Interview mit französischem Botschafter "Kö ist wie die Champs-Elysées"

Düsseldorf · Der französische Botschafter Philippe Etienne erhofft sich vom Tour-Start ein "rauschendes Fahrradfest". Er schätzt das Flair und die Leichtigkeit in der Stadt.

 Er ist immer wieder einmal in Düsseldorf: Der französische Botschafter Philippe Etienne (r.) bei der Eröffnung des Frankreichfestes, hier mit dem hiesigen französischen Generalkonsul Vincent Muller.

Er ist immer wieder einmal in Düsseldorf: Der französische Botschafter Philippe Etienne (r.) bei der Eröffnung des Frankreichfestes, hier mit dem hiesigen französischen Generalkonsul Vincent Muller.

Foto: Anne Orthen

Herr Etienne Sie haben Düsseldorf als heimliche Hauptstadt der deutsch-französischen Freundschaft bezeichnet. Was sind dafür die Hauptgründe?

Etienne In der Tat habe ich diesen Ausdruck beim Frankreichfest 2016 benutzt, weil diese einmalige Stimmung mich dazu bewegt hat: Dass nahezu 100.000 Menschen an einem Wochenende diese Partnerschaft feiern, das ist schon was. Düsseldorf hat eine frankophile Tradition, die fest in der Geschichte verankert ist - neben der napoleonischen Ära möchte ich auch den Rhein erwähnen, der Deutschland mit Frankreich verbindet und der so viel für Europa bedeutet. Dazu kommen als wichtige Argumente die vielen Franzosen, die in der Landeshauptstadt und in ganz Nordrhein-Westfalen leben (ca. 20.000), die enge Bande im Bereich der Wirtschaft und natürlich der fruchtbare kulturelle Dialog (seit Heinrich Heine!). Die Herzlichkeit der Düsseldorfer, wenn man mit ihnen über Frankreich spricht, bezeugt diese "Wahlverwandtschaft". Man spürt die Zugewandtheit im konkreten Austausch, zum Beispiel über den letzten Urlaub in der Bretagne. Aber über solche Anekdoten hinaus gibt es ein tiefliegendes europäisches Bewusstsein und den Willen, in Europa noch stärker zusammenzuarbeiten.

Wie bekannt ist Düsseldorf in Frankreich tatsächlich?

Etienne Düsseldorf ist viel bekannter als man denkt, und das nicht nur bei den Lesern von Heine, dem größten Sohn der Stadt. Die Franzosen kennen Düsseldorf als wichtiges Wirtschaftszentrum, auch weil viele französische Firmen dort ansässig sind; und mit ihren Messen und dem großen Flughafen ist die Stadt auch ein Tor zur Welt. Nicht zuletzt gilt Düsseldorf als Hochburg der zeitgenössischen Kunst und (nicht zu vergessen!) des Karnevals. Gerade in diesem Jahr gibt es aber noch einen anderen Grund, weshalb die Region bis Mönchengladbach und Aachen in meinem Land Thema ist: Seit bekannt wurde, dass die Tour de France am 1. Juli hier starten wird, sind Millionen von Franzosen voller Neugier, und ich bin fest davon überzeugt, dass Tausende von meinen Landsleuten die "Reise an den Rhein" antreten werden.

Die Düsseldorfer nennen ihre Stadt ja Klein-Paris. Für Sie akzeptabel?

Etienne Selbstverständlich! Es ist sogar eine große Freude, wenn die Düsseldorfer diesen Vergleich ziehen: ein weiterer Beweis, dass der Begriff "heimliche Hauptstadt" nicht völlig aus der Luft gegriffen ist! Auf der Kö fühlt man sich wie auf den Champs-Elysées. Und mit der Tour de France bekommt der Kosename eine neue Wahrhaftigkeit, denn die letzte Etappe des Rennens endet ja auf der Champs-Elysées. Das Düsseldorfer Flair, mit seiner Leichtigkeit, bringt eine gewisse "französische Stimmung", die man hier in Düsseldorf schätzt und genießt.

Überwiegt nicht die wirtschaftliche Bedeutung in den Beziehungen?

Etienne Der Handel spielt eine wichtige Rolle, das will ich gar nicht bestreiten. Es laufen sehr viele Geschäfte zwischen den Düsseldorfer Unternehmen und Frankreich; und jedes Mal, wenn ein Kunde ein Produkt aus meinem Land kauft - ob Auto, Handtasche oder Melonen aus der Provence -, trägt er dazu bei. Viele französische Firmen, auch die ganz großen, haben hier eine Niederlassung. Aber ich möchte nicht die Zusammenarbeit im Bereich der Kunst und Kultur vergessen - schließlich hat Imi Knoebel die Kirchenfenster der Kathedrale von Reims entworfen - ebenso wie die im Bereich der Bildung und Forschung (Schüler, die sich auf das Abibac vorbereiten, Studenten, die vielleicht ein Stipendium der Deutsch-Französischen Hochschule erhalten). Übrigens haben wir mit dem Französischen Gymnasium an der Graf-Recke Straße ein "Aushängeschild" für das Lernen "à la française", aber zweisprachig.

Wie wird in Frankreich der Start der Tour de France in Düsseldorf wahrgenommen?

Etienne Seit der tollen Präsentation am 18. Oktober in Paris, wo Oberbürgermeister Thomas Geisel eine beeindruckende und überzeugende Rede "en français" hielt, gibt es keinen Zweifel mehr, dass es die richtige Entscheidung der Amaury Sport Organisation (ASO) war, den 'Grand Départ' in dieser Stadt zu organisieren (nach Köln 1965, Frankfurt-am-Main 1980 und Berlin 1987). Es wird ein rauschendes Fahrradfest werden.

Sind Sie beim Grand Départ dabei?

Etienne Bien sûr! Das Hotel ist bereits reserviert.

Welche Wünsche haben Sie noch an die Partnerschaft?

Etienne Ich bin zuversichtlich, dass der Grand Départ unsere Zusammenarbeit "beflügeln" wird - sowohl die Beziehungen zwischen NRW und der Region Hauts-de-France als auch zwischen großen französischen Städten wie Toulouse und Düsseldorf. Wir wollen wieder "Lust auf Frankreich" machen. Die Tour de France wird auch ein Fest der deutsch-französischen Freundschaft sein, und ein großes europäisches Fest. Der 'Grand Départ' 2017 ist nicht zuletzt ein Zeichen für Europa. Und es kommt noch besser: Am Wochenende darauf kommt das 'Frankreichfest 2017", und dann können wir uns gleich über den Erfolg des Tourstarts in Düsseldorf unterhalten.

UWE-JENS RUHNAU FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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