Düsseldorf Kirchen wollen Schätze besser schützen

Düsseldorf · Opferstöcke werden geplündert, Heiligenfiguren, Monstranzen und ganze Tresore gestohlen: Die Diebstähle aus katholischen Kirchen häufen sich. Im September beraten die leitenden Pfarrer über Konsequenzen.

 Dominikaner-Pater Johannes zeigt auf die Nische hinter dem Hochaltar, in der sich zwei der vier gestohlenen Monstranzen befanden. Die Diebe haben die Scheibe eingeschlagen, als sie allein in der Kirche waren.

Dominikaner-Pater Johannes zeigt auf die Nische hinter dem Hochaltar, in der sich zwei der vier gestohlenen Monstranzen befanden. Die Diebe haben die Scheibe eingeschlagen, als sie allein in der Kirche waren.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Der Prior der Dominikaner an St. Andreas hat heute einen unerwarteten Termin: Es findet in der Altstadtkirche eine kurzfristig angesetzte Sicherheitsbegehung statt. Sie ist nach dem Diebstahl von vier Reliquiaren notwendig geworden. In den meist silbernen Monstranzen sind, geschützt durch Glasscheiben, körperliche Überbleibsel von Heiligen oder Dinge, die ihnen gehörten, aufbewahrt. Es ist der dritte Fall dieser Art im Rheinland innerhalb kurzer Zeit: Anfang Juni wurde im Kölner Dom eine Reliquie mit einem Blutstropfen von Papst Johannes Paul II. gestohlen. Am 23. Juni folgte eine Tat in Flingern: Aus St. Elisabeth in Stadtmitte verschwand ein Knochensplitter der Heiligen.

Jetzt meldet die Polizei den Raubzug in St. Andreas in der Altstadt. Am Dienstagmittag wurde der Diebstahl bemerkt. "Der oder die Täter wussten genau, was sie wollten", sagt Dominikaner-Pater Johannes. Ausgekundschaftet haben dürften die Diebe das Gotteshaus an einem Nachmittag. Mittwochs bis samstags ist auch der Umlauf um den Altar geöffnet, es kann zudem das Mausoleum mit dem Sarkophag von Jan Wellem besichtigt werden. Dabei wird den Dieben aufgefallen sein, dass es neben dem Hochaltar bewegliche Wände gibt. Da werden sie sich durchgequetscht und in einem Moment, da sich niemand im Gotteshaus aufhielt, die Schutzscheiben vor den Monstranzen eingeschlagen haben. Nur diese sind nicht an das System der Alarmanlage angeschlossen. St. Andreas hat wie andere bedeutende Gotteshäuser auch Schatzkammern, in die man nur bei Führungen gelangt.

In den verschwundenen Reliquiaren, die mehrheitlich aus der Zeit um 1800 stammen, wurden Jesuiten-Heilige geehrt. Der materielle Wert dürfte bei einigen tausend Euro liegen, wie Pater Johannes vermutet, "aber entscheidend ist der ideelle Wert". Für ihn stellt sich angesichts der Serie die Frage, "wer Reliquien stiehlt und für wen". Er nimmt an, dass es einen Schwarzmarkt dafür gibt. Versichert sind die Kirchenschätze in aller Regel über das Bistum. "Dort gibt es eine Sammelversicherung, besondere Schätze sind noch einmal extra versichert", sagt Klaus Kehrbusch, Diakon in Flingern. Im September werden die leitenden Pfarrer der Landeshauptstadt darüber sprechen, wie sie die Schutzmaßnahmen verbessern können. "Die Häufung der Taten ist auffällig", sagt Michael Hänsch, Geschäftsführer des Katholischen Gemeindeverbands. "Vielleicht müssen wir mehr Vitrinen aufstellen." Der offene Charakter der Kirchen dürfe nicht infrage gestellt werden. "Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen", sagt Hänsch.

Im August 2014 wurde aus St. Elisabeth eine hölzerne Figur der Heiligen gestohlen. Im Februar 2015 plünderten Einbrecher zwei Pfarrhäuser, St. Ursula war einen Tresor mit alten Taufbüchern los. Immer wieder wird Geld aus Opferstöcken gestohlen. Im April legte sich der Küster von St. Gertrudis auf die Lauer, ein Paar wurde geschnappt.

Manche Geschichte endet gut: Der Tresor mit den Taufbüchern wurde gefunden. Ein Paar kaufte die Elisabeth-Figur auf einem Trödel im Ruhrgebiet, erhielt per Google-Suche Kenntnis über ihre Vorgeschichte - und brachte sie zurück.

(ujr)
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