Größte Kirmes am Rhein Kirmeslärm - Trauma für Kinder

Düsseldorf · Die Forderungen des Kinderschutzbundes nach einer kindgerechteren Kirmes wurden nur ansatzweise erfüllt. Einen eigenen Bereich für Familien wird es nicht geben, aber Warnhinweise für Eltern. Fachleute warnen allerdings vor den negativen Einflüssen des Lärms auf die Kleinen.

Das Gespräch des Kinderschutzbundes mit den St.-Sebastianer-Schützen wegen einer kindgerechteren Kirmes hat zwar Ergebnisse gebracht, aber nicht in dem Umfang, wie der Kinderschutzbund das sich erhofft hatte. Eberhard Motzkau und Bettina Erlbruch vom Kinderschutzbund, Josef Kahl vom Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte und der Schützen-Chef Lothar Inden nahmen an der Besprechung teil.

Künftig sollen am Eingang der Kirmes Eltern über die Gefahren für ihre Kinder informiert werden. Auf Infoblättern und Hinweistafeln erfahren sie, wie schädlich die Reizüberflutung durch Licht und Lärm und das Menschengedränge für das noch unausgereifte Nervensystem ihrer Kinder sind. Und sie werden gebeten, ihre Kinder ab 20 Uhr nicht mehr mit auf die Kirmes zu nehmen. Auch Kinderwagen, die beim Ausbruch von Panik zu gefährlichen Hindernissen werden können, sollten zu Hause bleiben.

Ob sich der Wunsch nach einem Familiencafé mit Still- und Wickelmöglichkeit in diesem Jahr verwirklichen lässt, ist noch offen. Spätestens im nächsten Jahr sollen Eltern und Kinder aber Ruhezonen finden, versprachen die Schützen. Die Forderung nach einem Familienbereich lässt sich dagegen nicht durchsetzen.

Dabei sind die Bedenken der Fachleute offenbar durchaus berechtigt. Der Besuch einer Kirmes löst bei manchen Kleinkindern große Angst aus. Sie sind überfordert von der Reizüberflutung und bekommen Angst, weil sie mit der Situation nicht umgehen können. "Viele Kinder weinen, und die Eltern glauben, dass sie etwas Süßes haben wollen", sagt Markus Vogel, Oberarzt in der Uni-Kinderklinik. "Dabei haben sie häufig einfach Angst und brauchen Ruhe." Denn was für die Erwachsenen ein Riesenspaß ist, kann für die Kinder ein traumatisches Erlebnis sein.

Am schlimmsten ist Krach für Kinder. Denn Kinder sind nicht in der Lage, Geräusche auszublenden, wie Erwachsene es können. "Wir können im Ohr einen Muskel benutzen, der das Trommelfell vorspannt und die Geräusche dämpft", sagt Vogel. Kleinkinder können das nicht und sind dem Lärm schutzlos ausgeliefert. "Ich glaube nicht, dass es Langzeitschäden gibt, wenn die Kinder einmal auf dem Jahrmarkt gewesen sind", schätzt Vogel. "Doch auf jeden Fall sind sie überfordert." Zum Vergleich: Spielzeuge für Kinder dürfen einen Lärmpegel von 85 Dezibel nicht überschreiten. Laute Musik kann diesen Wert durchaus erreichen. Für unproblematisch hält Vogel hingegen die grellen Lichter. "Den Reflex, die Augen vor Helligkeit zu schließen, haben auch schon Babys", erklärt er. Auch die Vorstellung, dass Flackerlicht Krampfanfälle auslöst, kann er nicht teilen. "Das finde ich weit hergeholt." Anders sieht es aus mit den Gefahren beim Karussellfahren. Der Kopf von Kindern ist im Verhältnis zum gesamten Körper viel größer und schwerer als bei Erwachsenen. Wenn beim Karussell nun Beschleunigungskräfte auf den Körper wirken, kann es passieren, dass ein Kind nicht genug Muskeln besitzt, um den Kopf zu halten. "Das ist vollkommen unkontrolliert", so Vogel. "Wenn der Kopf zur Seite schlägt, weil das Kind ihn nicht halten kann, ist die Verletzungsgefahr groß." Es hilft auch nichts, wenn die Eltern dabei sind, weil sie im Notfall zu langsam reagieren würden. Daher rät Vogel, unbedingt darauf zu achten, dass die Fahrgeschäfte dem Alter und der Größe des Kindes angemessen sind.

(RP)
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