Familien brauchen gute Nerven Kita-Streik bringt Eltern in Not

Düsseldorf · Den Wunsch nach besseren Arbeitsbedingungen der Erzieher möchten die Eltern gerne unterstützen. Ein mehrwöchiger Streik stellt aber viele vor unlösbare Probleme. Nicht jedes Kind akzeptiert mal eben neue Betreuer.

 Sergey Solomadin setzt aufs "Home Office", um Marie (fast 2) und Katharina (4) zu betreuen.

Sergey Solomadin setzt aufs "Home Office", um Marie (fast 2) und Katharina (4) zu betreuen.

Foto: A. Bretz / B. Schaller (1)

Als kürzlich die Erzieher auf ihre schlechten Arbeitsbedingungen in den städtischen Kitas mit einem Warnstreik aufmerksam machten, da hatte Carolin Tillack schlichtweg Glück. "Mein Mann hatte zufällig frei." Bei Jessica Kreysing konnte kurzfristig die Oma die Betreuung der vier Jahre alten Greta übernehmen.

 Carolin Tillack hat noch keine Lösung dafür, wo Tochter Carlotta während des Streiks bleiben kann.

Carolin Tillack hat noch keine Lösung dafür, wo Tochter Carlotta während des Streiks bleiben kann.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Doch nachdem Verdi ab Montag für Nordrhein-Westfalen einen unbefristeten Streik der Erzieher angekündigt hat, wissen die beiden berufstätigen Mütter, deren Kinder die Kita Brinkmannstraße in Bilk besuchen, noch nicht, wie sie das Betreuungsproblem lösen. "Ich habe meinen Chef informiert, dass da irgendetwas auf uns zukommt", sagt Tillack, findet das aber problematisch. "Die Firma muss ja mit mir planen." Einen Tag könne man sein Kind, je nach Arbeitsstelle und Aufgabe, vielleicht mal mit zur Arbeit nehmen. Aber zwei Wochen lang? "Das wäre für alle Beteiligten kein Spaß - weder für das Kind, die Eltern noch für die Firma."

Dass die Erzieherinnen für ihre wichtige und anstrengende Arbeit besser bezahlt werden, möchten die Eltern gerne unterstützen. Für eine gemeinsame Aktion, die das stadtweit deutlich mache, sei man aber noch nicht gut genug vernetzt. Mehr für den Kitabesuch des eigenen Nachwuchses zu bezahlen, kann sich Jessica Kreysing vorstellen. Wenn dies einem besseren Betreuungsschlüssel zugute kommt, kann auch Carolin Tillack geringen Kita-Gebühren für die über Dreijährigen etwas abgewinnen: "Lieber ein bisschen zahlen als gar nichts."

Gute Nerven brauchen die Eltern an der Kita Stürzelberger Straße im linksrheinischen Lörick. 15 der 20 pädagogischen Fachkräfte sind gewerkschaftlich organisiert. Zu den Kampfbereiten zählt auch Leiterin Susanne Loosen. "Die fünf Kollegen, die nicht streiken, bieten Notgruppen an. Aber natürlich reicht das nicht für alle Kinder", sagt die 55-Jährige. Für Sergey Solomadin heißt das, er und seine Frau müssen improvisieren. "Die ersten zehn Kinder, die morgens gebracht werden, haben Glück und können in eine Notgruppe. Das klappt mit etwas Glück zweimal in der Woche. Aber ich kann zwischendurch im Home Office arbeiten, da habe ich Glück", sagt der Vater. Eine weitere Alternative: Die Eltern organisieren untereinander ein Betreuungssystem, bei dem jeder mal dran ist.

Eng könnte es auch für Manuela Laubsch (39) aus Heerdt werden. Sie ist alleinerziehende Mutter. Auch ihr Sohn Finn geht in die Löricker Kita. "Aber ich habe Glück. Ich darf an Tagen, wo es mit den Notgruppen nicht klappt, von zu Hause aus arbeiten." Bei Tobias Gillen aus Oberkassel, der seine beiden Kinder abholt, werden die Großeltern eingebunden. "Trotzdem stellt der Streik berufstätige Paare vor große Herausforderungen", sagt er und mahnt trotz eines gewissen Verständnisses für den Streik "zur Verhältnismäßigkeit".

 Jessica Kreysing weiß noch nicht, wie sie die Betreuung von Greta organisiert.

Jessica Kreysing weiß noch nicht, wie sie die Betreuung von Greta organisiert.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Jugendamtsleiter Johannes Horn kennt die Nöte der Eltern. "Es gibt Mütter und Väter, die uns erzählen, dass sie ihren Job verlieren, wenn sie nicht wie gewohnt bei der Arbeit erscheinen." Die Stadt rechnet damit, 30 bis 40 Notgruppen mit jeweils zehn bis 15 Kindern einrichten zu können. Eltern können sich an den Streiktagen ab 7.30 Uhr an den i-Punkt-Familie unter der Telefonnummer 89-98870 wenden.

(RP)
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