Düsseldorf Justizskandal um Vergewaltiger

Düsseldorf · Weil er eine Schülerin zum Sex zwingen wollte, steht ein 25-Jähriger vor Gericht. In Sachsen hatte er nur Tage zuvor noch wegen Vergewaltigung in Haft gesessen. Ein Opferanwalt spricht von "nicht endschuldbarem Versagen" der Justiz.

 Der 25-Jährige gestern auf der Anklagebank im Landgericht. Drei Tage nach der Entlassung aus der Haft soll er versucht haben, in der Altstadt eine 19-Jährige zu vergewaltigen.

Der 25-Jährige gestern auf der Anklagebank im Landgericht. Drei Tage nach der Entlassung aus der Haft soll er versucht haben, in der Altstadt eine 19-Jährige zu vergewaltigen.

Foto: Wuk

"Ich hätte ja nicht gedacht, dass sowas noch mal passiert." Im Plauderton hat ein 25-Jähriger gestern vor dem Landgericht bestätigt, dass er als vorbestrafter Sexualtäter nur drei Tage nach der Entlassung aus langjähriger Haft gleich wieder rückfällig geworden war. An der Haroldstraße überfiel er im April nachts eine 19-jährige Schülerin, die ihm entgegenkam. "Ich wollte, dass sie Sex mit mir hat!" Doch zwei Altstadtbesucher aus Krefeld, die zufällig vorbeikamen, bewahrten die Frau vor dem Schlimmsten.

Ermöglicht wurde die neue Tat des Vergewaltigers erst durch eine schwere Panne der sächsischen Justiz. Obwohl ein dortiger Gutachter nach RP-Informationen empfahl, dem Mann vor der Entlassung eine elektronische Fußfessel anzulegen, durfte der 25-Jährige ungehindert die Haftanstalt verlassen. Opferanwalt Wolfgang Steffen, ehemals Vorsitzender Richter eines OLG-Senats, sprach gestern von "einem schweren, nicht entschuldbaren Versagen" der dortigen Justiz.

Die Ellenbogen aufgestützt, das Gesicht ohne Scheu den Richtern zugewandt, die Stimme klar, ohne hörbare innere Regung: Mit spürbarer Prozessroutine bestätigte der 25-Jährige pauschal alle Tatvorwürfe: "Das wird so stimmen. Passt schon." Viele Details wisse er von der Tatnacht nicht mehr, "ich hatte getrunken". Eine Blutprobe kurz nach der Festnahme ergab 0,9 Promille. Alkohol und Drogen habe er sogar während seiner mehr als fünfjährigen Haft wegen zwei Vergewaltigungen in Sachsen "öfter mal konsumiert. Ich trinke ja alles, was mir in die Hände fällt. Und bei Drogen nehme ich auch alles, was mir angeboten wird." Deswegen habe er nach der Inhaftierung 2009 zwar an Therapiegesprächen teilgenommen, "aber ich wusste gar nicht, was ich da sagen sollte".

Im Plauderton ging's weiter: "Im Gefängnis kam ich eigentlich ganz gut klar, muss gestehen, dass ich da gar nicht wegwollte." Doch als er nach fünf Jahren und vier Monaten sein Haft-Ende erreicht hatte und außer einer Therapie gegen Alkohol und Drogen keine weiteren Auflagen oder Kontrollen erfuhr - "da wollte ich dann doch 100 Prozent frei sein". Also sei er nach Düsseldorf gereist, habe sich hier gleich wieder eine Frau "gegriffen".

Als Nebenkläger-Anwalt tritt Peter Ambos für die Schülerin auf: "Ich sehe natürlich, dass man solche Taten nie auf Null reduzieren kann. Aber hier wäre es schon sinnvoll gewesen, dem Rat des sächsischen Gutachters zu folgen und mit der Fußfessel zu arbeiten!" Ex-Richter und Opferanwalt Wolfgang Steffen ist deutlicher: "Führungsaufsicht und Fußfessel wären laut Gesetz möglich gewesen. Wenn man jemand in einem solchen Wiederholungsfall aber ohne Fußfessel laufenlässt, führt man den Opferschutz ad absurdum!" Zumal bei einem Wiederholungstäter, der selbst lieber in Haft geblieben wäre: "Dem hätte das dortige Gericht nachgehen müssen. Das wäre ein Gesichtspunkt für eine ganz besondere Vorsicht gewesen." Doch erst die Düsseldorfer Richter erwägen jetzt, gegen den Mann auch Sicherungsverwahrung zu verhängen.

(RP)
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