Wagenbauer in Düsseldorf Großes Lob für mutigen Jacques Tilly

Düsseldorf · Der Wagenbauer und sein Team haben bundesweit viel Zuspruch erfahren. Die "Tagesthemen" widmeten dem Zoch ein Stück, zudem sind die Wagen auf zahlreichen Titelseiten zu sehen. Die Originale sind dagegen schon abgewrackt.

 Jacques Tilly vor den Ausschnitten aus deutschen Tageszeitungen. Insgesamt wurde der Düsseldorfer Zoch gestern in rund 300 Medien erwähnt.

Jacques Tilly vor den Ausschnitten aus deutschen Tageszeitungen. Insgesamt wurde der Düsseldorfer Zoch gestern in rund 300 Medien erwähnt.

Foto: Andreas Bretz

Gnadenlosigkeit zeichnet Jacques Tilly auch nach Rosenmontag aus. Wenn am Vormittag nach dem Zoch die Wagen verschrottet werden, kennt Düsseldorfs oberster Wagenbauer keine Wehmut. Eine Figur nach der nächsten wird abgewrackt, von der Plastik gewordenen Satire bleibt ganz wenig zurück. Einzig ein Papst- und ein Putinkopf hat Tilly aufbewahrt, als Requisiten für Zeitungs- und Fernsehteams, die ihn im Laufe der nächsten zwölf Monate besuchen. "Dann zeigen wir unsere Arbeit, verraten aber nichts über unsere neuen Pläne", sagt er.

Dass dies nichts mit falscher Eitelkeit zu tun hat, haben die vergangenen Monate belegt. Mehrere große deutsche Tageszeitungen und die britische BBC waren schon vor dem Rosenmontagszug bei Tilly und dokumentierten dessen Arbeit in ganzseitigen Artikeln.

Gestern übertraf die Resonanz noch einmal das bisher Dagewesene: Auf vielen Titelseiten zwischen Berlin und München waren Wagen aus dem Düsseldorfer Rosenmontagszug zu sehen, am häufigsten der "Charlie-Hebdo"-Wagen und die armdrückenden Skelette von IS und Al-Quaida. Und auch die Internetseiten der internationalen Medien präsentierten die Arbeit von Tilly und seinem Team - vom britischen Daily Telegraph über die Times of India bis zu den ABC News in den USA, El Comercio in Mexiko und den russischen Sputnik News.

Die deutschen Tageszeitungen waren voller Lob. Unter der Überschrift "Jeck in jecken Zeiten" schrieb die "FAZ", Tilly sei ein "unerschrockener Karikaturist, der es sich von niemandem nehmen lässt, auch Themen wie Terrorismus und Extremismus sehr direkt aufzugreifen". Der Berliner "Tagesspiegel" titelte "Trotzig jeck", in der "Welt" hieß es "Narren bleiben tapfer", und die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" stellte fest, dass "ein Jacques Tilly nie auf die Bremse tritt".

Rosenmontag in Düsseldorf: Jacques Tillys Entwürfe, die Rosenmontag nicht dabei waren
10 Bilder

Diese Motive von Jacques Tilly haben es nicht in den Zug geschafft

10 Bilder

Für Tilly hatte der Rosenmontag schon ungewöhnlich begonnen. Normalerweise verschwindet er in der Menge der Jecken am Rande des Zochs und fotografiert in Ruhe seine Arbeit. Da der "Charlie-Hebdo"-Wagen aber verhüllt zum Startpunkt am Rheinufer rollte, musste der Urheber mit, um dort das schwarze Tuch von der Plastik zu ziehen. Als der geköpfte Leser des französischen Satiremagazins sichtbar wurden, gab es viele "Ohs" und "Ahs" zu hören. Als die Zuschauer den Satz "Satire kann man nicht töten" lesen konnten, brandete Applaus auf. Tilly breitete vorsichtig die Arme aus - und sagte "Gern geschehen".

Am anderen Ende des Tages folgte noch ein weiterer Ritterschlag. Bilder in den großen Nachrichtensendungen sind die Düsseldorfer am Rosenmontag durchaus gewöhnt, aber nicht so: Die Kommentatoren eines "Tagesthemen"-Berichts lobten den hiesigen Zug als "unerschrocken" und weil die Macher "kein Blatt vor den Mund" nehmen. Mit den Worten "So viel Mut hatte das Kölner Festkomitee nicht" leitete die Sprecherin zum Zug aus der Domstadt über. Die Kölner hatten zunächst einen Wagen zu "Charlie Hebdo" zurückgezogen und dann gestern ein sehr reduziertes Motiv präsentiert.

Düsseldorf am Rosenmontag: "Jacques Tilly, wie recht du hast!"
8 Bilder

Pressestimmen zum Rosenmontagszug: "Jacques, wie recht du hast!"

8 Bilder
Foto: qvist /Shutterstock.com

Tilly, der vor den Nachrichten ein wenig Schlaf nachgeholt hatte, beflügelten die "Tagesthemen" zur nächsten Nachtschicht. In seinem digitalen Postfach hatten sich im Laufe des Tages zahlreiche E-Mails angesammelt - ganz überwiegend von Menschen, die der Wagenbauer bisher nicht kannte. Bis um 2 Uhr schrieb er ihnen Antworten und bedankte sich für die Komplimente - wie das vom "Triumphzug von Düsseldorf".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort