ende doch Nebensache. Was zählt, ist der Kontakt zu den Menschen", sagt Schippers. Das FSJ kann er empfehlen. "Ich wusste nach der Schule nicht, was ich machen sollte. Jetzt habe ich Klarheit und werde eine Ausbildung zum Altenpfleger machen."

Orientierung fand auch Larissa Steinmann (23) aus Wittlaer in ihrem FSJ bei der Graf-Recke-Stiftung. "Ich hatte an einer privaten Hochschule angefangen, Betriebswirtsschafslehre zu studieren. Doch schon nach einer Woche wusste ich: Karrierefrau im Kostüm oder Hosenanzug - das ist nichts für dich." Bei der Stiftung half sie einem schwerbehinderten Jungen in der Schule. Eine prägende Erfahrung. "Ich habe mich für ein Studium der Sonderpädagogik entschieden und werde als Lehrerin arbeiten."

Rund 100 Menschen im FSJ und in dem auch für Ältere offenen BFD beschäftigt die Graf-Recke-Stiftung allein in Düsseldorf. Einen direkten Vergleich mit dem Zivildienst mag Stiftungs-Mitarbeiter Dennis Fröhlen nicht ziehen: "Damals ging es um einfache Hilfstätigkeiten. Die jetzigen Dienste wurden demgegenüber aufgewertet. Die Freiwilligen leisten pädagogische Arbeit und erhalten Weiterbildungen." Eine positive Zwischenbilanz zieht auch Heike Rieder, Geschäftsführerin der freiwilligen sozialen Dienste im Erzbistum Köln: "Natürlich sind die Zahlen andere als zu Zeiten des Zivildienstes, aber ich finde es enorm, dass wir im gesamten Bistum 1100 Menschen gefunden haben, die sich für kleines Geld sozial engagieren."

(RP)
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