Alltag der Verkehrskadetten Bespuckt, beschimpft, angefahren

Düsseldorf · Seit drei Jahren sind die Zwillinge Josephine und Isabelle Verkehrskadetten. Derzeit sind sie bei der Rheinkirmes in Düsseldorf im Einsatz. Beschimpfungen und Gewalt durch wütende Verkehrsteilnehmer sind sie gewohnt.

 Die Zwillinge Josephine (l.) und Isabelle in Verkehrskadetten-Kluft mit Mutter Stefanie Manz.

Die Zwillinge Josephine (l.) und Isabelle in Verkehrskadetten-Kluft mit Mutter Stefanie Manz.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Josephine und Isabelle leben in Kaiserswerth, besuchen das Theodor-Fliedner-Gymnasium, sie sind 16, beide, sie sind Zwillinge. Seit Freitag sind sie im Dauereinsatz. Sie sind Verkehrskadetten aus Leidenschaft. Pause kennen sie nicht während der Kirmes. Wenn ihre Altersgenossen und zahlreiche Erwachsene auf Karussells und Achterbahnen fahren und Zuckerwatte essen, regeln die beiden Mädchen mit vielen anderen Verkehrskadetten zwischen 14 und 22 Jahren die Besucherströme an den Straßen Oberkassels. Um die Besucherströme zu lenken und zu verhindern, dass jemand unter ein Auto kommt, stehen sie an wichtigen Kreuzungen, etwa am Kirmeseingang an der Luegallee.

Erster Einsatz erst nach einer Ausbildung

Seit drei Jahren sind sie bei den Verkehrskadetten: Erst wurden sie drei Monate lang ausgebildet, mittwochs und am Wochenende, dann zwei Wochen in einem Ferienlager. Erst dann durften sie einen ersten Einsatz haben. Sie haben sich über die einfachen Tätigkeiten hinaus karitativ in ihrem Verein eingesetzt, wurden deshalb zu so genannten Hauptverkehrskadetten befördert. Sie sind stolz auf ihr Engagement, haben viele neue Freunde gefunden in dem Jugend-Verein. Waren im Einsatz beim Weihnachtsmarkt und bei der DEG.

Üble Beschimpfungen sind an der Tagesordnung

Den jungen Mann, der angefahren wurde im Einsatz als Verkehrskadett, kennen sie gut. Sie selbst haben schon Dutzende solcher Szenen erlebt, sind mehr als genervt. "Ich stand als Verkehrskadett einer Frau im Weg. Da sagte Sie: ,Geh mir aus dem Weg, Bitch'", sagt Josephine. Anmotzen und üble Beschimpfungen der jugendlichen Verkehrshelfer seien an der Tagesordnung, meint ihre Schwester Isabelle. "Wir werden oft nachgeäfft, das ist manchmal lustig, oft verletzend", sagt sie. Ihr ist kürzlich ein Mann aus Zorn über den Fuß gefahren. Zum Glück sei es ein nicht ganz so schweres Auto gewesen, sie sei mit Schrammen davongekommen. Oft gäben Autofahrer, besonders Anwohner, die eigentlich über Absperrungen informiert sein müssten, den Verkehrskadetten die Schuld. Stinkefingerzeigen sei noch mit das Harmloseste, was man als Verkehrskadett regelmäßig ertragen müsse. Manche seien auch schon bespuckt worden, sagt Josephine.

Verkehrskadetten arbeiten ehrenamtlich

Stefanie Manz, die Mutter der Zwillinge, findet die Anfeindungen und Beschimpfungen unerträglich. "Das sind Kinder, die ehrenamtlich bei Wind und Wetter hart arbeiten für alle. Das Wort ,Erwachsene' trifft auf jene, die schimpfen und spucken, nicht zu", sagt Manz.

Hoffnung auf harte Strafe für BMW-Fahrer

Die Verantwortlichen für die Rheinkirmes betonten gestern die Bedeutung der Helfer. "Die Verkehrskadetten sind unersetzlich", sagt Schützenchef Lothar Inden. Er hoffe auf eine harte Strafe für den BMW-Fahrer, der einen Jugendlichen angefahren hat. Lob für die Kadetten gab es auch von der Polizei. "Sie sind für uns eine echte Unterstützung und Entlastung", sagt Jürgen Bielor, Leiter der Polizeidirektion Mitte, die für die Sicherheit auf der Kirmes verantwortlich ist. Als Zeichen der Anerkennung überreichte Carla Stockheim einen Scheck über 1500 Euro an die Kadetten. Die Gastrofirma unterstützt die Kadetten seit langem, bereits ihr Großvater und Vater haben gespendet. Das Geld dient für die Dankesfahrt der Verkehrskadetten.

Trotz Ärger und Beschimpfungen bleiben Josephine und Isabelle engagiert. Es mache einfach Spaß. Und manche Sprüche der Passanten seien auch wirklich lustig. "Wenn wir gemeinsam an einer Stelle Dienst tun, sagen viele Kirmesbesucher ,Ich glaub ich seh schon doppelt'", so Isabelle. Das sei zwar für Zwillinge nicht neu und originell — aber trotzdem witzig.

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