Tiroler-Wirtin Trudi Renoldi geehrt Schaustellerin - was denn sonst?

Düsseldorf · Tiroler-Wirtin Trudi Renoldi ist von den Schützen für ihre Verdienste um die Kirmes geehrt worden. Schon ihre Urururgroßeltern fuhren über die Jahrmärkte - heute läuft das Familienunternehmen als High-Tech-Betrieb. Düsseldorf ist für Trudi Renoldi ein Höhepunkt im Kalender.

 „Ohne Familie ist ein Schausteller gar nichts“, sagt Trudi Renoldi (r.). Mit ihrer Tochter Nina führt sie das Tiroler Dorf.

„Ohne Familie ist ein Schausteller gar nichts“, sagt Trudi Renoldi (r.). Mit ihrer Tochter Nina führt sie das Tiroler Dorf.

Foto: RP, Bretz

Trudi Renoldi musste schlucken, denn dieses Mal fiel es ihr ganz schön schwer, etwas zu sagen. Völlig anders als sonst: "Wenn ich früher in der Geisterbahn an der Kasse saß und die Fahrten ankündigte, da war das Reden leicht, aber hier… Das ist wahnsinnig aufregend."

Hier - das ist der Jan-Wellem-Saal des Düsseldorfer Rathauses mit seiner Festgesellschaft. Trudi Renoldi hatte gerade aus den Händen von Bürgermeister Dirk Elbers eine Urkunde als verdiente Schaustellerin entgegengenommen und eine Nachbildung des Jan-Wellem-Reiterstandbilds aus Porzellan.

Regelmäßig ehrt der St.-Sebastianus-Schützenverein im Rathaus Mitwirkende der Größten Kirmes am Rhein. "Unheimlich stolz" sei sie, sagte Trudi Renoldi in ihrer kurzen Erwiderung - und dankte im gleichen Atemzug ihrem Mann Klaus und ihren Kindern Klaus und Nina: "Denn ohne Familie ist ein Schausteller gar nichts."

Die Renoldis sind das, was man gerne eine Dynastie nennt. Trudi Renoldi zieht in sechster Generation von Jahrmarkt zu Jahrmarkt. Die Gewerbemarke ihrer Urururgroßeltern von 1865 hat sie noch. Und die Liebe zum Rummel hat sich vererbt: Tochter Nina unterstützt die Mutter, Sohn Klaus ist der Chef der Achterbahn "Höllenblitz".

"Mein Vater war vor dem Krieg noch mit Pferd und Wagen unterwegs, ohne fließendes Wasser", erinnert sich Trudi Renoldi. Bis sie sechs Jahre alt war, zog sie mit den Eltern, danach ging's ins Internat - für Trudi wie für ihre fünf Geschwister. Alle kehrten jeweils an den Wochenenden und in den Ferien zur Familie zurück. Alle sechs wurden Schausteller.

Trudi Renoldi ist die Wirtin im Tiroler Dorf auf der Rheinkirmes. Obwohl da rustikal-alpine Gemütlichkeit gepflegt wird, inklusive Steinofenbäcker, Glasbläser und Trachtenverkauf, ist von Pferd-und-Wagen-Romantik im Familienbetrieb Renoldi längst keine Spur mehr. Auch in der Schaustellerei geht nichts ohne ganz viel Technik: Renoldis haben Waschmaschine und Trockner im Gepäck, zählen die nötigen Lkw-Transporte nach Dutzenden, und steigende Strompreise betreffen auch das Tiroler Dorf. Allerdings nicht den Betrieb der Allgäuer Glocke von 1923 am Dorfeingang, denn die wird immer noch von Hand geläutet.

Etwa vier Wochen verbringt Trudi Renoldi mit ihrer Familie jedes Jahr in Düsseldorf - das ist die Kirmeszeit plus Auf- und Abbau der Buden und Geschäfte. Seit mehr als 30 Jahren ist die Rheinkirmes fester Termin im Familienkalender. "Düsseldorf ist immer etwas Besonderes", sagt die gebürtige Münsteranerin und nennt zwei Gründe: "Das Ambiente und das Publikum." Einmalig sei die Lage direkt am Fluss, einmalig seien auch die Besucher: "Die Düsseldorfer sind die bestgekleideten Kirmesgänger, die ich kenne. Man merkt eben, dass Düsseldorf Modestadt ist."

Zeit für Urlaub bleibt nicht viel, meist nur ein paar Wochen in den Wintermonaten. Und selbst dann ist ein Schausteller stets im Einsatz. Die Idee für das Tiroler Dorf kam den Renoldis in den Ferien. Natürlich in Österreich.

Trudi Renoldi ist 57 Jahre alt. Ob Rente ein Thema ist, irgendwann? Sie zögert. "Mein Vater ist mit 83 im Job gestorben", sagt sie. Ihre Schwiegermutter, 85 Jahre alt, sei zwar schon zehn Jahre nicht mehr fest dabei, besuche die Familie aber immer wieder. "Ich liebe meinen Beruf", sagt Renoldi. "Aber selbst wenn man das nicht tut - man bleibt ein Leben lang Schausteller."

(RP)
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